„Wir lassen uns nicht verkohlen“
Großdemonstration gegen geplante Kraftwerke
Von Beate Meißner DLZ 16.2.09
Brunsbüttel – Mehrere hundert Menschen beteiligten sich am Sonnabend an der Großdemonstration gegen die geplanten Kohlekraftwerke, zu der ein Bündnis aus Bürgerinitiativen, Politik und Verbänden aufgerufen hatte. Aber auch viele besorgte Bürger schlossen sich dem Protestzug an.
Sie sagten es laut und deutlich und schrieben es auf die Stufen des Rathauses: „Wir lassen uns nicht verkohlen.“ Keine rückwärtsgewandte Energiepolitik, keine mit Schadstoffen belasteten Böden, kein Wilstermarschkäse von „Turbokühen“, keine Tonnen von Arsen, Blei, Quecksilber und Staub jedes Jahr aus den Schloten.
Die Angst vor Belastungen ist groß, auch wenn Betreiber in spe und politische Parteien in der Ratsversammlung mit Arbeitsplätzen und der Einhaltung der Grenzwerte argumentieren. Diese Ängste sollten die Verantwortlichen gefälligst wahrnehmen, forderte Landwirt Thomas Göttsche, der auch in Zukunft glückliche Kühe auf seinen Weiden haben will.
Die Wilstermarsch liegt in der Hauptwindrichtung der Emissionen. Die Landwirte dort wollen aber weiterhin saubere Böden und saubere Luft. Deshalb beteiligten sie sich mit rund 50 Treckern (die Hälfte der erwarteten) an der Demonstration, die zwar ein eindrucksvolles Bild boten, ihr Anliegen aber konterkarierten: Von sauberer Luft konnte in der Koogstraße angesichts der Abgase kaum eine Rede sein. Auch manch ein Zuschauer schüttelte angesichts des Widerspruchs zwischen den Forderungen und ihrer Darstellung den Kopf.
Prominenteste Rednerin war Bärbel Höhn, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Sie forderte: „Wir müssen uns dagegen wehren, dass die Nordseeküste vollgeknallt wird mit Kohlekraftwerken. Das ist Dinosaurierpolitik.“ Einer ihrer Kritikpunkte: der Wirkungsgrad von nur 46 Prozent. Sie favorisierte deshalb kleinere Kraftwerke wie in Dänemark mit einem Wirkungsgrad von über 90 Prozent.
Kritik von Zuhörern musste sich auch Karsten Hinrichsen, Sprecher der Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe, gefallen lassen. Er forderte die Linken und Vertreter der Marxistisch-Leninistischen Partei auf, ihre Fahnen einzurollen: „Wir sind parteiübergreifend.“ Nur für die Grünen gelte das nicht, weil die wenigen, die sich in der Bürgerinitiative engagierten, das auch bei den Grünen täten. Die waren aber so vernünftig, den „Stein des Anstoßes“ von sich aus wegzunehmen.
Die Angaben über die Teilnehmerzahlen gehen auseinander: Während Hinrichsen von 1000 Demonstranten sprach, schätzte die Polizei 400 bis 500. Die Bürgerinitiative wertete die Großdemonstration als Ansporn weiterzumachen. „Wir wollen versuchen, die Ratsmitglieder mit guten Argumenten zu überzeugen“, so Hinrichsen, der die Hoffnung hat, dass das auch gelingt: „Sonst würden wir nicht weitermachen.“