Schwäbisches Tagblatt - 14.04.2010

Rückzug aus Brunsbüttel

Zwei Schweizer Investoren steigen aus dem Kohlekraftwerk aus

Die Klima-Allianz freut sich über einen „herben Rückschlag“ für das von der Südweststrom geplante Kohlekraftwerk in Brunsbüttel: Zwei Schweizer Stromkonzerne wollen sich aus dem Großprojekt zurückziehen.

Sepp Wais

Tübingen. Zwei Monate nach dem Ausstieg des Baslers Energieversorgers EBM erklärten jetzt auch die Groupe E und die Romande Energie, dass sie sich nicht mehr am Bau des auf 3,2 Milliarden Euro veranschlagten Kohlekraftwerks beteiligen wollen. Um aus dem Südweststrom-Projekt rasch herauszukommen, suchen beide Versorgungsunternehmen nun Käufer für ihre Beteiligungen.

Die Groupe E und die Romande Energie, die in den westschweizer Städten Morges und Freiburg ansässig sind, hatten bei ihrem Einstieg einen beträchtlichen Teil der vom Südweststrom-Verbund in Brunsbüttel angepeilten Erzeugungskapazität gebucht: 100 Megawatt, mithin etwa ein Achtel des ersten Kraftwerksblocks. Zum Vergleich: Die Tübinger Stadtwerke haben ihr Engagement auf sieben Megawatt begrenzt.

In einer Presseerklärung begründeten beide Firmen ihren Rückzug damit, dass sich das Projekt „in einer Richtung weiter entwickelt habe, die nicht mehr den ursprünglichen Zielen“ entspreche. Beispielsweise deswegen, weil der Strom aus Brunsbüttel teurer als erwartet werde. Auch stecke die Südweststrom noch immer in der Entwicklungsphase und sei bereits zwei Jahre im Verzug. Überdies sei noch immer nicht klar, wie viel der CO2-Ausstoß des Kohlemeilers kosten werde. Diese „finanzielle Unbekannte“ finden beide Firmen „Besorgnis erregend“.

Von der Südweststrom-Geschäftsführung war gestern dazu keine Stellungnahme zu bekommen. Von der bundesweit agierenden Klima-Allianz und den Umweltschützern in Brunsbüttel hingegen wurde die Nachricht überschwänglich gefeiert. Sie forderten alle übrigen beteiligten Versorgungsbetriebe auf, sich ebenfalls aus dem „klimaschädlichen Risiko-Projekt“ zu verabschieden.

Dazu sieht Achim Kötzle, der energiewirtschaftliche Chef der Tübinger Stadtwerke, nach wie vor keinen Anlass. Seiner Ansicht nach ist der Ausstieg der Schweizer mit dem „heftigen Gegenwind von ihren Kunden“ zu erklären: „Die sehen nicht ein, dass der eigene Strom aus Wasserkraft teuer ins Ausland verkauft wird und dass sie dafür Kohlestrom von der Elbe bekommen sollen.“ Für Kötzle bleibt es dabei: „Entschieden wird erst beim Baubeschluss, wenn die Kosten auf dem Tisch liegen.“

Quelle: http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/tuebingen_artikel,-Zwei-Schweizer-Investoren-steigen-aus-dem-Kohlekraftwerk-aus-_arid,97742.html