Strahlende Altlasten
Bundesgericht kippt Genehmigung für Zwischenlager in Brunsbüttel
Peter Höver
Da ordnet also der für die Atomaufsicht in Kiel zuständige
Umweltminister und erklärte Atomkraftgegner Robert Habeck an, ein
rechtswidrig betriebenes Standortzwischenlager für hochradioaktiven
Abfall in Brunsbüttel weiter zu betreiben – vorerst jedenfalls. Ein
wenig seltsam wirkt eine solche Entscheidung auf den ersten Blick schon.
Beim näheren Hinsehen aber wird klar, dass Habeck keine Alternative
hatte. Die in Brunsbüttel lagernden neun Castoren nach Brokdorf oder
Krümmel auslagern? Geht nicht. Die Zwischenlager hier sind allein für
Atommüll aus diesen Kernkraftwerken genehmigt.
Abzuwarten bleibt nun, ob nicht als nächstes Habecks atomrechtliche
Anordnung für die vorübergehende Duldung der Einlagerung beklagt wird.
Möglich wäre das. Offen ist außerdem, wie das Verdikt des
Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig auf andere, nach ähnlichen
Kriterien wie Brunsbüttel genehmigte Standortzwischenlager wirkt. Im
schlimmsten Fall bräche unter solchen Vorzeichen das bisherige
Entsorgungskonzept für deutsche Kernkraftwerke auf breiter Front in sich
zusammen.
Absehbar ist schon jetzt, dass die Planung für den Abriss des nach
einer Pannenserie seit Jahren stillgelegten Kernkraftwerks an der
Unterelbe ins Schleudern geraten wird. Mit den Brennelementen, die noch
im Reaktordruckbehälter installiert sind, ließe sich ein Dutzend
weiterer Castoren füllen. Nur entladen darf der Betreiber Vattenfall den
Meiler nicht – solange jedenfalls nicht, wie sein Zwischenlager in
Brunsbüttel nicht in technischer und rechtlicher Hinsicht genehmigt ist.
Völlig in den Sternen steht schließlich, wo denn nun die 21 Castoren am
Ende bleiben werden, die Deutschland aus dem britischen Sellafield
zurückholen muss. Da galt Brunsbüttel einmal als erste Adresse.
Unter dem Strich belegt das Leipziger Urteil einmal mehr, wie sehr
sich die Politik zur Geisel einer Technologie gemacht hat, die maximal
fehlerfrei und beherrschbar sein muss. Zum Glück ist sie ein
Auslaufmodell. Die Folgeprobleme sind damit noch lange nicht gelöst.