Atom-Schrottfässer kommen weg
2015 will Vattenfall den nuklearen Müll
umverpacken – allerdings gibt es bislang weder genügend Behälter noch
Platz für die Zwischenlagerung
Brunsbüttel/Kiel
Wie viele kaputt sind, weiß niemand. Klar ist aber, dass alle 613
Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Abfall, die unter dem
Kernkraftwerk Brunsbüttel lagern, umverpackt werden müssen, weil viele
von ihnen verrostet sind. „Das ist ein sytematisches Problem“, sagt
Energiewendeminister Robert Habeck (Grüne). Vor allem ältere Fässer aus
den 80ern seien korrodiert.
„Die Lagerung in den Kavernen war nur für wenige Jahre gedacht. Aber
noch heute haben wir kein Endlager vollständig genehmigt und im Betrieb.
Die Probleme im Umgang mit Atomkraft und ihren Folgen wurden
unterschätzt. Der Einstieg in die Atomenergie war ein Irrweg, der nie
hätte eingeschlagen werden dürfen“, so Habeck. Zunächst sollen alle
Fässer inspiziert werden. Bei zwei Kavernen unter dem Kraftwerk seien
dazu Vorarbeiten nötig, um die radioaktive Belastung für die Arbeiter
gering zu halten. Denn zwischen den Fässern in den Kavernen wurde eine
Strahlung von 600 Millisievert pro Stunde gemessen, mehr als das
30-fache dessen, was ein Arbeiter in einer Stunde abbekommen darf. „Es
geht darum, die Sicherheit der Arbeiter bei der Bergung zu
gewährleisten“, sagt Habeck. Bei der Öffnung der Kavernen sei aber nur
ein minimaler Bruchteil an Strahlung gemessen worden.
Die Fässer sind von innen verrostet. Das Material sei nicht
ausreichend getrocknet worden, so Habeck. Er fordert Kraftwerksbetreiber
Vattenfall auf, die Bergung zügig voranzutreiben. Der Konzern hat dazu
gestern seine Pläne zur Umverpackung vorgestellt. „Unser Ziel ist, den
Inhalt der Fässer in endlagerfähige Konrad-Gusscontainer umzufüllen“, so Vattenfall-Geschäftsführer
Pieter Wasmuth. Allerdings seien die erst in einem Jahr verfügbar.
„Deshalb überlegen wir, Gusscontainer, die ursprünglich für Krümmel
gedacht waren, für Brunsbüttel zu verwenden.“
Da nicht alle umgelagerten Fässer in Brunsbüttel Platz finden, sei
perspektivisch daran gedacht, dass der Atommüll in eine neue
Transportbereitstellungshalle gebracht wird, die Vattenfall auf dem
Gelände des Kernkraftwerks errichten will, um den anfallenden Müll beim
Abriss des Kraftwerks unterbringen zu können, erklärte Habecks
Sprecherin Nicola Kabel. Kritiker fürchten, dass so ein heimliches
Endlager für Atommüll entstehen könnte, weil das geplante Endlager
Schacht Konrad frühestens in einigen Jahren in Betrieb geht. CDU und FDP
im Landtag fordern deswegen die Landesregierung auf, sich bei der rot-grünen
Regierung in Niedersachsen für eine schnellere Genehmigung von Schacht
Konrad einzusetzen. Doch dort seien umfangreiche Prüfungen nötig, hieß
es aus dem Ministerium.
Bundesweit lagern nach einer Studie der Uni Hannover rund 20 000 Fässer
mit schwach- und mittelradioaktivem Müll in deutschen Lagern. Etwa 2000
davon könnten nach Schätzungen von Experten der Atomaufsicht verrostet
sein. Allerdings erklärten die gestern, dass die Fässer in den anderen
beiden schleswig
-holsteinischen Kernkraftwerken
Brokdorf und Krümmel anders gelagert und häufiger inspiziert worden
seien als in Brunsbüttel und somit die Gefahr von Durchrostung „sehr
viel geringer“ sei.
Kay Müller
Fragen und Antworten unter www.schleswig-holstein.de/UmweltLandwirtschaft – Menü: „Reaktorsicherheit, Stahlenschutz“ – Menü: „FAQ zum Fund korrodierender Stahlblechfässer“