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Prokon: Großes Zittern um Geld und Jobs. WZ vom 14.01.2014

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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 14.01.14, 23:55  Betreff: Prokon: Großes Zittern um Geld und Jobs. WZ vom 14.01.2014  drucken  weiterempfehlen

Prokon: Großes Zittern um Geld und Jobs

Nach der Insolvenz-Drohung ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen das Unternehmen – Experten fordern strengere Regeln für „grauen Kapitalmarkt“

Itzehoe/kim

Die Prokon-Geschäftsführung in Itzehoe bleibt
dabei: Das Unternehmen sei im Kern gesund , auch 2013 sei ein
operativer Gewinn erzielt worden, heißt es auf der Internetseite des
Ökofinanziers. Viele neue Windparks seien im Bau, die 314 bereits
installierten Anlagen produzierten täglich über eine Million
Kilowattstunden Strom, mit dem auch Erlöse generiert werden.


Trotzdem ist die Verunsicherung bei den 75 000 Anlegern, die
Genussscheine im Wert von 1,4 Milliarden Euro bei Prokon gezeichnet
haben, groß. War am Wochenende noch die Rede von gekündigtem
Anlagekapital im Umfang von 150 Millionen Euro, so gab Prokon gestern
auf der Internetseite das Volumen mit 173 Millionen Euro an.
Offensichtlich haben viele Anleger – aufgeschreckt von der
Berichterstattung und dem Brief des Geschäftsführers – an der Reißleine
gezogen. In dem Schreiben hatte Firmengründer Carsten Rodbertus mit
einer Planinsolvenz bis Ende Januar gedroht, sofern mehr als fünf
Prozent des Genussrechtskapitals abgezogen werde. In erster Linie geht
es nämlich bei Prokon um Liquiditätsprobleme: Das mit bis zu acht
Prozent hoch verzinste Geld der Anleger wurde nicht auf die Bank gelegt,
sondern in „grüne“ Sachwerte investiert, die nicht von heute auf morgen
versilbert werden können. Bis zum 20. Januar sollten Anleger sich
erklären, ob sie ihre Genussanteile zunächst bis Oktober behalten, um
eine Insolvenz abzuwenden.


Inzwischen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Lübeck. „Wir prüfen,
ob ein Anfangsverdacht wegen Betruges und weiterer Wirtschaftsdelikte
besteht oder nicht“, bestätigte Oberstaatsanwältin Wenke Haker-Alm. Doch auch das will nicht viel heißen. In der Vergangenheit hatte die schleswig-holsteinische
Schwerpunktstaatsanwaltschaft mehrfach gegen Prokon vorermittelt – was
jedoch meist im Sande verlief. Anlass sind diesesmal zwei
Betrugsanzeigen gegen die Unternehmensgruppe. Ob am deutschen
Kapitalmarkt jetzt tatsächlich die größte Pleite seit Jahren droht, ist
derzeit nicht absehbar. Immerhin haben gestern Anleger neue
Genussscheine im Wert von über 700 000 Euro gezeichnet. Zudem wurden
seit Jahresbeginn Kündigungen im Wert von über neun Millionen Euro
zurückgenommen und der „Freundeskreis von Prokon“ hat sich gestern auf
über 2000 Mitglieder verdoppelt.


Handlungsbedarf sehen Kritiker des Finanzsystems trotzdem: „Der
eigentliche Skandal ist, dass die Politik den grauen Markt noch immer
nicht gebändigt hat“, sagte Klaus Nieding von der Schutzvereinigung für
Wertpapierbesitz (DSW). Vor allem der Bankenaufsicht Bafin sind die
Hände gebunden. „Prokon betreibt keine erlaubnispflichtigen
Bankgeschäfte und untersteht damit nicht der Aufsicht der Bafin“,
bestätigte eine Sprecherin. Unionsfraktionsvize Michael Fuchs mahnt, der
Staat dürfe „der Abzocke von Anlegern nicht tatenlos zusehen“.
Genussrechte könnten Verbraucher in den finanziellen Ruin treiben.
Prokon sei nur ein Beispiel in einer Reihe von Skandalen, erklärte der
Bundesverband der Verbraucherzentralen.


In Schleswig-Holstein spielt Prokon bei der
Erzeugung von Windenergie eher eine kleine Rolle. Derzeit sind im Norden
3600 Megawatt Windenergie installiert. Laut Prokon-Homepage gab es (Stand Ende November) Investitionen in fünf realisierte Windparks in Schleswig-Holstein mit einer Gesamtleistung von gut 37 Megawatt.


Die Mitarbeiter in Itzehoe halten trotz aller Turbulenzen zu
Firmengründer Rodbertus. Der sei „kein böser Wirtschaftskrimineller,
sondern wirklich jemand, der die Welt verbessern wolle“, erklärte eine
ehemalige Angestellte. Das Problem sei, „dass Prokon wahnsinnig schnell
gewachsen ist, zu schnell“. Investitionen, wie die in das Bio-Ölwerk in
Magdeburg und die Holz-Industrie Torgau seien
Fehlentscheidungen gewesen. Dazu noch der Ansatz, alles selbst zu
machen: „Der hat sich verzettelt.“ Trotzdem gebe es in der Firma ein
„ganz starkes Zusammengehörigkeitsgefühl“.


Auch viele Anleger sind davon überzeugt, dass Carsten Rodbertus mit
seinen Investitionen in Windenergie, Biogas und Biodiesel etwas Gutes
macht. „ Ich bin auf der Seite von Prokon“, berichtete gestern ein
Flensburger, der sich mit einer beachtlichen Summe bei Prokon engagiert
hat. Trotzdem habe er Anfang Dezember gekündigt, „da ich um die
schlimmen Folgen negativer Berichterstattung und das Schwarmverhalten
der Anleger weiß“. Dagegen könne sich Prokon nur mit viel Transparenz
wehren und indem es endlich den noch immer ausstehenden testierten
Jahresabschluss publik mache. „Gut möglich, dass ich dann die Kündigung
zurückziehe, schließlich handelt es sich bei Prokon um ein starkes
Unternehmen, das jetzt womöglich Opfer einer Kampagne wird.“


Die Oppositionsparteien CDU und FDP im Landtag forderten gestern von der
Landesregierung ein klares Signal zum Erhalt der Arbeitsplätze. Nach
dem Aus für die Druckerei Prinovis mit 1000 Mitarbeitern würde bei einer
Insolvenz innerhalb kürzester Zeit der zweite große Arbeitgeber in
Itzehoe verloren gehen. Gefährdet seien auch zahlreiche
Handwerksbetriebe. „Die ganze Region blickt mit großer Sorge auf
Prokon“, erklärte der Steinburger CDU-Landtagsabgeordnete Hans-Jörn
Arp. Ministerpräsident Torsten Albig und Wirtschaftsminister Reinhard
Meyer (beide SPD) seien in der Pflicht. Letzterer hatte gestern mit
Prokon Kontakt aufgenommen und ein Gespräch angeboten. Ob es eine
Reaktion aus Itzehoe gibt, wollte das Ministerium gestern Abend nicht
mitteilen.

In Zahlen: Das Unternehmen Prokon
Prokon
ist eine Unternehmensgruppe. Sie baut und betreibt Windparks und ist
seit 18 Jahren im Bereich der erneuerbaren Energien aktiv. Nach
Firmenangaben betreibt Prokon 314 Windräder in rund 50 Windparks
mit 526,2 Megawatt Leistung in Deutschland und Polen. Die
Unternehmensgruppe besteht aus diversen Einzelgesellschaften. Zeitweilig
waren es mehr als hundert Stück. In den vergangenen Monaten hat die
Prokon-Geschäftsführung versucht, diese Zahl zu reduzieren.
Zum Oktober 2013 beschäftigte Prokon 1306 Mitarbeiter. Insgesamt hatte Prokon zuletzt 75 115 Genussrechtsinhaber und ein Genussrechtskapital von knapp 1,4 Milliarden Euro. 2013 zahlte die Firma 300,4 Millionen Euro Zinsen an seine Anleger. Per 31. Oktober 2013 wies Prokon einen Verlust von 209,9 Millionen Euro aus.




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