nomos
Beiträge: 79
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Erstellt: 16.11.10, 11:31 Betreff: Re: Öko als Vorwand für höhere Strompreise? |
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Umgekehrt wird ein Schuh daraus!
Zitat:
Durch mehr Ökostrom sinken in der Regel aber auch die Einkaufspreise für Strom, deshalb muss die Umlage nicht 1:1 an die Kunden weitergegeben werden. |
Dieses Märchen wird immer wieder erzählt. Wer glaubt das noch? Aufgeklärte Verbraucher sicher nicht! Der Nachweis dazu fehlt bis heute. Von einer "Regel" und sinkenden Einkaufspreisen im Zusammenhang mit "ÖKO"-Strom wird da wieder einmal geschrieben. Warum haben wir dann als Solarweltmeister mit die höchsten Strompreise in Europa mit weiter steigener Tendenz, wenn dieser Strom angeblich die Preise drückt?
Mit im weiterem Tarnen und Täuschen wird die Akzeptanz für "ÖKO" nicht gefördert, das Gegenteil ist der Fall. Bei der Einspeisung kostet der geförderte deutsche Solarstrom im Schnitt noch rund 50 cent/kWh. Daran ändert kein Merit-Order-Effekt etwas. Dass die Versorger die EE-Umlage, die den Strompreis der Verbraucher ab 1.1.11 um 4,20 cent/kWh verteuert, 1:1 weitergeben ist nachvollziehbar und legitim. Kostensteigerungen, dazu gehört auch diese Umlage, werden sich letztendlich immer in den Preisen niederschlagen.
Selbstverständlich müssen Kostensenkungen, z.B. günstigere Großhandelspreise, sich ebenfalls im Preis wiederfinden. Dass die Versorger (Großkonzerne, Stadtwerke ..) das nur unzureichend tun und hier Profitopitmierung betreiben ist auch offenkundig. Verbraucher sollten wenigstens den Wettbewerb befördern und die Angebote nutzen und wechseln. Die Vermischung der berechtigten Kritik an der extremen Solarförderung und den Auswirkungen auf die EEG-Umlagen mit dem zweifelsfrei kritikwürdigen Verhalten der Oligopolisten ist ein immer wieder festzustellender Ablenkungsversuch von der unwirtschaftlichsten und für die Verbraucher teuersten Stromerzeugung. Fakt ist, dass ab Januar die Stromverbraucher einschließlich der darauf entfallenden Mehrwertsteuer 4,20 cent je Kilowattstunde für die erneuerbaren Energien zusätzlich bezahlen. Die Umlage sollte den Strompreis erst gegen Mitte des Jahrzehnts maximal mit rund einem Drittel dieses Betrages belasten und dann wieder rasch sinken. Alle Ankündigungen und Solar-Prognosen wurden mit schöner Regelmäßigkeit von der Wirklichkeit eingeholt. Jetzt läuft die Belastung für die Verbraucher aus dem Ruder.
Nicht wegen der optimalen Bedingungen, sondern aufgrund der extremen ungedeckelten Förderung ist Deutschland am 49/50. nördlichen Breitengrad Solarweltmeister. Fast jeden Tag gibt es Artikel in den Tageszeitungen von neuen renditeträchtigen PV-Investitionsangeboten. Keine andere erneuerbare Energie wird so extrem zu Lasten der Verbraucher gefördert. Über den Sinn kann man trefflich streiten, über die Ergebnisse und Folgen muss man es. Die unzuverlässige und nicht bedarfsgerechte Erzeugung bedingt weitere Kosten. Speicher und Netze müssen ausgebaut und finanziert werden, auch das soll der Verbraucher noch zusätzlich bezahlen.
Den Profit den Investoren und der Solarbranche, die Kosten den Verbrauchern, so läuft das ungute Spiel jetzt schon seit Jahren. Vor allem langfristige Subventionen sind fragwürdig und oft schädlich, das zeigt sich jetzt überdeutlich bei der grenzenlosen deutschen Solarförderung. Die Renditen sind für Investoren heute zweistellig und zwanzig Jahre garantiert. Kein Bundesschatzbrief kann da mit einer Verzinsung von unter zwei Prozent konkurrieren. Die jetzt sichtbaren Auswirkungen auf den Strompreis können aufgeklärte Verbraucher kaum überraschen.
Dass die Versorger die zusätzlich entstehenden Kosten der EE-Umlage in den Preisen weitergeben ist verständlich. Nur darf erwartet werden, dass das auch bei Kostensenkungen geschieht. Die Kosten der erhöhten EEG-Umlage dürften zu einem großen Teil durch deutlich gesunkene Großhandelspreise kompensiert werden. Das ist aber keine Rechtfertigung für die überzogene Förderung. Preissenkungen sind nicht mit unwirtschaftlichen Kosten und zweistelligen Renditen zu kompensieren, sie müssen beim Verbraucher ankommen.
Selbst die sinkenden Großhandelspreise sind noch viel zu hoch. Nicht ohne Grund erhielt das Kartellamt aktuell vom Wirtschaftsminister (wieder einmal) den Auftrag, die Großhandelsmärkte für Strom und Gas genauer unter die Lupe nehmen. Auch andere Kosten sind rückläufig, zum Beispiel wurde die Umlage aus dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz gesenkt.
Das eine sind unfaire Großhandelspreise der Konzerne. Das andere ist, dass selbst wenn diese unfairen Preise sinken, die übrigen Versorger (Stadtwerke & Co.) diese Senkung der immer noch unfairen Preise nicht weitergeben. Man hat sich längst ein Beispiel an den Großkonzernen genommen und praktiziert ebenfalls die Profitoptimierung.
An Anbieter und Tarifen ist beim Strom in der Zwischenzeit kein Mangel mehr. Der Aufruf zum Wechsel zum billigeren Anbieter ist ok, es ist noch das wirksamste Mittel, das der einzelne Verbraucher zur Verfügung hat. Hilfe, eine wirksame Interessenvertretung und Unterstützung findet er selten. Der Wechsel ändert aber an der Situation bei der oligopolistischen Stormerzeugung grundsätzlich nichts. Auch ein weiterer deutscher kostenträchtiger Solarboom ändern daran nichts. Das Oligopol wird eher noch gestärkt. Ohne politische Korrekturen, ohne die Kartellbehörden und ohne den Gesetzgeber wird sich hier nicht wirklich etwas ändern.
Wenn z. B. jetzt von den Stadtwerken Schwäbisch Hall den grundversorgten Kunden eine Strompreiserhöhung um über 11 Prozent angekündigt wird, muss das kein dortiger Kunde hinnehmen, es gibt genügend Alternativen zum Wechseln. Nur wer als Verbraucher die Angebote nutzt, befördert den Wettbewerb. Mit den "großen Vier" hat das zunächst wenig zu tun.
.. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat das richtig gesehen:Pressemitteilung
Energiekonzept: Mehr Klima für weniger Geld möglich
vzbv-Fazit: Ziel des effizienten Umbaus des Energie-und Verkehrssystems nicht erreicht
28.09.2010 - Als zu teuer für die Verbraucher bezeichnet der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) das Energiekonzept der Bundesregierung, das heute im Kabinett verabschiedet werden soll. Es sei zu wenig ambitioniert und vor allem nicht kosteneffizient. "Mit dem Energiekonzept hat die Bundesregierung eine Chance verpasst, den klimagerechten Umbau des Energie- und Verkehrssystems bei geringst möglichem Mitteleinsatz zu erreichen", so vzbv-Vorstand Gerd Billen. "Zum Klimaschutz gibt es keine Alternative, wohl aber zu Instrumentenmix und Ressourceneinsatz." In einer Stellungnahme kommentiert der vzbv das Energiekonzept und macht Vorschläge zur Weiterentwicklung.
So unterstützt der vzbv die Ziele des Energiekonzepts, kritisiert aber die Ineffizienz der vorgesehenen Instrumente und Maßnahmen. Einer üppigen Solarförderung, Fehlsteuerungen bei den Regionalisierungsmitteln für den Schienenverkehr oder Milliardengewinnen der Energiekonzerne durch die AKW-Laufzeitverlängerungen stünden mangelnde Ressourcen für die Gebäudesanierung oder für den Aufbau zukunftsfähiger Verkehrskonzepte gegenüber. Billen: "Dieses Ungleichgewicht hat zur Folge, dass die Belastungen für die Verbraucher massiv zunehmen werden, ohne dass die Belastungen für Klima und Umwelt entscheidend reduziert werden."
Klimaschutz dürfe keine Selbstbedienungsmentalitäten einzelner Branchen bedienen, sondern müsse aus der Mitte der Gesellschaft gedacht werden.
Die Befürchtung, dass auf Verbraucher massive Belastungen zukommen während die Klimawirkungen in Relation zum Mitteleinsatz gering ausfallen werden, untermauert der vzbv mit folgenden Beispielen:
Die Solarförderung wird 2011 circa 7 Milliarden Euro kosten und den Strompreis um bis zu 10 Prozent erhöhen, ohne den Anteil der Erneuerbaren Energien wesentlich zu steigern. Hauseigentümer müssen für die energetische Gebäudesanierung in den nächsten vierzig Jahren jährlich bis zu 15 Milliarden Euro investieren. Obwohl eine Förderung von 5 Milliarden jährlich notwendig ist, soll die staatliche Unterstützung im Jahr 2011 lediglich 950 Millionen Euro betragen, die Förderung der Folgejahre steht noch gänzlich in den Sternen. Der notwendige Ausbau der Stromleitungen verschlingt in den nächsten zehn Jahren jeweils 4 Milliarden Euro pro Jahr. Die geplante Änderung des Regulierungsrahmens zugunsten der Netzbetreiber wird unnötig zu höheren Strompreisen führen. Auch ein flächendeckender Einbau intelligenter Zähler mit einer Abwälzung der Kosten über die Netzentgelte wird die Haushaltskunden zusätzlich belasten, obwohl der Einsatz dieser Zähler nur bei wenigen Haushalten wirtschaftlich Sinn macht. Obwohl jährlich 11 Milliarden Euro in den Schienenverkehr fließen, ist es bislang nicht gelungen, den Verkehrsanteil der Schiene signifikant zu erhöhen. Ohne die Fehlinvestitionen in Prestigevorhaben und durch eine effiziente Verwendung der Regionalisierungsmittel kann mehr Schienenverkehr für die Verbraucher erreicht werden.
Wir brauchen einen Marktwächter
Um Ineffizienzen bei der Gebäudesanierung, beim Netzausbau, bei der Förderung Erneuerbarer Energien und im Schienenverkehr aufzudecken, fordert der vzbv einen starken Marktwächter. Eine solche Institution müsse die Entwicklungen im Energie- und Verkehrssektor aus Verbrauchersicht analysieren und bewerten, wie kosteneffizient die auf den Weg gebrachten Instrumente und Maßnahmen für den Klimaschutz sind.
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[editiert: 16.11.10, 13:51 von nomos]
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