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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 
LG Braunschweig: 1937 - Tochter eines Bibelforschers verweigert Hitlergruß

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Gast
New PostErstellt: 27.05.07, 19:40  Betreff: LG Braunschweig: 1937 - Tochter eines Bibelforschers verweigert Hitlergruß  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Der ideologisch motivierte Entzug des elterlichen Sorgerechts in der Zeit des Nationalsozialismus

Miriam Liebler-Fechner
Reihe: Juristische Schriftenreihe
Bd. 159, 2001, 312 S., ISBN 3-8258-5366-7

XVI. LG Braunschweig, Beschluß vom 2. Dezember 1937 [FN 811] Bibelforscher

a) Dem Gericht lag folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor: Der Vater einer Tochter gehörte der Vereinigung der „Bibelforscher" an. Als ein Anhänger dieser Sekte wurde er am 16. Mai 1936 zu einer viermonatigen Gefängnisstrafe verurteilt. Vor Gericht gab er an, sich bei der Erziehung seiner Tochter von der Bibel leiten zu lassen, die er als maßgebende Richtschnur des menschlichen Lebens ansehe. In der Schule hatte sich die Tochter geweigert, mit dem „Hitlergruß" zu grüßen. Nach der Androhung von Züchtigungen seitens der Schule wendete sie ihn dann an.

Nachdem das Vormundschaftsgericht einen Entzug des Sorgerechts abgelehnt hatte, sah das Landgericht als Beschwerdegericht die Voraussetzungen des § 1666 I BGB gegeben.

Den Mißbrauch sah das Gericht in der Erziehung des Kindes in den Gedankengängen der „Bibelforscher". Diese stünden in einem scharfen Gegensatz zu den Einrichtungen des heutigen Staates. Zum einen habe der Vater erklärt, daß er auf Grund der Vorschriften der Bibel im Kriegsfalle den Kriegsdienst verweigern werde, zum anderen erblicke er in der Erweisung des „Deutschen Grußes" die Vergötterung eines Menschen und lehne ihn deshalb ab.

Auch eine Gefährdung des Kindeswohles nahm das Gericht an. Das Kind werde durch die Erziehung des Vaters zwangsläufig in einen Gegensatz zu der überwiegenden Mehrheit der Volksgenossen kommen:

„Es besteht die Gefahr, daß es, wie sein Vater, einmal außerhalb der Volksgemeinschaß stehen werde."

Eine deutliche Beeinflussung durch den Vater sei bereits in der Verweigerung des „Deutschen Grußes" zu sehen. Das spätere Einlenken sei nur mit der angedrohten Züchtigung zu erklären und nicht mit einer veränderten Gesinnung. Deshalb sah das Gericht als einzige Maßnahme zur Abwendung der Gefahr die Entziehung der Personensorge an.

b) Die Entscheidung weist deutliche Parallelen zu dem kurz zuvor ergangenen Beschluß des Amtsgerichts Waldenburg [FN 812] auf: Abermals argumentierte das Gericht bei der Annahme der Kindeswohlgefährdung mit der Formulierung "außerhalb der Volksgemeinschaft stehen". Obwohl diese Formulierung sowohl den Verlust des Kindes für den nationalsozialistischen Staat als auch das individuelle Kindeswohl betreffen könnte, lag der Schwerpunkt der Prüfung abermals auf dem gefährdeten Staatsinteresse. Dafür sprechen Auszüge aus den Beweisaufnahmen, die das Gericht in seinen Entscheidungsgründen anführte: Der Vater habe erklärt, daß er auf Grund der Vorschriften der Bibel im Kriegsfalle den Kriegsdienst verweigern werde.

Die Nationalsozialisten betrieben eine konsequente Politik der Wiederaufrüstung. Die allgemeine Wehrpflicht war bereits 1933 wieder eingeführt worden, 1936 besetzte die Wehrmacht das Rheinland. Görings ehrgeiziger Vierjahresplan konnte schon damals als mittelfristige Vorbereitung auf einen Krieg gewertet werden. Pazifisten hatten in diesem wiedererstarkenden Militarismus keinen Platz. Sie waren den nationalsozialistischen Führern ein persönliches Greuel und wurden für das Scheitern im ersten Weltkrieg und das der späteren Weimarer Republik verantwortlich gemacht.

Die Erklärung des Vaters, im Falle eines Krieges den Dienst an der Waffe zu verweigern, wurde von den Nationalsozialisten als Ausdruck tief verwurzelter Staatsfeindlichkeit oder gar von Anarchie empfunden. Aus völkischer Sicht bedeute sie den Totalverlust eines Mitgliedes der Volksgemeinschaft. Der Vorgang besaß damit direkten Einfluß auf die Wehrhaftigkeit des Staates. Es lag zu befürchten, daß ein in solcher Sphäre erzogenes Kind ebenfalls dem Militarismus feindlich gesinnt ist und als späterer Kriegsdienstverweigerer der Wehrkraft des Volkes verloren geht. Damit stand ein quantitativ meßbares Interesse des Staates hinter der Entscheidung, die elterliche Sorge gem. § 1666 I BGB zu entziehen.

FN 811 DJh 29, 1938, 408.
FN 812 Vgl. Fall XV.


[editiert: 27.05.07, 19:43 von Admin]
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