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Violetta
Administrator

Beiträge: 2331


New PostErstellt: 11.07.07, 19:04     Betreff: Re: Violettas Opernkiste

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Lobhudelei für Placido Domingo
Opernfans meiner Generation kennen zwei Sorten Sänger: die erste Sorte sind Lieblingssänger, bei denen man genau weiß, wann und wo man sie zum erstenmal gehört hat.
Beispiel: Sommer 2005. Ich sitze an einem Sonntagvormittag vor dem Fernseher. In der Glotze ein Hintergrundbericht über die Probenarbeit zur Salzburger Neuinszenierung von "La Traviata" die am Abend live übertragen werden soll. Auf der Probenbühne tummelt sich ein hyperaktives Kasperle mit bescheuerter Frisur. Das Kasperle hüpft rum wie weiland Rumpelstilzchen und macht Witze. Ich finde das Kasperle lustig. Dann fängt das Kasperle an zu singen. Die Stretta aus "La Traviata".
Das ist der Moment, in dem ich mich rettungslos und für alle Ewigkeit in die Stimme von Rolando Villazón verliebe.
Dies ist die eine Sorte Sänger.

Die andere Sorte Sänger heißt Placido Domingo.
Ich (und so geht es wohl allen Opernfreunden in meinem Alter) kann mich nicht erinnern, daß es Placido Domingo jemals nicht gegeben hätte, denn Placido Domingo hat schon gesungen als ich noch gar nicht auf der Welt war, Placido Domingo hat vermutlich schon Noah und seiner Familie mit seinen Arien die Zeit auf der Arche vertrieben und so, wie es im Augenblick aussieht, wird er noch singen, wenn ich schon bei den Würmern bin.
Zeit, ihm eine Lobhudelei zu widmen!
Sie sind zwar überall an anderer Stelle im Netz nachzulesen, dennoch auch hier ein paar Zahlen:
Placido Domingo wurde am 21. Januar 1941 in Madrid geboren.
Seine Eltern waren Leiter und Sänger einer Zarzuela-Companie. Zarzuela ist eine speziell spanische Art der Bühnenunterhaltung: eine Mischung aus Oper, Operette, Musical, Tanz und Gesang. Manche Spanier sagen, daß nur Spanier die Zarzuela verstehen könnten, aber das ist dummes Zeug. Gute Musik ist gute Musik, überall auf der Welt.
1949 ging er mit seiner Familie nach Mexico (jaja!), wo er auch seine musikalische Ausbildung erhielt.
Mit 20 Jahren debütierte Domingo in der Rolle des Alfredo in "La Traviata" auf der Opernbühne. Von da an ging es steil bergauf.
Das Repertoire des Sängers umfasst unglaubliche 119, nach anderen Angaben sogar 134 Rollen.
So oder so: dies ist mehr, als bei jedem anderen Sänger, Tenor oder nicht, der Musikgeschichte.
Dieser Mann hat so ziemlich alles gesungen, was es auf der Bühne zu singen gibt. Donizetti, Rossini, Verdi, Puccini, Mozart, in seinen späteren Jahren auch Richard Wagner.
Er hat die Zarzuela außerhalb Spaniens bekannt und populär gemacht.
Er hat vor zwei oder drei Jahren eine Gesamtaufnahme von Wagners "Tristan und Isolde"
aufgenommen. Gut, ich persönlich mag Wagner nicht und ich mag auch diese Oper nicht, aber ich habe reingehört (seinetwegen, und weil mein Mexikaner da einen kleinen Gastauftritt hat) und es ist unfassbar, was dieser Mann da geleistet hat: der Tristan ist eine Mörderpartie, die manchem schon die Stinmmbänder zerfetzt hat und er singt das wie nix.
Domingo ist der erste Sänger, der den Dichter Hoffmann aus Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen" nicht als verträumten Poeten gegeben hat, der beim Punsch ins Plaudern gerät und beim Geschichten erzählen zu tief ins Glas schaut, sondern als verzweifelten Alkoholiker der sein Leben ganz gehörig vor die Wand gefahren hat. Damals, in den 80ger Jahren, war das etwas ganz unerhört neues und es gab einige, die das gar nicht gut fanden. Heute setzt sich Neil Shicoff als Hoffmann auf er Bühne auch gerne schon mal einen Schuß Heroin um in Plauderlaune zu kommen.
Domingo war der Alfredo den ich in meiner allerersten "Traviata" gesehen habe. Das war in den frühen 80ger Jahren und es war eine Live-Übertragung aus der MET in New York mit der wunderbaren Ileana Cotrubas als Violetta. Meine erste selbgekaufte Opernschallplatte war dann auch eine Studioeinspielung dieser Oper mit ihm in der Rolle des feuerköpfigen Liebhabers. Er war der erste "Don Carlos" den ich gehört habe (und ich habe bis heute keinen besseren gehört). Giuseppe Verdi muß geahnt haben, daß es eines Tages Placido Domingo geben würde als er "Otello" geschrieben hat, denn niemand hat diese Rolle so gesungen wie er.
Vor einigen Wochen hat Domingo sein 40jähriges Bühnenjubiläum gefeiert (jaja, eigentlich sind es ein paar Jahre mehr, wir wissen ja: 1961, aber wer weiß, welches Ereignis sie als Grundlage genommen haben...). Vor dem Festakt in der Wiener Staatsoper hat er unter anderem einen Akt aus "Otello" gesungen. Daß ein Sänger in seinem Alter das überhaupt noch hinkriegt ist allein unglaublich genug, denn das Stück ist, um es mit den Worten meines Chorleiters zu sagen, sackschwer. Opernfans die das Glück hatten, dabei sein zu dürfen berichten darüber hinaus aber von einem wahrhaft bewegenden Auftritt.
Mit Placido ist es also wie mit Helmuth Rahn: keiner kommt an ihm vorbei.
Oder, wie Jürgen Kesting es nennt: er ist der Marathon-Mann der Oper.
Er hat eine Reihe sehr schöner Opernfilme gedreht, die man nur empfehlen kann:
"Der Bajazzo" mit Teresa Stratas als Nedda
"La Traviata" ebenfalls mit der Stratas als Violetta, ein optisch etwas in die Jahre gekommener Alfredo und es gibt ein paar ärgerliche musikalische Striche, aber stimmlich ist das wunderschön und die Stratas bricht einem einfach nur das Herz.
"Otello", der anfängt wie ein Film mit Errol Flynn oder wie "Fluch der Karibik": ein Segelschiff im Sturm und ein mutiger Captain (Domingo) der alle rettet.
"Carmen" mit Julia Migenes in der Titelrolle. Da zeigt er sehr eindrucksvoll, wozu spanische Männer fähig sind, wenn man sie zu sehr reizt...

Im vergangenen Sommer ist Domingo, gemeinsam mit Anna N. und Rolando V. auf der Waldbühne aufgetreten und hat gezeigt, daß er es immer noch drauf hat: er hat seinen Otello gesungen mit Frau Netrebko als Desdemona und dann, sozusagen als ultimativen Test, ein Duett aus der Oper "Die Perlenfischer" gemeinsam mit Villazón. Rolando hat den Tenorpart gesungen (und damit den, der am Ende das Mädchen kriegt), Placido den Baritonpart (den edlen Freund, der am Schluß zugunsten des anderen verzichtet und dem Paar zur Flucht verhilft obgleich er selber schwer verknallt ist).
Laßt es mich so sagen: wer nach 40 Jahren auf der Bühne noch SO singt, hat in seinem musikalischen Leben nicht viel falsch gemacht.

Neben seiner Tätigkeit als Sänger hat Domingo sich bereits sehr früh mit dem dirigieren beschäftigt, tatsächlich wollte er ursprünglich Dirigent werden. Inzwischen scheint er, soweit ich das beurteilen kann, ein durchaus brauchbarer Dirigent geworden zu sein. Villazóns Zarzuela-Album bei dem Domingo die musikalische Leitung hatte, hat jedenfalls bei Kritiker Jürgen Kesting nicht nur ob der Stimme des Sängers, sondern auch durch Domingos Dirigat für Begeisterung gesorgt.
Auch um den Nachwuchs kümmert er sich, der Place: er hat José Cura entdeckt und unter seine Fittiche genommen. Seit einigen Jahren verbindet ihn eine enge künstlerische (und wie man so hört, auch menschliche) Freundschaft mit Rolando Villazón, den er sehr gefördert hat, und dessen Stimme der seinen in manchen Augenblicken erstaunlich ähnlich ist, ohne daß man ihm deshalb Plagiat vorwerfen müßte. Villazón seinerseits verehrt Domingo über dei Maßen und nennt ihn stets nur "Maestro". Er soll, heißt es, das ihm von Domingo angebotene "Du" abgelehnt haben, weil er sich nicht vorstellen konnte, diesen "Gott der Oper" (O-Ton R.V.) zu duzen.
So sind sie, die Künstler.

Überhaupt, Domingos Stimme. Eine wunderschöne, dunkel gefärbte Tenorstimme, die manchmal ein bißchen wie ein Bariton klingt. Tatsächlich hat Domingo ganz am Anfang seiner Laufbahn Bariton gesungen. Ich persönlich mag solche Stimmen sehr.
Domingo hatte das Glück, in einer Zeit seine Karriere zu beginnen, als das heute allgemein beliebte verheizen begabter Sänger und schöner Stimmen noch nicht so gang und gäbe war wie heute.
Will sagen: er hatte Zeit, zu wachsen und sein unglaubliches Repertoire langsam und klug auszubauen ohne daß ihm ständig verführerische, aber fatale Rollenangebote gemacht wurden denen er nur schwer hätte widerstehen können. Zeit ist etwas, das heutigen jungen Sängern oft verweigert wird.
Ein Opernfan aus einem sehr kompetenten Opernforum hat einmal geschrieben, er bezweifle, aus eben diesem Grund, daß irgendeiner der heute gefeierten jungen Tenöre, so begabt und wundervoll sie jetzt auch sein mögen, sein 40jähriges Bühnenjubiläum erleben wird. Da könnte was dran sein. Auf der anderen Seite: 40jährige Bühnenjubiläen SIND selten.
Ich erhebe mein virtuelles Glas und trinke auf den großen Mann aus Spanien.
Chappeau, Placido!



Beweiskräftige Videos werden nachgereicht, sobald ich Urlaub und Zeit habe, bei Youtube zu stöbern.


Domingo und Stratas in La Traviata
Domingo in Hoffmanns Erzählungen Wo sind die Anbetungssmilies? :froh:


____________________
www.dkms.de
Wer in einem gewissen Alter nicht merkt, dass er hauptsächlich von Idioten umgeben ist, merkt es aus einem gewissen Grunde nicht.
Curt Goetz


[editiert: 11.07.07, 20:50 von Violetta]
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