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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 
Ganz anders als früher: Heimerziehung heute

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Gast
New PostErstellt: 20.06.08, 19:59  Betreff: Ganz anders als früher: Heimerziehung heute  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Hier hat sich nur ein Teil der Familie Korn im Garten des Försterhauses in Ahrensmoor versammelt: Nicht im Bild sind drei weitere Kinder sowie Hund, Katzen, Gänse und Schafe. Foto: Richter
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Hier hat sich nur ein Teil der Familie Korn im Garten des Försterhauses in Ahrensmoor versammelt: Nicht im Bild sind drei weitere Kinder sowie Hund, Katzen, Gänse und Schafe. Foto: Richter
Andrea Lange.
Ganz anders als früher: Heimerziehung heute

Antje und Michael Korn sind Profi-Eltern und kümmern sich zuhause um drei eigene und um fünf sogenannte Heimkinder – Ein Blick hinter die Kulissen

Ahrensmoor. (ari). „Heimkind“: Das Wort beschwört immer noch Bilder von düsteren Anstalten mit zugigen Schlafsälen herauf. Heute sieht Heimerziehung anders aus. Ein Beispiel: Die Außenstelle des Jugendhofs Estetal in Ahrensmoor. Im alten Försterhaus am Waldrand leben Michael und Antje Korn mit acht Kindern – drei eigenen und fünf Heimkindern.

„Bei uns ist es ist wie bei jeder Familie, das ganz normale Chaos eben“, sagen Michael (46) und Antje Korn (40). Die beiden hatten schon länger im Jugendhof Estetal bei Buxtehude als Erzieher gearbeitet, als sie vor 14 Jahren in die Außenstelle im Försterhaus in Ahrensmoor wechselten. Mit dabei waren die gemeinsame kleine Tochter und vier Kinder aus den Schichtdienstgruppen des Jugendhofs. Antje und Michael Korn sind die ganze Zeit für die Kinder da: „24 Stunden, sieben Tage die Woche.“ Der Terminkalender ist voll. Es wird viel chauffiert: Korns legen Wert darauf, das alle Kinder Sportvereine besuchen, dazu kommen andere Freizeitaktivitäten und Therapietermine. Wichtig ist auch die Eingliederung in die Dorfgemeinschaft, weshalb Dorffeiern und Familienausflüge oder Grillfeste mit den Nachbarn fest zum Familienleben gehören.
Nach und nach haben die Korns das Försterhaus aus- und umgebaut. Heute gibt es ein großes Wohnzimmer mit Fernseher, Kickertisch und Spiele-Ecke, eine Küche mit Riesen-Esstisch, mehrere Badezimmer und vor allem: neun Kinderzimmer. „Wichtig, weil manche Kinder, die zu uns kommen, in ihrem ganzen Leben noch kein eigenes Zimmer hatten“, sagt Michael Korn.
Vom Wintergarten aus, den er und seine Frau als Elternwohnzimmer nutzen, haben sie den Garten gut im Blick. Zwei blonde, etwa zwölfjährige Mädchen stehen bis an den Rand ihrer Gummistiefel im Wasser und evakuieren Fische aus dem Teich in einen Eimer. Ein Stück weiter absolvieren zwei Jungen in Fußballkluft offenbar ziemlich routiniert ein Torwarttraining. Dazwischen trabt ein großer, zotteliger Hund herum. Auch Ponies, Ziegen, Gänse, Hühner, Kaninchen und Katzen gehören zur Familie.
Für die meisten Kinder, die in den letzten 14 Jahren hierher gekommen sind, ist diese ländliche Idylle keineswegs Normalität. Etwa dreiviertel von ihnen kamen nicht aus Familien im klassischen Sinne, schätzt Michael Korn. Ein typischer Fall: die Mutter mit mehreren Kindern von verschiedenen Männern. Oft fehlt es an einem intakten Netzwerk, an Großeltern, Tanten, Onkeln, die helfend zur Seite stehen. Mangelnde Ausbildung, Geldnot, Alkoholismus spielen häufig eine Rolle in einem Teufelskreis, der sich über Generationen fortsetzen kann: „Etwa die Hälfte der Eltern unserer Kinder sind selbst schon in Fremderziehung gewesen.“
Teufelskreis über Generationen
Meist ist es die Schule, die Alarm schlägt und das Jugendamt einschaltet. Zu dem Zeitpunkt sind die Zustände oft schon unhaltbar. Konkret bedeutet das: Misshandlung, Verwahrlosung, unregelmäßige Schulbesuche, soziale Auffälligkeiten.
Trotzdem wird der Weg zu einer professionellen Pflegefamilie für die Kinder immer länger, weiß Michael Korn: „In Hamburg kommt ein Kind erst in den Heimbereich, also zum Beispiel zu uns, wenn es vorher aus zwei Pflegefamilien rausgeflogen ist.“ Die Unterbringung in Pflegefamilien kostet weniger, weil den Pflegeeltern nur eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird. Nicht-Profis seien aber in vielen Fällen überfordert: „Die Kinder bleiben dabei oft auf der Strecke.“
Ob Profis oder nicht – Pflegeeltern haben es nicht leicht. Da wäre zum Beispiel der Anspruch, die eigenen und die Pflegekinder gleich zu behandeln: „Das müssen wir immer versuchen, gerade die Nicht-Korn-Kinder sind ja schon im Leben zu kurz gekommen und reagieren sehr empfindlich.“ Für die eigenen Kinder sei etwas anderes problematischer: „Die Pflegekinder sind für sie wie Geschwister, wenn sie wieder von uns weggehen, ist das ganz schwierig.“
Bei fast allen Kindern, die in die Familiengruppe Ahrensmoor kommen, sind die Eltern noch erziehungsberechtigt. Michael Korn wäre es lieber, wenn das Sorgerecht zweigeteilt würde. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht läge dann beim Jugendamt. „Die Kinder fühlen sich hier bei uns eigentlich wohl und zuhause, geraten aber in einen schweren Konflikt, wenn sie das in ihrer Herkunftsfamilie zugeben.“
Regelmäßige Besuche der Kinder stehen den Eltern in der Regel zu. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz unterstützt die Rückkehr in die Herkunftsfamilie sehr – „fast um jeden Preis“, findet Michael Korn. Er und seine Frau bekommen die Nachwirkungen eines Aufenthalts in der Herkunftsfamilie oft deutlich zu spüren: Wenn von der Schule, mit der Antje Korn immer in engem Kontakt steht, nachgefragt wird, was nun plötzlich los ist. Oder wenn die mühsam gemeinsam erarbeitete Gewichtsabnahme nach einer Woche mit Softdrinks, Chips und Süßigkeiten vor der Glotze wieder zunichte gemacht ist.
Aber auch die Kinder spüren das Band zu den leiblichen Eltern oft sehr stark, immer wieder zieht es sie überraschend doch zu ihnen zurück. Oft kommt es sogar zu einer Umkehrung des Eltern-Kind-Verhältnisses: Die Kinder fühlen sich verantwortlich, sich um Vater oder Mutter zu kümmern. „Wenn ich besoffen fahre und erwischt werde, kriege ich meinen Lappen nicht wieder. Aber für Kinder gibt es keinen Führerschein“, sagt Michael Korn.

Jugendhilfe: Bedarf steigt mit der Armut

Kosten für Hilfen zur Erziehung nehmen zu – Der Trend geht aber zu mehr ambulanten Hilfen

Die Kosten für Hilfen zur Erziehung steigen – bundesweit, im Landkreis Stade und auch bei den Jugendämtern der Städte Stade und Buxtehude. Die Gründe dafür sind vielschichtig.

„Der Bedarf wird immer größer, weil Kinder von früh auf strukturloser und unversorgter aufwachsen“, sagt Leonore Jäger, langjährige Leiterin des Jugendhofs Estetal in Buxtehude-Ottensen, zu dem auch die Familiengruppe Ahrensmoor gehört (siehe Bericht oben). Bundesweit werden heutzutage laut dem Statistischen Bundesamt mehr als 4 Millarden Euro jährlich für Hilfen zur Erziehung ausgegeben. In den vergangenen 15 Jahren haben sich die Ausgaben mehr als verdoppelt.
Ähnlich sieht es bei den Jugendämtern in Stade, Buxtehude und beim Kreisjugendamt aus. Peter Falten, Sozialplaner des Landkreises, erklärt dies teilweise mit der wirtschaftlichen Entwicklung in den letzten Jahren: „Armut und Jugendhilfefallzahlen korrelieren ganz stark.“ Im Kreisgebiet seien die strukturschwachen Gebiete auch die, in die mehr Jugendhilfe fließe.
Die Buxtehuder Jugendamtsleiterin Andrea Lange-Reichardt hat in den vergangenen Jahren beobachtet, dass die Euro-Umstellung, die Hartz-IV-Gesetzgebung und nicht zuletzt die aktuelle Teuerung der Lebensmittel sich ganz konkret auf den Jugendhilfebedarf von Familien auswirken: „Der Lebensunterhalt ist gefährdet, viele geraten in die Schuldenfalle.“ Sie sieht dies auch mit als Grund für den deutlichen Anstieg der ambulanten Maßnahmen: 500 000 Euro gab die Stadt Buxtehude dafür in 2007 aus, fast doppelt soviel wie im Jahr 2001. Insgesamt wurden 2007 in Buxtehude 3 Millionen Euro für Hilfen zur Erziehung ausgegeben, davon 2,5 Millionen für stationäre Maßnahmen (2001: 2,14 Millionen), deren Fallzahlen mehr oder weniger konstant geblieben seien. Unter letzteren nehmen allerdings „Eingliederungshilfen“ zu, also Maßnahmen gegen drohende oder vorliegende seelische Behinderung.
Der Landkreis Stade, so Holger Ahrens vom Kreisjugendamt, hat 2007 insgesamt 8,8 Millionen Euro für Hilfen zur Erziehung ausgegeben, 1998 waren es noch 3,9 Millionen. Armut und Arbeitslosigkeit sieht er zwar als „den Risikofaktor schlechthin“ für Familien. Den starken Kostenanstieg erklärt aber auch durch eine erhöhte Sensibilität: „Schulen oder Kindergärten sind aufmerksamer geworden, schlagen früher Alarm.“
Das bestätigt Heinz Hauschild vom Jugendamt der Stadt Stade. Probleme fallen seiner Beobachtung nach früher auf, weil mittlerweile fast jedes Kind zum Kindergarten geht und in den Schulen verstärkt Sozialarbeiter eingesetzt werden. In der Stadt Stade sind die Gesamtkosten für Hilfen zur Erziehung von 2,8 Millionen Euro im Jahr 2000 auf 4,1 Millionen Euro im Jahr 2007 angestiegen, berichtet Hauschild. Dabei ist die Anzahl der Heimplätze konstant um die 35 geblieben, aber die Kosten pro Platz sind stark gestiegen: „Von damals vier- bis fünftausend D-Mark auf heute 4000 Euro monatlich.“ Deutlich verstärkt worden seien die ambulanten Hilfen: „Das entspricht auch unserem Auftrag laut Jugendhilfegesetz, die Familien möglichst zu befähigen, ihre Kinder selbst zu erziehen.“ Das dies oberster Grundsatz ist, bestätigen auch das Buxtehuder Jugendamt und das Kreisjugendamt. Hauschildt sieht, dass sich viele Eltern mit dem Kindererziehen schwerer tun als früher: „Die Welt wird immer komplexer, die Erziehung auch, da fühlen sich viele überfordert und sind schneller verunsichert.“ Die Super-Nanny, die alles in 45 Minuten in Ordnung bringt, gebe es in der Realität leider nicht. Aber manchmal könnten nur drei bis vier Monate Familienhilfe eine Menge bewirken.

Jugendhof Estetal

Der Jugendhof Estetal ist einer der freien Jugendhilfe-Träger im Kreis Stade und wurde 1967 in Buxtehude-Ottensen gegründet.
Im Zuge des Wandels in der Heimerziehung ist aus dem zunächst klassischen Jugendheim ein gemischtes Modell mit verschiedenen Angeboten geworden. Heute gibt es 19 pädagogische Mitarbeiter und 45 stationäre Plätze, 10 Jugendliche werden mobil betreut, sechs bis sieben erhalten sozialpädagogische Familienhilfe. Auch Kunsttherapie und psychologische Betreuung werden angeboten.
Der Jugendhof hat mehrere Gruppen auf Außenstellen angesiedelt, die erste entstand schon 1971/72 in Apensen. „Das erleichtert die Integration in die Umgebung, bei Familiengruppen geht das besonders gut“, erläutert Jugendhof-Leiterin Leonore Jäger.
Web-Tipp: www.jugendhof-estetal.de

Artikel erschienen am: 14.06.2008
http://www.tageblatt.de/db/main.cfm?DID=1169126
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