Auswandern-Uruguay ! Die Alternative zu Europa ?
Ein Forum über das Auswandern nach, bzw. Einwandern und Leben in Uruguay
Über Uruguay gibt es kaum Informationen in Bezug auf die Einwanderung und das Leben als Europäer dort. Falls man sich entschließt aus Deutschland wegzuziehen, ist unserer Meinung nach Uruguay eine echte Alternative zu den typischen europäischen Auswanderländern am Mittelmeer, wie z.B. Spanien, Italien, Frankreich etc. Die Bevölkerung besteht zu 100% aus europäischen Einwanderern und das Klima entspricht dem in Südspanien bzw. dem in Südafrika (Western Cape - Kapstadt).
 
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Ein recht kritisches Statement über Uruguay!

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desertbeast
Experte


Beiträge: 340
Ort: Marbella/Spanien



New PostErstellt: 14.03.04, 00:31  Betreff: Ein recht kritisches Statement über Uruguay!  drucken  weiterempfehlen

Hallo,
beim rumwuseln in Net habe ich folgendes zum Nachdenken gefunden

URUGUAY

Ein Widerspruch mit dem Namen Uruguay
Von Eduardo Galeano

(Montevideo, November 1999)

Wir Uruguayer haben eine gewisse Neigung zu
glauben, dass unser Land existiert, aber die Welt bekommt davon nichts mit. Die
wichtigen Kommunikationsmedien, solche die weltweiten Einfluss haben, erwähnen
die kleine und im Süden der Landkarte verlorene Nation niemals. Als Ausnahmefall
beschäftigte sich vor einigen Monaten die britische Presse am Vorabend eines
Besuches von Prinz Charles mit uns. Damals informierte die prestigeträchtige
Tageszeitung "The Times" ihre Leser, das uruguayaische Gesetz erlaube dem
betrogenen Ehemann, seiner untreuen Frau die Nase abzuschneiden und ihren
Liebhaber zu kastrieren.

The Times schrieb unserem Eheleben diese schlechten Sitten der britischen
Kolonialtruppen zu: Danke für die Blumen, aber die Wahrheit ist, dass wir so
tief nicht gesunken sind. Dieses barbarische Land, das die körperlichen Strafen
in den Schulen 120 Jahre früher als Großbritannien abgeschafft hat, ist nicht so
wie es scheint, wenn man es von oben und von weither betrachtet. Wenn die
Journalisten aus dem Flugzeug aussteigen würden, könnten sie einige
Überraschungen erleben.

Wir Uruguayer sind wenige, nicht mehr als drei Millionen. Wir passen alle
zusammen in nur einen Stadtteil irgendeiner der großen Städte der Welt. Drei
Millionen konservativer Anarchisten: Es gefällt uns nicht, wenn irgendwer uns
befehlen will, und es fällt uns schwer, uns zu verändern. Aber sobald wir
entschieden haben, uns zu ändern, wird die Sache ernst. Jetzt wehen im Land
erfreuliche Winde des Wandels. Es kommt die Zeit, in der wir aufhören, Zeugen
unseres Unglücks zu sein. Uruguay hat lange mit seinem eigenen Niedergang
verbracht, seit der Epoche als wir wußten, an der Spitze von allem zu stehen.

Aus Protagonisten sind Zuschauer geworden: Drei Millionen politische Ideologen,
und die praktische Politik liegt in den Händen von Politikern, welche die Rechte
der Bürger in Gefälligkeiten der Macht verwandelten; drei Millionen
Fußballtrainer, und der uruguayanische Fußball lebt in der Vergangenheit; drei
Millionen Filmkritiker, und das uruguayanische Kino ist nicht darüber
hinausgekommen, eine Hoffnung zu sein.

Das Land, wie es ist, lebt in ständigem Widerspruch zu dem Land, das es war. Der
Achtstundentag wurde in Uruguay ein Jahr vor den USA gesetzlich eingeführt, und
vier Jahre vor Frankreich. Aber heute eine Arbeit zu finden ist ein Wunder, und
ein noch größeres Wunder ist es, den Tisch gedeckt zu bekommen mit nur acht
Stunden Arbeit: Nur Jesus wäre dazu im Stande, wenn er Uruguayer wäre und
außerdem noch, fähig Brot und Fisch zu vervielfachen.

In Uruguay gab es 70 Jahre vor Spanien das Scheidungsrecht, und 14 Jahre vor
Frankreich das Frauenwahlrecht. Aber die Realität behandelt die Frauen
schlechter als der Tango, was einiges heißt, und die Frauen glänzen durch ihre
Abwesenheit an der politischen Macht, wenige Inseln des Feminismus in einem Meer
von Machos.

Dieses ermüdete und sterile System verrät nicht nur seine eigene Vergangenheit:
Es überlebt außerdem in einem ständigem Widerspruch mit der Realität. Die Nation
ist abhängig vom Verkauf von Fleisch, Lederwaren, Wolle und Reis ins Ausland,
aber das Land ist in den Händen weniger. Diese wenigen, welche die Werte der
christlichen Familie predigen, aber die Landarbeiter entlassen, wenn sie
heiraten, behalten alles für sich.

Gleichzeitig erhält einen Tritt vor die Nase, wer Land fordert, um es zu
bebauen. Und wer ein bißchen Land erlangt, hängt von Krediten ab, welche die
Banken immer an den vergeben, der schon hat, und niemals an den, der es nötig
hat. Überdrüssig davon, einen Peso für ein Produkt zu bekommen, das zehn Pesos
wert ist, suchen die Kleinbauern ein besseres Los in Montevideo.

Die Verzweifelten kommen in die Hauptstadt des Landes, das Zentrum der
bürokratischen Macht und allen anderen Mächten, in der Hoffnung eine Arbeit zu
finden, welche die mit Spinnweben bedeckten Fabriken nicht geben. Viele enden
damit, Müll zu sammeln. Und bei vielen folgt die Ausreise via Hafen oder
Flughafen.

In Bezug auf Widersprüche zwischen der Macht und der Realität gewinnen wir die
Weltmeisterschaften, die uns der Fußball verweigert. Auf der Landkarte, umgeben
von seinen großen Nachbarn, erscheint Uruguay wie ein Zwerg. Doch ganz so ist es
nicht. Wir haben fünf mal mehr Fläche als Holland und fünf mal weniger
Einwohner. Wir haben mehr bebaubares Land als Japan, und eine Bevölkerung, die
um das vierzigfache kleiner ist. Trotzdem gibt es viele Uruguayaner, die
auswandern, weil sie hier ihren Platz an der Sonne nicht finden.

Eine spärliche und überalterte Bevölkerung: Wenige Kinder werden geboren, in den
Straßen sieht man mehr Rollstühle als Kinderwagen. Und wenn diese wenigen Kinder
wachsen, vertreibt sie das Land. Wir exportieren Jugendliche. Es gibt Uruguayer
sogar in Alaska und Hawai. Vor etwas mehr als zwanzig Jahren zwang die
Militärdiktatur viele Menschen ins Exil. In voll entfalteter Demokratie
verurteilt die Wirtschaft viele Menschen mehr, das Land zu verlassen.

Die Wirtschaft wird kontrolliert von Bankiers, die den Sozialismus praktizieren,
wenn sie ihre betrügerischen Bankrotts vergesellschaften und den Kapitalismus,
wenn sie ein Land der Dienstleistungen anbieten. Zu versuchen, über die Türe der
Dienstleistungen in den Weltmarkt einzutreten, reduziert uns auf einen Tempel
der Finanzen ausgestattet mit Bankgeheimnis, vier Kühen dahinter und Aussicht
auf das Meer. In solch einer Ökonomie gibt es zuviele Menschen, egal wie wenige
es sind.

Lassen wir die Bescheidenheit weg, es muss alles gesagt werden, denn auch aus
angenehmen Gründen verdienen wir, in das Guinnessbuch aufgenommen zu werden.
Während der Militärdiktatur gab es in Uruguay nicht einen einzigen wichtigen
Intellektuellen, keinen bedeutenden Wissenschaftler oder repräsentativen
Künstler, nicht einen einzigen, der bereit gewesen wäre, den Machthabern zu
applaudieren.

Und in den aktuellen Zeiten, jetzt bereits in der Demokratie, war Uruguay das
einzige Land, das die Privatisierungspolitik per Volksabstimmung besiegt hat: Im
Volksentscheid von Ende 1992 entschieden 72 Prozent der Uruguayer, dass die
wichtigen öffentlichen Dienstleistungen öffentliches Eigentum bleiben sollten.
Diese Nachricht war der Weltpresse nicht eine Zeile wert, obwohl es ein
unerwarteter Beweis für den Gemeinsinn war. Die Erfahrung anderer
lateinamerikanischer Länder zeigt uns, dass die Privatisatisierungen die
persönlichen Bankkonten einiger Politiker aus den Nähten platzen lassen können,
aber die Auslandsschulden verdoppeln, wie es in Argentinien, Brasilien, Chile
und in Mexiko während der letzten zehn Jahren geschehen ist. Und die
Privatisierungen demütigen, für den Preis einer Banane, die Souveränität.

Das übliche Schweigen der großen Kommunikationsmedien verhinderte jede kleinste
Möglichkeit, dass die Volksabstimmung mit ihrem Beispiel auch jenseits der
Grenzen ansteckend wirken konnte. Aber nach innen wirkte dieser kollektive Akt
der nationalen Anstrengung sehr wohl: Vielen fällt es nun leichter, gegen den
Strom zu schwimmen und gegen die universale Diktatur des Geldes aufzubegehren

Harald

einfach leben !


[editiert: 29.03.04, 11:38 von desertbeast]
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