Auswandern

MikeyG · * * * * Beiträge: 58

Hallo.
Ich hab´ heute zum ersten Mal in das Forum geschaut. Dabei bin ich auf den einen oder anderen Beitrag gestoßen, der sich damit beschäftigte dass Auswanderer nur "nervige Nörgler" sind, denen man es hier in Deutschland onehin nicht recht machen kann und schließlich sei es hier ja nicht so schlecht.

Dazu möchte ich einiges anmerken:

Ich habe zwischen 1990 und 1998 in den USA bzw. Canada gelebt und dort bei Ramada gearbeitet. Aufgrund eines Todesfalles in meiner nahen Verwandschaftkam ich nach Deutschland zurück. Seitdem bereue ich meine Entscheidung von damals und werde mit meiner (inzwischen entstandenen Familie) im nächsten Sommer auswandern. Was das Ziel angeht so sind wir uns noch nicht ganz schlüssig.
Wie gesagt arbeitete ich "drüben" bei Ramada. In den 8 Jahren habe ich mich (ohne Vorkenntnisse) im Hotel vom Rezeptionsangestellten über Night Auditor bis hin zum Frontdesk Manager hochgearbeitet. Nach meiner Rückkehr nach Deutschland erhielt ich auf alle Bewerbungen bei hiesigen Hotels lediglich Ablehnungen. Die Begründung? Zu 100% die Tatsache, dass ich keine Hotelfachschule besucht habe.
Zum Gerücht Sozialversicherung gäbe es in den USA nicht / In meinem Bekanntenkreis befanden sich auch der eine oder andere, der arbeitslos war bzw. wurde. !. Erhielten diese Social Security Payments (Sozialunterstützung), zusätzlich gabs Foodstamps (Essensmarken mit denen man in jedem Supermarkt einkaufen kann) sowie die Mietkosten wurden übernommen.
Zum Gerücht es gäbe dort keine Krankenversicherung / Ich war während der ganzen 8 Jahre krankenversichert. Meine war (Blue cross blue shield) Unterschied zu Deutschland - es gibt keine Pflicht zur Krankenversicherung. Dafür zahlete ich lediglich knappe 9 % meines Bruttoeinkommens (auch noch Ende der 90´er) und musste weder für Arzneimittel noch für Krankenhausaufenthalt Zuzahlungen leisten. Wer rechnen kann müsste d´rauf kommen, wo man billiger fährt
Zum Gerücht in den USA gäbe es keine Rentenversicherung / Eine Rentenversicherung gibt es - es gibt lediglich (wie auch bei der Krankenversicherung) keine Pflicht eine abzuschließen. Die Beiträge hierzu werden oftmals sogar vom Arbeitgeber als sogenannte Benefits zusätzlich zum Gehalt übernommen.

Es gibt viele Vorurteile gegen die USA, Kanada und alle anderen beliebten Einwanderungsländer.
Sicher ist zwar, dass einem dort auch keine gebratenen Täubchen in den Mund fliegen aber man hat dort im Gegensatz zu unserem Land noch eine Chance.

Bei über 4 Millionen (ofiziellen) Arbeitslosen, unsicheren Renten alleine schon für unsere Generation, immer schneller fortschreitendem Sozialabbau und dem Festhalten an alten Bürokratieregelungen (Wie zum Beispiel der Tatsache, dass bei uns das was auf dem Papier steht immer noch wesentlich wichtiger ist als was jemand tatsächlich leisten kann) ist es für mich keine Frage ob ich auswandern sollte.

Ich kann nicht hier bleiben und meinen Kindern ruhigen Gewissens sagen, "es wird schon alles wieder gut", Soll ich das in 10 Jahren auchnoch sagen, wenn sie keinen Ausbildungsplatz finden? Oder in 20 Jahren, wenn sie keinen Job finden, Oder erst in 30 Jahren, wenn ich von ihnen abhängig bin, weil meine Rente zu klein ist?

Das hat meiner Meinung nach auch nichts damit zu tun zu flüchten. Einzig und allein damit, gesunden Menschenverstand anzuwenden - wenn es mir an einem Ort nicht gut geht und die Chancen für ein gutes Überleben meiner Familie an diesem Ort nicht gegeben sind, dann muss eben ein Ortswechsel her. In der Tierwelt eigentlich üblich und wir sollen ja angeblich schlauer sein.

Wie war doch das Beispiel mit dem Frosch? Wenn man einen Frosch in eine Schale mit kochendem Wasser setzt springt er sofort heraus. Setzt man ihn in eine Schale mit kaltem Wasser und erhitzt es, bleibt er ruhig sitzen und stirbt. Wir haben viele Frösche bei uns.

Gruß,

Mike

Tell Gerhard to take his country and shove it :-)