Bietigheim-Bissingen, 03. JULI 2008
Diskussion über Kraftwerk gefordert
Leibbrandt: Verwaltung wird sich nicht sperren
Arne Firjahn, Sprecher der Bürgerinitiative für Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe, fordert den Gemeinderat Bietigheim-Bissingen dazu auf, die Beteiligung an einem Kohlekraftwerk öffentlich zu diskutieren.
Die Stadt Bietigheim-Bissingen will, wie berichtet, in den nächsten zehn Jahren bis zu 70 Prozent des Energiebedarfs selbst erzeugen. 15 Prozent aus regenerativen Energien, 15 Prozent, wie bereits vorhanden, aus der Kraft-Wärme-Kopplung, 15 bis 20 Prozent aus einer geplanten Beteiligung an einem Gaskraftwerk und 20 Prozent über die Beteiligung der SüdWestStrom Kraftwerk GmbH & Co KG (SWS) an einem Kohlekraftwerk in Brunsbüttel.
Gegen dieses Kohlekraftwerk hat sich in Brunsbüttel die Bürgerinitiative Unterelbe formiert, die den Ausstieg von der Kraftwerksbeteiligung und dagegen die Förderung von ökologisch und wirtschaftlich sinnvolleren Lösungen fordert, wie etwa Gaskraftwerke im Verbund mit Windkraft- und Solarenergie-Anlagen, sowie Biomassekraftwerke mit Wärmeauskopplung. Insgesamt sind rund 60 kommunale Energieversorger beteiligt, Bietigheim-Bissingen gegenwärtig mit 2,6 Prozent Gesellschafteranteilen und mit acht Megawatt.
Der Sprecher der Initiative, Dr. Arne Firjahn, wirft Rainer Kübler, Stadtwerkechef in Bietigheim-Bissingen und gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der Südweststrom Kraftwerks GmbH, vor, bei der Beteiligung am geplanten Steinkohlekraftwerk in Brunsbüttel mit dem Verweis auf die Dena-Analyse einen wesentlichen Punkt zu verschweigen. So seien die Ergebnisse der Dena-Analyse in Bezug auf die zu erwartende Stromunterversorgung wegen "zweifelhafter Vorfestlegungen" bei Experten umstritten.
In ihrer letzten Kundenzeitschrift, so Firjahn weiter, würden die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen für das "moderne" Kohlekraftwerk werben, welches gegenüber alten bestehenden bis zu 30 Prozent CO2-Emissionen einsparen soll. Hierbei werde aber nicht erwähnt, dass dieses Kohlekraftwerk mit 1800 Megawatt eins der größten Kohlekraftwerke in Deutschland ohne Kraft-Wärme-Kopplung sein wird. Daher würden alle Umweltverbände wenigstens die Pflicht zur Kraft-Wärme-Kopplung bei neuen thermischen Kraftwerken fordern. Dazu sei auch der Standort in Brunsbüttel falsch gewählt worden, nämlich nur nach den Gesichtspunkten einer billigen Kohleanlandung und Elbedirektkühlung, gleichwohl seien keine geeigneten Wärmeabnehmer vorhanden.
"Soll in Bietigheim-Bissingen die Entscheidung über eine Beteiligung mit 12 bis 15 Millionen Euro so unwichtig und unwesentlich sein, dass alleine der Aufsichtsrat darüber entscheiden kann?", fragt Firjahn, der inzwischen auf die Stadt Tübingen verweist, die sich ebenfalls am Kohlekraftwerk in Brunsbüttel beteiligt.
Dort habe der Gemeinderat am Montag beschlossen, das Thema Beteiligung öffentlich zu behandeln. "Nun liegt es am Gemeinderat von Bietigheim-Bissingen, als Vertreter der Bürgerschaft, eine Beteiligung zu beantragen und die Entscheidung öffentlich im Gremium zu beraten - statt hinter verschlossenen Türen im Aufsichtsrat der SWBB", so der Sprecher der Bürgerinitiative Unterelbe.
Erster Bürgermeister Kurt Leibbrandt zeigte sich gestern offen gegenüber der Forderung der Bürgerinitiative. "Die Verwaltung von Bietigheim-Bissingen wird sich nicht dagegen stellen, nun muss der Gemeinderat sagen, was er will". Formal müsse dazu nur ein Antrag auf eine Debatte gestellt werden.
VON JÖRG PALITZSCH