Deutsche Pensionäre in der Steuerfalle – „Den Kopf nicht in den Sand stecken“
Deutsche Rentner, die in Namibia wohnen und ihre Rente aus Deutschland beziehen, sind in Aufruhr: Nach einer Gesetzesänderung aus dem Jahr 2005 werden die Rentner jetzt zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert – sie sollen tausende Euro nachzahlen.
Swakopmund/Windhoek – „Wir haben schon sehr, sehr viele Anfragen aus der ganzen Welt bekommen“, sagte Hergen Kassuba, ein Steuerberater und Fachberater für internationales Steuerrecht, diese Woche aus Deutschland auf Nachfrage der AZ. Denn nicht nur deutsche Rentner in Namibia sind von der dortigen Gesetzesänderung betroffen: Knapp 1,6 Millionen Pensionäre in der ganzen Welt haben diese „Bescheide“ erhalten.
Den Ursprung der Angelegenheit erklärt Kassuba mit einer Änderung des Alterseinkünftegesetzes, wonach deutsche Renten schrittweise besteuert werden müssen. Die zentrale Zuständigkeit hierfür hat das Finanzamt Neubrandenburg, das seit Mitte 2011 die „Bescheide“ verschickt. Vor wenigen Wochen haben auch Rentner in Namibia diese in der Post erhalten.
Kassuba erklärte, dass laut dem besagten Gesetz 50 Prozent der Rente „steuerpflichtig“ sei (Der Besteuerungsanteil erhöht sich allerdings jährlich um zwei Prozent). Von diesem Betrag würden grundsätzlich 25 Prozent an Steuern abgezogen. Das Beispiel: Wenn ein Rentner jährlich eine Rente in Höhe von 10000 Euro bezieht, seien 5000 Euro steuerpflichtig. Somit müsse der Rentner jährlich 1250 Euro Steuern zahlen.
Die Steuerbescheide für die Jahre 2005 und 2006 würden allerdings Ende dieses Jahres „verjähren“ und somit ungültig. „Deshalb gibt es jetzt die Flut von diesen Steuerbescheiden“, so Kassuba. Der AZ liegt der Bescheid eines Rentners in Swakopmund vor, der für das Jahr 2005 Steuern in Höhe von 1240 Euro zahlen müsse. Da dies rückwirkend eingeführt wurde, muss der Rentner von 2005 bis zum jüngsten Finanzjahr (2011) jährlich 1240 Steuern zahlen, also insgesamt 8680 Euro oder umgerechnet über 90000 Namibia-Dollar. „Es gibt Fälle, bei denen es bis über 20000 Euro reicht“, so Kassuba.
Da viele Pensionäre kein anderes Einkommen haben und auch über keine anderen Reserven verfügen, hat sie bei dieser Nachricht der Schlag getroffen. Allerdings gibt es einen Ausweg. „Wenn sich die Leute an das Finanzamt Neubrandenburg wenden, werden sie zumeist eingeschüchtert, weil der Schriftverkehr sehr kompliziert ist und die Rentner die Sache sehr schwer verstehen“, sagte Kassuba. Daher habe er schon hunderte Anfragen aus der ganzen Welt bekommen, unter anderem aus Kanada, den Vereinigten Staaten, Asien und vielen Afrikaländern. „Die Rentner sind alle verzweifelt“, sagte er.
Sein Rat: „Auf keinen Fall den Kopf in den Sand stecken oder zahlen.“ Die Pensionäre sollten sich an einen deutschen Steuerberater wenden. „Bei den meisten Rentnern können wir die Steuern auf null Prozent reduzieren, aber das hängt immer vom Einzelfall ab“, sagte er. Ein Problem: „Die Rentner fassen das Problem selber an und benutzen nicht die richtigen Fachausdrücke, deshalb geht das meistens schief.“
In diesem Zusammenhang warnt der Steuerberater Sebastian Beck aus Deutschland. „Das ist natürlich eine Vertrauenssache. Es gibt nun Personen, die die Rentner ausbeuten“, sagte er. So würden Betrüger im Internet „unseriöse Dienste“ anbieten, daher müsse auf die Rechtmäßigkeit des Steuerberaters geachtet werden.
Der namibische Steuerberater Frank Moormann sieht die Sache allerdings anders, da zwischen Namibia und Deutschland ein Doppelsteuerungsabkommen besteht. „Laut dem Abkommen obliegt das Recht, Rente zu versteuern, ausschließlich der Republik Namibia (Artikel 18), wenn der Rentner in Namibia ansässig ist.“ Diese Anfrage hatte Moormann an das Finanzamt Neubrandenburg verschickt und bis dato allerdings noch keine Antwort erhalten.
Die deutsche Botschaft in Windhoek hat unterdessen in diesem Zusammenhang ein Merkblatt mit Hinweisen zur Besteuerung deutscher Renten auf deren Internetseite veröffentlicht (http://www.windhuk.diplo.de/Vertretung/windhuk/de/Startseite.html).
Quelle
http://www.az.com.na/soziales/fiskus-beutelt-die-rentner.154085.php
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