CO2-Speicher: Die Geest als Testfeld
4. Juni 2009 | 08:10 Uhr | Von Simone Schlüter
Gegen ein Endlager hatte vor der Anhörung im Foyer des Kreishauses eine Gruppe von Bürgern demonstriert.
Den Nordfriesen wurde gestern die Pistole auf die Brust gesetzt: Bei
einer öffentlichen Anhörung im Kreishaus in Husum brachen gleich drei
Experten eine Lanze dafür, in Nordfriesland und dem Nachbarkreis
Schleswig-Flensburg unterirdische Kohlendioxid-Endlager einzurichten -
letztlich damit Deutschland als Klimaschützer auftreten kann.
Zum
Thema hatte der nordfriesische Kreis-Umweltausschuss verschiedene
Referenten eingeladen. Und gleich zum Auftakt machte Prof. Dr. Andreas
Dahmke vom Institut für Geowissenschaften der Universität Kiel klar:
"Jegliche Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgase können eine
Klimaveränderung nicht verhindern." Deshalb ist für ihn CCS
"unverzichtbar."
"Wohin mit 80 Millionen Tonnen Kohlendioxid in Deutschland?"
Die
Abkürzung steht für "Carbon, Capture and Storage": Hinter dieser
Beschreibung verbirgt sich eine Technologie für die Abscheidung, den
Transport und die dauerhafte Speicherung des "Klimakillers".
Nordfriesland und auch der Nachbarkreis Schleswig-Flensburg sind für
das Ende des Prozesses, die dauerhafte Speicherung, in das Blickfeld
der RWE Dea AG gerückt. Denn im norddeutschen Raum gibt es
"salzwasserführende" Schichten im Erdreich, die am besten für ein
solches Endlager geeignet sein sollen. Die Tochter des Energie-Riesen
RWE plant bereits ein Kraftwerk mit integrierter Kohlevergasung in
Hürth (Nordrhein-Westfalen) und von dort eine Pipeline Richtung Norden:
zum Endlager. Heiko Oppermann (RWE Dea) stellte bei der Anhörung das
Projekt seines Unternehmens und die Vorgehensweise für die
bodenkundlichen Untersuchungen vor (wir berichteten).
Sein
Hauptargument fasste Dr. Felix Christian Matthes vom Öko-Institut in
Berlin mit der Frage zusammen: "Wohin mit 80 Millionen Tonnen
Kohlendioxid in Deutschland?" Der "Klimakiller" fällt nach seinen
Angaben nicht nur bei Braunkohlekraftwerken, sondern auch in der
Zement-, Eisen- und Stahlindustrie an. Matthes verschwieg jedoch nicht,
dass CCS nur eine "Übergangsfunktion" habe. "Wir kaufen uns Zeit." Doch
nach seiner Ansicht gibt es keine Alternative: CCS könne zwar nicht
risikofrei umgesetzt werden - dies sei aber nichts im Vergleich dazu,
was "passiert, wenn wir es nicht nutzen". Beide Referenten beschrieben
ausführlich die Dramatik des Klimawandels - und appellierten zwischen
den "Zeilen", deshalb diese Technologie zu ermöglichen. Aber: "Wir
betreten Neuland, was die Größenordnung der CO2-Einlagerung angeht",
erklärte Dr. Gabriela von Goerne von der Bundesanstalt für
Geowissenschaften und Rohstoffe (Hannover). Dennoch wollte sie von
"relativ geringen" Risiken ausgehen und plädierte wie Dahmke und
Matthes dafür, "im Kampf gegen den Klimawandel CCS vorbehaltlos zu
testen".
"Superkritisches Fluid mit den Eigenschaften eines Gases"
Dies
alles beruhigte einige Hundert Bürger und Politiker, die in das
Kreishaus gekommen waren, keineswegs. "Was passiert im Untergrund?" Auf
diese für sie entscheidende Frage gibt es noch keine Antwort - hierzu
laufen nach den Worten von Gabriela von Goerne weltweit Forschungen.
Und deshalb würden Demonstrations-Projekte wie in Nordfriesland
benötigt. Ihr Arbeitgeber stellt Regeln für das geplante
CCS-Bundesgesetz auf.
Die Ausgangslage hatte Prof. Dahmke so
beschrieben: Kohlendioxid als "superkritisches Fluid mit den
Eigenschaften eines Gases" werde in die Erde hinuntergepresst. Da es
leichter als Wasser sei, steige es auf und werde von Tonschichten und
durch Oberflächenkräfte gehalten. Dahmke sieht zwei Problemfelder:
Durch Bohrlöcher könne CO2 entweichen und das Grundwasser unter
Umständen auch durch Salze verunreinigt werden.
Der Professor hält das Risiko für Mensch und Tier jedoch selbst bei
einer "schlagartig großen Freisetzung" für "begrenzbar". Er betreut für
ein Bundesministerium ein CCS-Forschungsprojekt. Nach Dr. Matthes ist
das "größte Problem" jedoch "die Diffusion in der Horizontale - nicht
die nach oben".
ANDERS 04.06.2009 10:50
Früher
stand der Begriff Experte für Glaubwürdigkeit und Vertrauen - heute
ernennt sich jeder drittklassige Depp für irgendetwas selbst zum
Experten, wenn er das Wort Experte auch nur buchstabieren kann. Oder er
ist bezahlter Lobbyist, der die Würde anderer Menschen und deren Recht
auf ein unbeschadetes Leben mit Füssen tritt und dies scheinheilig mit
irgendwelchen Zwängen begründet. Diese drei Figuren, die sich Experten
nennen oder genannt werden, scheinen darüberhinaus auch noch völlig
ihren Verstand verloren zu haben. Ansonsten kann ich mir nicht
erklären, wie diese Leute dazu kommen sich mit ihrer kaltschnäuzigen
Arroganz und niederträchtig über die Ängste der hiesigen Bewohner
hinwegzusetzen und uns zu Versuchskaninchen machen zu wollen. ...selbst
bei einer schlagartigen großen Freisetzung ist das Risiko
begrenzbar..., soll das heißen, nachdem die Bevölkerung erstickt ist,
bleibt das Land immerhin weiterhin nutzbar- oder wie ??
Um es mal
ganz deutlich zu sagen: Jeder Besucher ist willkommen, aber jeder der
mit dem Ansinnen kommt uns diese unheilbringende "Technik"
unterzujubeln soll sich mitsamt sämtlicher einschlägiger Experten zum
Teufel scheren.