18.11.2008
Deutsche senden Protestbrief
Schwanden/Brunsbüttel. – Im norddeutschen Brunsbüttel wehrt sich eine Bürgerinitiative gegen das geplante Kohlekraftwerk, an dem sich auch die SN Energie aus Schwanden beteiligen will. In einem Schreiben an die SN Energie, an die Glarner Parteien und selbst an einen Teil der Landräte warnt die Bürgerinitiative vor den wirtschaftlichen und ökologischen Folgen eines solchen Kraftwerkes. Eine öffentliche Diskussion darüber sei deshalb auch im Kanton Glarus nötig und zu führen.
«Grosse Bestürzung» an der Nordsee über SN-Kohlestrom
Die Bürgerinitiative für Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe in Deutschland trägt ihren Protest ins Glarnerland. Sie trägt der SN Energie, den Glarner Parteien und einem Teil der Parlamentarier in einem Schreiben ihre Argumente vor.
Von Fridolin Rast
Schwanden/Brunsbüttel. – Adressaten des «Protestschreibens» der Bürgerinitiative für Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe (BiGKU) sind die SN Energie und die Glarner Parteien. Angeschrieben habe man auch Parlamentarier, deren Mail-Adresse bekannt gewesen sei.
Die Bürgerinitiative und die Einwohner der Regionen Brunsbüttel und Wilstermarsch reagierten laut dem Schreiben «mit grosser Bestürzung» auf die Pläne der SN Energie. Diese will sich mit 20 Megawatt oder 1,1 Prozent der geplanten Leistung an Bau und Betrieb eines Steinkohlekraftwerks für 3,7 Milliarden Euro in Brunsbüttel westlich von Hamburg an der Unterelbe beteiligen.
Ökologischere Alternativen wählen
Die Kraftwerkbeteiligung sei ökologisch, wirtschaftlich und politisch von einer Tragweite, «die nicht von der SN Energie alleine, sondern von Ihnen im Kanton Glarus öffentlich diskutiert und entschieden werden sollte», schreibt die BiGKU. Sie bittet die SN Energie und die Glarner Parteien, die Verantwortung für Bürger und Klima wahrzunehmen: «Investieren Sie in ökologisch sinnvollere Lösungen wie Gas- oder Biomassekraftwerke mit Wärmeauskopplung im Verbund mit Windkraft- und Solarenergie-Anlagen.»
Wirtschaftliche Risiken aufzeigen
«Wir wollen öffentlichen Druck durch die Politik und die Bevölkerung aufbauen», sagt Arne Firjahn von der BiGKU zu den Gründen, den Protest ins Glarnerland zu tragen. Und vor allem wolle man die wirtschaftlichen Risiken aufzeigen, welche die SN Energie eingehe, wenn sie 41 Millionen Euro in ein Steinkohlekraftwerk an der Nordsee investiere. Sie bestehen laut der Bürgerinitiative darin, dass der Preis für Kohle und für CO2-Emissionsrechte künftig stark ansteigen würden. Und weil Windstrom bei der Einspeisung ins Netz gesetzlich Vorrang habe, könne das Werk Brunsbüttel gar nicht während einer wirtschaftlich nötigen Anzahl Stunden pro Jahr betrieben werden.
Der als Hauptinvestor vorgesehene spanische Energiekonzern Iberdrola sei aus dem Projekt ausgestiegen, weil er an der Wirtschaftlichkeit zweifle, so die BiGKU. Iberdrola sei aber auch Caring for Climate beigetreten, der globalen Initiative zur Bekämpfung des Klimawandels. Da sei Iberdrolas Ausstieg nur logisch, denn das Kraftwerk stehe «in unauflösbarem Widerspruch» zu den nationalen und europäischen Klimaschutzzielen.
Kinderarbeit für Kohlestrom?
Aber auch das Stadtparlament von Konstanz habe mit beeindruckender Mehrheit den Ausstieg aus dem Projekt der SüdWestStrom GmbH & Co. KG (SWS) beschlossen. Kinderarbeit in Entwicklungs- und Schwellenländern habe beim Entscheid eine wesentliche Rolle gespielt, erklärt die Bürgerinitiative: «In südamerikanischen Kohleminen arbeiten Kinder zwölf Stunden am Tag für Hungerlöhne, um Kohle zu fördern, die dann in Brunsbüttel zu über 50 Prozent ungenutzt verschleudert wird.»
Weil nämlich weniger als die Hälfte der Wärmeenergie zu Strom werde, «kommt jedes zweite Kohle-Schiff, das von weit her in Brunsbüttel anlegt, ausschliesslich, um den Fluss aufzuheizen», so die Bürgerinitiative. Neben Braunkohleverstromung gebe es gar keine ineffizientere und CO2-intensivere Art, Strom zu produzieren.
Und so viel Kohlendioxid, wie mit einer Beteiligung am SWS-Kraftwerk zusätzlich erzeugt würde, könne der Kanton Glarus mit allen denkbaren lokalen Initiativen gar nicht einsparen. Arne Firjahn verweist dabei auch auf das Moratorium für Kohlekraftwerke, welches WWF, Nein zur Kohle und die schweizerische Energiestiftung SES vom Bundesrat und den Kantonen fordern.
Gesetzeshürden in Deutschland
Brunsbüttel. – Die Bürgerinitiative für Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe (BiGKU) kämpft in Schleswig-Holstein gegen neue Steinkohlekraftwerke, die wegen des Kohletransports am Meer gebaut werden sollen. Dafür lägen sie fernab von möglichen Abwärmenutzern. Es wird nicht nur demonstriert: Im Verfahren zum Bebauungsplan würden Schritte geprüft, sagt Arne Firjahn von der BiGKU. Auch bei der Prüfung nach dem Immissionsschutzgesetz des Bundes arbeite man auf möglichst viele Einsprachen hin. Im Verfahren zur Nutzung von Kühlwasser wisse man die Umweltverbände an der Seite. Denn die ökologischen Auswirkungen auf die Elbe wären gross.
Die SN-Energie-Beteiligung von 20 Megawatt am Kraftwerk sei verantwortlich für jährlich 110 000 Tonnen CO2, so viel wie über 35 000 Autos produzierten, rechnet die BiGKU vor. Der SN-Anteil bedeute aber auch etwa die Emission von 75 Tonnen Kohlenmonoxid oder 11,1 Kilogramm Quecksilber und 13,7 Kilo Cadmium. Die Gemeinde Schwanden hält 17 Prozent an der SN Energie.