550 Millionen – Angebot für Prokon
Energiekonzern EnBW sieht Windkraftfirma als „perfekte“ Ergänzung / Gläubiger müssen über Insolvenzplan entscheiden
Karlsruhe /dpa/sh:z
Im Werben um die insolvente Windenergiefirma Prokon will der
Energieversorger EnBW 550 Millionen Euro in bar hinlegen. Die EnBW
bewertet Prokon damit zwar um 100 Millionen Euro niedriger als das
konkurrierende Genossenschaftsmodell. Unterm Strich würden die Anleger
und Gläubiger aber mit der EnBW besser fahren, versicherte EnBW-Finanzvorstand
Thomas Kusterer gestern in einer Telefonkonferenz. „Unser Angebot macht
Prokon zukunftssicher. Das Unternehmen wird handlungsfähig, wir
schaffen die Voraussetzungen für einen soliden Neuanfang.“ Der
Gläubigerausschuss des Unternehmens in Itzehoe (Kreis Steinburg) hat
EnBW zwar schon als „bevorzugten Investor“ ausgewählt. Die endgültige
Entscheidung, ob der drittgrößte deutsche Energiekonzern auch neuer
Prokon-Inhaber wird, fällt jedoch erst auf der
Gläubigerversammlung am 2. Juli in Hamburg. Dann müssen die rund 100 000
Gläubiger entscheiden, ob sie als Eigentümer die Prokon-Windparks
im Rahmen einer Genossenschaft fortführen oder das Vermögen an die EnBW
verkaufen wollen. Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin hat zu beiden
Modellen Pläne vorgelegt. Die Insolvenz sei für die Gläubiger „eine sehr
bittere Tatsache, weil sie in jedem Fall mehr als 40 Prozent ihres
eingesetzten Kapitals verlieren werden“, sagte Kusterer. Der Verlust sei
„unabänderlich“, egal, für welches Modell sich die Gläubiger
entscheiden.
Beim EnBW-Angebot würden aber alle
Gläubigergruppen „risikofrei und zeitnah eine substanzielle Barzahlung“
erhalten. Beim Genossenschaftsmodell erhielte hingegen „nur ein kleiner
Teil der Gläubiger“ wie Lieferanten und Banken eine sofortige
Barauszahlung. Genussrechtsinhaber, die 90 Prozent aller Forderungen
halten, müssten dagegen eine Anleihe zeichnen und – wenn sie sich für
eine Mitgliedschaft in der Genossenschaft entscheiden – ein
unternehmerisches Risiko eingehen.
Aus Sicht von Kusterer ergänzen sich EnBW und Prokon perfekt, „um die
Windkraft in Deutschland solide und gut finanziert weiter zu
entwickeln“. Die EnBW will für den Ausbau der erneuerbaren Energien bis
2020 rund 3,5 Milliarden Euro investieren und den Erwerb ausschließlich
mit eigenen Mitteln finanzieren. Die Genussrechtsinhaber müssten
abwägen, ob „ein schuldenbeladenes Unternehmen ohne starken Partner
wirklich bessere Chancen auf eine erfolgreiche Zukunft hat“.
Der Verein „Freunde für Prokon“ hat zuletzt für das
Genossenschaftsmodell geworben und mitgeteilt, dass die Gläubiger mit
der Genossenschaft „auch finanziell besser gestellt werden“. So würde
sich bei der Genossenschaftslösung eine Insolvenzquote von 58,9 Prozent
ergeben. Beim Investorenplan seien es lediglich 52,2 Prozent. „Der
einzelne Genussrechtsinhaber verliert damit pro 10 000 Euro angelegten
Kapitals 670 Euro mehr als im Genossenschaftsmodell“, warnte der
Vereinsvorsitzende Wolfgang Siegel.