Riesiger Schluck aus der Pulle
Kosten für geplanten Vielzweckhafen, an dem
die Kreise Steinburg und Dithmarschen sowie die Stadt Brunsbüttel
beteiligt sind, steigen weiter
Brunsbüttel/Itzehoe/Heide
Hiobsbotschaft für die Westküste: Eine schlimme Nachricht gab es am
späten Freitagnachmittag für die Mitglieder der Hauptausschüsse der
Kreise Steinburg und Dithmarschen sowie der Stadt Brunsbüttel. Der
geplante Vielzweckhafen in der Elbe, die Multi-Purpose-Pier, wird nach ersten Vorplanungen deutlich teurer. Die beauftragte Ingenieurgemeinschaft Böger und Jäckle aus Henstedt-Ulzburg
und Merkel Ingenieur Consult aus Kiel errechnete Kosten von mindestens
70 Millionen Euro. Die ersten Schätzungen waren von rund 30 Millionen
Euro ausgegangen. Und bereits bei der Vorplanung hatten sich die Kosten
pro Projektpartner um 48 000 Euro erhöht, stellte Carsten Sals aus der
Brunsbütteler Bauverwaltung klar. „321 000 Euro fallen für jeden ohnehin
an, egal ob wir weitermachen oder aufhören.“
Dementsprechend gedrückt, aber auch gereizt war die Stimmung im
Steinburger Kreistagssitzungssaal in Itzehoe. Daran konnte auch
Staatssekretär Dr. Frank Nägele nichts ändern, der extra in die
Kreisstadt gekommen war, um für eine Fortführung des Projekts zu werben.
Zwar könne die abschließende Zusage, mit welcher Summe sich das Land an
den Kosten beteilige, erst nach dem Planfeststellungsverfahren gemacht
werden. „Aber Sie können aber sicher sein, dass wir alle Mittel geben,
die bau- und förderrechtlich möglich sind.“ Und das sind bis zu 90
Prozent.
Die drei Projektpartner waren ursprünglich von jeweils rund einer
Million Euro ausgegangen, die nach Abschluss des Projekts auf sie
entfallen würden. Sollten die Variante III b, die von der
Ingenieurgemeinschaft bevorzugt wird, verwirklicht werden, würden bei
voller Förderübernahme durch das Land rund 2,34 Millionen Euro pro
Projektpartner übrig bleiben. Eine große Summe, die sich laut Frank
Nägele aber auf jeden Fall lohne. Dieser Hafen sei auch die Möglichkeit,
das Hinterland anzubinden und das vorhandene Industriegebiet endlich zu
entwickeln.
„Wir erleben hier gelebte Geschichte öffentlichen Bauens“, sagte
Nägele und da sei es nun einmal so, dass die Zahlen, die man im Kopf
habe, wenig Bestand hätten, „wenn ein Ingenieur draufguckt“. Dennoch sei
er überzeugt, dass man bei einem solchem Projekt nicht die Erfahrungen
mache, wie beim Flughafen in Berlin. „Häfen werden alle Tage gebaut, das
ist kein Unikat und das wird keine zweite Elbphilharmonie.“
Schwankungen von rund 30 Prozent seien jedoch immer zu berücksichtigen.
Veronika Kolb, FDP Dithmarschen, reichte das nicht. „Wir sind hierher
gekommen, um konkrete Zahlen zu hören.“ Aber die erhielt sie auch auf
Nachfrage nicht. Nägele: „Sie werden von mir keine Kostenversprechungen
hören, so lange kein Baurecht vorliegt.“ Der Staatssekretär im
Wirtschaftsministerium machte aber auch klar: „Das ist für alle ein
riesiger Schluck aus der Pulle, aber Sie haben von unserer Seite auch in
Abstimmung mit dem Ministerpräsidenten volle Rückendeckung und wir
möchten Sie ermutigen, dieses Projekt weiterzuführen.“ Und noch etwas
sagte Dr. Frank Nägele ganz deutlich: „Auch, wenn es zu einem Ausstieg
kommen sollte, werden wir die Region nicht allein lassen.“
Stefan Mohrdieck, bei dem als Brunsbütteler Bürgermeister die Fäden
zusammenlaufen, erklärte, dass die Planungen fortgesetzt werden sollen.
„Das Ziel ist das Baurecht, um den Förderantrag zu stellen.“ Parallel
würden Gespräche mit möglichen Betreibern geführt, um den tatsächlichen
Bedarf zu ermitteln. Selbstverständlich bestehe nach den neuesten
Informationen nun erst einmal Beratungsbedarf. „Wir brauchen dann aber
eine Entscheidung, um weitermachen zu können.“
Einen Dämpfer gab es von Rainer Naudiet. Der Sozialdemokrat sah das
Engagement seines Kreises Steinburg „an keiner Stelle gewürdigt“. Es
werde als selbstverständlich angesehen, dass der Kreis Steinburg auf
fremden Gebiet in Vorleistung gehe. „So ist eine Lösung mit Steinburger
Geld nicht in Sicht.“
Dithmarschen Landrat Dr. Jörn Klimant warb abschießend dafür, an dem
ehrgeizigen Projekt festzuhalten, von dem die gesamte Region profitieren
soll. „Es ist wichtig, dass wir die Klammer über allem nicht verlieren.
Und die muss jetzt in den Beratungen der einzelnen Gremien gefunden
werden. Fest steht: Entweder bekommen wir das gemeinsam hin oder gar
nicht.“
Sönke Rother