Steinburger und Dithmarscher sollen für neun Millionen Euro bürgen
Multi-Purpose-Pier nur mit Hilfe der drei Gesellschafter der Wirtschaftsförderung egeb möglich / Linkspartei will notfalls Bürgerentscheid
Brunsbüttel
Es ist ein riskantes Geschäft: Um die ehrgeizigen Pläne für einen Multi-Purpose-Pier
im Brunsbütteler Hafen realisieren zu können, sollen die Steinburger
und Dithmarscher für rund neun Millionen Euro den Kopf hinhalten. Hinter
verschlossenen Türen befassten sich jetzt die Hauptausschüsse der Stadt
Brunsbüttel sowie der Kreise Steinburg und Dithmarschen in einer
gemeinsamen Sitzung mit dem brisanten Thema. Es geht dabei um drei
Bürgschaften von jeweils drei Millionen Euro.
Hinter dem Vielzweck-Anleger steht die von
den drei kommunalen Partnern getragene Wirtschaftsförderungsgesellschaft
egeb. In einem Hintergrundpapier für die Kommunalpolitiker verweisen
die Wirtschaftsförderer auf eine Marktuntersuchung der Uniconsult GmbH.
Die sieht gute Chancen für den Standort Brunsbüttel, sich als Hafen für
eine prosperierende Offshore-Industrie zu
positionieren. Mittelfristig, so heißt es in der Unterlage weiter,
könnten am Standort bis zu 700 neue Arbeitsplätze entstehen.
Voraussetzung ist allerdings ein Ausbau des Hafens. Eine erste
Planung hatte das Land angesichts leerer Kassen zurückgewiesen. Eine
zweite Variante soll erfolgversprechender sein. Vorgesehen ist ein neuer
Hafen westlich des Kernkraftwerks auf einer Fläche von rund acht
Hektar. Geschätzte Baukosten: Fast 26 Millionen Euro. Mit weiteren
Ausgaben liegt die Investitionssumme bei rund 33 Millionen Euro – vor
allem, weil Hinterlandflächen von Vattenfall zurückgekauft werden
müssten.
Vom Land liegt eine Förderzusage über rund 25 Millionen Euro vor.
Weitere neun Millionen Euro müssten vom Bauträger und damit der egeb
aufgebracht werden. Hier kommen die drei Gesellschafter wieder ins
Spiel. Eine Möglichkeit: Brunsbüttel, Steinburg und Dithmarschen stellen
das Geld aus eigenen Mitteln bereit. Hierfür müssten mutmaßlich Kredite
aufgenommen werden, die wiederum eine jährliche Zinsbelastung von
insgesamt rund 600 000 Euro mit sich bringen. Alternative: Die egeb holt
sich das Geld auf dem Kapitalmarkt. Dann müssten die Gesellschafter als
Bürgen einspringen. So oder so würden Stadt und Kreise bei einem
wirtschaftlichen Misserfolg in Haftung genommen.
Hinzu kommt: Die egeb drückt auf die Tube. Um nicht am Markt
vorbeizubauen, so die Wirtschaftsförderer, müsste der Hafen Ende 2016
stehen. Zwischen der Entscheidung für das Projekt und dem Festmachen des
ersten Schiffes liegen allerdings vier Jahre.
Steinburgs amtierender Landrat Dr. Heinz Seppmann betonte gestern auf
Nachfrage unserer Zeitung, dass ein endgültiger Zuschlag des Kreises an
Bedingungen geknüpft werde. Unter anderem müssten alle offenen
Rechtsfragen geklärt sein und die übrigen Gesellschafter sich
gleichermaßen an den Kosten beteiligen. Eine Entscheidung stellte
Seppmann für die September-Sitzung des Kreistages in Aussicht.
Aus den in den beteiligten Gremien vertretenen Parteien verlautete zu
dem Thema gestern nichts. Einzig die Steinburger Linke meldete sich zu
Wort. Fraktionschef Ernst Molkenthin monierte, dass die gemeinsame
Sitzung der drei Hauptausschüsse „aufgezogen gewesen sei wie eine
Kaffeefahrt, auf der Heizdecken angeboten werden“. Angesichts der
millionenschweren Ausfallbürgschaften forderte er mit Nachdruck eine
Minimierung jeglichen Risikos für die Steuerzahler. „Wir müssen einen
möglichen Schaden von der Bürgern abwenden“, sagte er. Notfalls werde
seine Partei das Thema sogar zum Gegenstand eines Bürgerentscheids
machen.
Volker Mehmel