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Enver Gedimov
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New PostErstellt: 03.11.06, 22:44     Betreff: Re: unsere Schläger

FAZ vom 02.11.2006 schreibt :



Steinmeier in Turkmenistan

Der Turkmenbaschi war guter Stimmung

Von Reinhard Veser, Aschgabad

Turkmenistans Präsident Nijasow läßt sich Turkmenbaschi, „Führer der Turkmenen”, nennen

Die Angestellten der turkmenischen Zentralbank haben ein „Dankschreiben“ an Präsident Saparmurat Nijasow geschickt, den Turkmenbaschi, also „Führer der Turkmenen“. In dem auf der ersten Seite der Regierungszeitung „Neutralnyj Turkmenistan“ abgedruckten Brief heißt es: „Der allmächtige Allah hat uns das Glück geschenkt, in einer eindrucksvollen Epoche zu leben - in der Goldenen Epoche des auf ewig Großen Saparmurat Turkmenbaschi. Wir sind grenzenlos glücklich und stolz darauf, daß wir in dieser Zeit leben, denn die Epoche des Großen Turkmenbaschi ist die Ära unseres glücklichen Schicksals, großer Veränderungen, stolzer Errungenschaften, die ewige Begleiter unseres Volkes geworden sind.“

In der Hauptstadt Aschgabad sind diese Errungenschaften zu Stein geworden. Das Zentrum der Stadt wird überragt vom etwa 60 Meter hohen Denkmal für die Neutralität des Landes, das von einer überdimensionierten vergoldeten Statue des Staatsführers gekrönt wird. Sie dreht sich so, daß das Gesicht des Turkmenbaschi stets der Sonne zugewandt ist. So werde jeder Teil des Landes einmal am Tag vom Führer gegrüßt, erklären Fremdenführer den wenigen ausländischen Gästen. Nur wenig niedriger ist die goldene Kuppel des in Sichtweite befindlichen Präsidentenpalastes, wo Außenminister Steinmeier am Donnerstag mit Nijasow zusammengetroffen ist.

„Viel zu zögerlich“

Eine vergoldete Statue des Präsidenten krönt das sechzig Meter hohe Denkmal der Neutralität

Es wird berichtet, daß der turkmenische Präsident ausländische Politiker schon in langen Tobsuchtsanfällen angebrüllt hat, wenn er auf die Menschenrechte in seinem Land angesprochen wurde, doch das Gespräch mit dem deutschen Außenminister scheint in einem freundlichen Ton verlaufen zu sein, obwohl es die meiste Zeit genau um dieses Thema ging - anscheinend war der Turkmenbaschi guter Stimmung.

Dafür war Steinmeiers Laune erkennbar weniger gut, als er nach drei Stunden endlich aus der Begegnung kam. Er stürzte an dem in der monumentalen Vorhalle des Palastes wartenden Team des turkmenischen Fernsehens vorbei ins Freie, der folgende Termin im turkmenischen Außenministerium wurde abgesagt. In auffälligem Gegensatz zur Dauer des Gesprächs stand Steinmeiers dürre Zusammenfassung: In Fragen von Demokratie und Menschenrechten sei man zu keiner einheitlichen Beurteilung gekommen, der Weg dorthin werde „viel zu zögerlich“ gegangen.

Harte Haftstrafen für „Volksfeinde“

Steinmeier bei Nijasow: Der Weg zur Demokratie wird „viel zu zögerlich” begangen

Er hätte auch sagen können: Er wurde nie begonnen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 hat Nijasow, der seit Mitte der achtziger Jahre Parteichef in Turkmenistan war, schneller und entschlossener als die Herrscher anderer ehemaliger Sowjetrepubliken damit begonnen, eine ganz auf ihn zugeschnittene Diktatur aufzubauen.

Jeder Widerspruch wird gnadenlos verfolgt. Gefolgsleute, die zu eigenständig oder zu mächtig werden, werden zu langen Haftstrafen verurteilt, deren Ende die meisten wegen der Bedingungen in den Gefängnissen nicht erleben. Die Familien solcher „Volksfeinde“ werden aus dem normalen Leben weitgehend ausgeschlossen. Das geht so weit, daß ihnen auch medizinische Behandlung verweigert wird.

Das „geheiligte Buch“ des Diktators

In Aschgabad läßt Nijasow prachtvolle Straßen und Hochhäuser bauen

Nijasows Wort ist Gesetz: Beiläufig gemachte Bemerkungen des Turkmenbaschi werden von den Behörden sofort durchgesetzt, so Anfang dieses Jahres, als die Altersrenten fast vollständig abgeschafft wurden. Nach Erkenntnis von Menschenrechtsorganisationen und Regimegegnern im Exil hat diese Maßnahme erstmals seit vielen Jahren zu öffentlichen Unmutsäußerungen geführt.

Doch was genau geschehen ist, ist nicht bekannt, denn aus Turkmenistan dringen nur wenige gesicherte Informationen nach außen. Die Medien stehen vollständig unter staatlicher Kontrolle und dienen fast ausschließlich der Verbreitung der in Nijasows „geheiligtem Buch Ruhnama“ niedergelegten Ideologie des Diktators.

Rätsel über Platz in der Zentralasien-Strategie

Mitglieder der „Reporter ohne Grenzen” demonstrieren gegen die Unterdrückung der Pressefreiheit in Turkmenistan

Eine der wenigen verläßlichen Stimmen aus Turkmenistan war die für Radio Liberty arbeitende Ogulsapar Muradowa, die Mitte September im Gefängnis unter ungeklärten Umständen starb. Wenige Wochen zuvor war sie zusammen mit zwei Menschenrechtlern wegen angeblichen Waffenbesitzes in einem geschlossenen Verfahren zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Die Verhaftung der drei Mitte Juni stand vermutlich im Zusammenhang mit einem für diese Zeit geplanten, dann aber abgesagten Besuch einer Delegation des Europäischen Parlaments, die sich in Turkmenistan über die Lage der Menschenrechte informieren sollte.

Unter anderem in Reaktion auf diese Vorfälle hat der Außenwirtschaftsausschuß des EU-Parlaments es Anfang Oktober abgelehnt, über ein Handelsabkommen mit Turkmenistan zu reden. Welchen Platz das Land in der Zentralasien-Strategie der EU einnehmen kann, mit deren Ausarbeitung während der deutschen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 begonnen werden soll, ist rätselhaft. Das einzige konkrete Ergebnis von Steinmeiers Besuch ist die Zusage des Turkmenbaschi, daß eine Delegation des Menschenrechtsausschusses des Bundestags vielleicht nach Turkmenistan kommen darf.

Künstliche Wasserläufe in der Wüste

Der Legende nach rettete die verehrte Mutter des Präsidenten ihrem Sohn kurz vor dem eigenen Tod das Leben

Der aus den reichen Erdgasvorkommen des Landes erzielte Gewinn fließt zu einem großen Teil in den Ausbau Aschgabads nach den Vorstellungen des Präsidenten. An den Prachtstraßen, die vom Zentrum abgehen, stehen mit weißem Marmor verkleidete Hochhäuser, die angeblich Wohnhäuser sind, aber aussehen, als stünden sie leer.

In der inmitten einer wasserarmen, auch Anfang November noch heißen Wüste liegenden Stadt zieren Kaskaden, Fontänen und künstliche Wasserläufe die Anlagen um die Paläste der staatlichen Institutionen und Denkmäler. Umgeben sind sie von akkurat gepflegten Grünflächen. Wenige Kilometer außerhalb gibt es nur noch Trockenheit, Steine und Staub.

Diktatorischer Personenkult um den Präsidenten und seine Familie

Vom Präsidenten fährt Außenminister Steinmeier zum größten Gebäude der Stadt, der 20.000 Menschen fassenden Kiptschak-Moschee nahe der Siedlung, in der Nijasow 1940 geboren wurde. Dort legt er im Mausoleum der Familie des Präsidenten einen Strauß zum Gedenken an die Opfer des Erdbebens von 1948 nieder, bei dem Aschgabad vollkommen zerstört wurde.

Allah und der Koran kommen nur am Rande vor

An zentraler Stelle im Mausoleum steht eine Skulptur, die dem bizarren Personenkult um den Turkmenbaschi für einen Augenblick eine menschliche Dimension gibt: Eine sterbende Mutter hebt ein Kind mit einer Hand über die Trümmer eines Hauses hinaus und versucht mit der anderen, Trümmer von einem zweiten Kind wegzuziehen. Es ist eine Szene aus Nijasows Familiengeschichte: Er verlor beim Beben Bruder und Mutter, jenen Teil der Familie, der noch geblieben war, nachdem der Vater im Krieg gefallen war. Der Legende nach hat ihm die Mutter vor ihrem Tod das Leben gerettet. Heute wird sie in Turkmenistan als Idealbild aller Mütter verehrt.

Feier zum fünfzehnten Jahrestag der Unabhängigkeit Turkmenistans in Aschgabad

Unmittelbar neben dem überraschenden Eingeständnis eigener Verletzlichkeit im Mausoleum steht die Hybris: Über dem Eingang der Moschee wird in großen goldenen Buchstaben das vom Präsidenten verfaßte „geheiligte Buch Ruhnama“ als „spiritueller Wegweiser der Turkmenen“ gepriesen, und die Schriftbänder in der großen Kuppel gelten allein dem Großen Turkmenbaschi. Allah und der Koran kommen nur am Rande vor.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung
Bildmaterial: AFP, AP, dpa

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