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WPK
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Beiträge: 16

New PostErstellt: 27.02.08, 19:40     Betreff: Re: Bitte um Mithilfe: Interkulturelle Trainings Südafrika

Hallo, Markus

"Interkulturelle Trainings für Südafrika": Ich weiß nicht, ob da so
viele gelaufen sind, die dann wirklich Leute erreicht haben, die nach
Südafrika gegangen sind / zeitweise nach Südafrika gingen. Oder ob sich
nicht einige dieser Trainings besser als "Landeskundliche Einführungen"
bezeichnet hätten, wenn sie überhaupt stattgefunden haben. Ich kann mir
vorstellen, dass es für Deine Magisterarbeit bessere Beispiele als
Südafrika geben könnte, wenn Du den Wert solcher Trainings darstellen
willst.

Warum ich mich bei Dir melde? Na, ich habe früher von solchen Dingen
selbst sehr viel gehalten und war da sehr optimistisch. Für Südafrika,
ganz speziell, würde ich da aber eher Bedenken haben - insbesondere
rückblickend.

Warum? Zum einen: Das "Vorbild" für das südafrikanische
gesellschaftlich-geschäftliche Alltagsleben ist so eine Mischung aus
britischem und amerikanischem Stil. Ein eigenständiges südafrikanisches
Modell vermag ich allenfalls in Ansätzen zu erkennen. Und: Es wäre, in
Bezug auf Südafrika, ein ganz gravierender Fehler, die Apartheid, die
in den meisten Köpfen (schwarz, weiß, grün … bei allen!)
weiterexistiert, wegzudenken oder wegzulassen oder sonstwie zu
übersehen. Der kulturelle Austausch zwischen den verschiedenen
gesellschaftlichen Gruppen - oftmals diametral entgegengesetzte
Lebensverständnisse - hier im Land ist – von vielen, rühmlichen
Ausnahmen einmal abgesehen – rudimentär.

Also, mit anderen Worten: Südafrika ist kein Land aus einem Guss, und
die einzelnen Leute verhalten sich in verschiedenen Lebensbereichen
völlig unterschiedlich, "springen von einer Kultur zur anderen". Kirche
und Arbeitsalltag, Fußball und Sexualleben - da liegen Welten
dazwischen und oft sieht man nicht einmal bei einer einzelnen Person da
irgendwelche Zusammenhänge. Man kann ein interkulturelles Training für
Südafrika nur dann sinnvoll angehen, wenn man weiß, mit welchem Milieu,
mit welcher Bevölkerungsgruppe man Umgang haben wird. Wenn das nicht
präzise festgelegt wird, besteht die Gefahr, dass die Teilnehmer sich
auf eine "gefühlsdusselige Art" auf Südafrika einlassen und das Ganze
mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Die Gefahr ist hier extrem.

Lass' mich 'mal konkret werden:

Wenn die Firma BMW für auf zwei oder drei Jahre zu entsendende
Mitarbeiter aus München so etwas anbieten würde, dann ginge es einmal
darum, den Leuten zu vermitteln, was sie (und ihre Familien) hier
erwartet an Wohnumfeld und dann in ihrer Vorgesetzten- oder
Spezialistenfunktion im Betrieb. Ohne der Fa. BMW etwas unterstellen zu
wollen, wird dann "keine Sau" irgendjemandem nahelegen, seine
schulpflichtigen Kinder in eine der Schulen in die Townships zu
schicken (sondern auf die Deutsche Schule), seine Kindergartenkinder
allenfalls auch in den Kindergarten der Deutschen Schule oder einen der
vielen Privatkindergarten "leicht elitären" Stils. Und für den
Betriebsalltag wird man den Leuten klar machen, dass sie sich
freundlich-distanziert zu verhalten haben, dass die Hautfarbe zwar
keine Rolle spielt, aber in der Praxis man einem Weißen schon 'mal "die
Leviten lesen" darf, bei einem Schwarzen aber Glacéhandschuhe
anzuziehen sind. Und dann wird man ihm beibringen, bei welchem Metzger
er Weißwürste und Leberkäse kriegt und wie man bei Reisen sich gegen
Malaria schützt und dass man AIDS sehr, sehr ernst nehmen muss. Die
Vorauswahl der zu Entsendenden würde wahrscheinlich eine Prüfung der
englischen Sprachkenntnisse einschließen.

Wenn der Jesuitenorden jemand herschickt, sieht es ganz anders aus. Die
würden wohl mit einer entsprechenden Sprachausbildung (isiPedi oder was
sonst) anfangen, lange vor der Anreise schon Fachlektüre über Südafrika
büffeln lassen und wohl auch unter den bereits in Südafrika
befindlichen Ordensbrüdern frühzeitig eine Bezugsperson bestimmen. Und
den Rest dann der vorgesehenen Aufgabe direkt zuordnen. "Beinhart".

Das deutsche Auswärtige Amt - genauer: die Botschaft, das GK - stellt
für die zu Entsendenden Unterlagen zusammen. Das hat mit
"interkulturell" nichts zu tun, sondern eher damit, wie man a) am
Dienstort überlebt und b) Deutschland wirksam nach außen vertritt.
Salopp: Man kriegt nicht beigebracht, wie man Huhn in Soße mit Maisbrei
mit den Händen isst und welche Musik südafrikanische Gäste bevorzugen.
Nein, man legt auf "die Bereicherung der südafrikanischen Vielfalt
durch deutschen Einfluss und gutes Beispiel" Wert.

So, und jetzt sagst Du mir sicher, dass es da Leute gibt, die voller
Idealismus nach Südafrika kommen, an der Überwindung der Not der
Ärmsten der Armen und am Abbau der Apartheid und ihrer
gesellschaftlichen Folgen arbeiten wollen und zur Vorbereitung ein
solches interkulturelles Training absolvieren: Ja, gibt es, ich habe
mich auch dazu gezählt (aber kein interkulturelles Training
mitgemacht). Es gibt hier einen bösen Witz, der - wie solche Witze
immer, natürlich nicht stimmt, aber eine ganze Portion Wahrheit
enthält. Die Frage: "Was ist der Unterschied zwischen einem Rassisten
und einem Touristen?" Die Antwort: "Der Tourist geht nach einiger Zeit
wieder!" Oder, weniger bissig: Die Realität holt einen erschreckend
schnell ein, es gibt keine "südafrikanische Gesellschaft", es gibt
"Stämme". Ein Englischstämmiger sprach mir gegenüber einmal sehr
abfällig über die Buren als "unsere Brüder von der anderen weißen
Rasse" - auch hier ist ein Stück Wahrheit verborgen.

Noch ein Beipiel: Den wenigsten "Südafrikakennern" ist bewusst, dass
etwa ein Viertel der Südafrikaner noch in einem feudalen
Abhängigkeitsverhältnis leben (also von Königen (!) und Adligen, von
Stammesältesten (und, in einem anderen Lebensbereich, von
Medizinmännern) bestimmt werden: Wen darf ich heiraten, welches
Ackerland erhalte ich zugeteilt, wen wähle ich bei den nächsten Wahlen,
wo kann ich mir ein Haus bauen? Wo bekomme ich Trinkwasser her und wie
komme ich an ein kostenloses Haus (welche die Regierung baut)? Ein Land
- das kann man sich in Deutschland eigentlich gar nicht vorstellen - in
dem von der staatlichen Verwaltung selbst heute noch nur etwa die
Hälfte aller von den Bürgern gestellten Anträge überhaupt bearbeitet
wird (!) - ist so leicht nicht als Einheit in einem Training zu
erfassen.

Vielleicht, lieber Markus, hilft Dir meine Mail weiter. Falls nicht,
vergesse sie einfach. Falls ich Dir konkrete Fragen einfallen, die ich
Dir vielleicht beantworten kann, melde Dich bitte.

Kurz, dass Du nicht meinst, da schreibt Dir irgendein Spinner: Ich war
hauptamtlich früher beim DGB, habe u.a. beim Bildungswerk des DGB
"mitgemischt" (Bayern und darüber hinaus), bin SPD-ler, war zuletzt
Sozialreferent (1995 - 2000) an der deutschen Botschaft hier und bin
von der Ausbildung her Politikwissenschaftler und katholischer Theologe
(2x voll, keine Lehramtskombi oder so). Ich wohne mit meiner Frau seit
1995 in Pretoria, habe aber in München "ein zweites Bein".

Also, guten Erfolg!

Freundliche Grüße aus Südafrika, einem schönen und interessanten Land
mit vielen (sehr unterschiedlichen) Leuten,

Wolfgang
Am 26.02.2008 um 23:08 schrieb markus_heinrich:
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