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Exkremente für das Erdgas-Netz. WZ vom 23.08.2011

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Autor Beitrag
Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 24.08.11, 23:51  Betreff: Exkremente für das Erdgas-Netz. WZ vom 23.08.2011  drucken  weiterempfehlen



Exkremente für das Erdgas-Netz

Abwasser als Energiequelle: Hamburger Kläranlage gewinnt Biogas und speist es ein / Europaweit einmaliges Projekt

Hamburg

Die Spülung wird gedrückt. Für viele Deutsche endet die Geschichte
damit bereits. In der Hansestadt an der Elbe ist das nicht anders. Die
Fäkalien werden heruntergespült. Ende. Doch inmitten des Hamburger
Hafengebietes beginnt mit genau so einer Spülung die Geschichte über ein
europaweit bislang einzigartiges Projekt. Denn die Hansestadt verfügt
über die einzige Kläranlage, die nicht bei der Selbstversorgung auf
Faulgas setzt, sondern dieses auch noch zu Erdgas aufbereitet und ins
Netz einspeist. Klärschlämme werden hier also zur Grundlage der
Energieversorgung.


1,35 Millionen Kubikmeter Klärschlamm bleiben jährlich in
Köhlbrandhöft über, wenn das Abwasser – 400 000 000 Liter täglich – die
verschiedenen Reinigungsprozeduren durchflossen hat. Früher wurde diese
schwarze, dickflüssige Masse noch auf Deponien gelagert. Inzwischen ist
dies jedoch durch die EU verboten. Nicht verboten, aber doch umstritten
ist das Ausbringen von Klärschlamm auf den Feldern.


Die zehn jeweils 30 Meter hohen, silberfarbenen Faultürme von
Köhlbrandhöft sind selbst von Weitem noch gut zu erkennen. Für das
Industriegebiet im Hafen haben sie einen hohen Wiedererkennungswert. Ihr
Inneres bietet Platz für insgesamt acht Millionen Liter Klärschlamm,
der dort im Dunkeln gärt und von Bakterien zersetzt wird. Die Masse des
Schlammes wird reduziert. Stattdessen entstehen 90 000 Kubikmeter
Faulgas – Tag für Tag. Üblicherweise dienen Faulgase den Kläranlagen
dazu, sich selbst mit Energie zu versorgen. Doch im Falle Hamburgs wird
sogar ein Überschuss produziert – und der gab den Anstoß für die kleine
Revolution im Hamburger Hafen. Rund drei Millionen Euro wurden in eine
Anlage investiert, die in einem Gebäude direkt neben den Faultürmen
versteckt ist. Diverse Röhren und Leitungen kreuzen sich hier. Ventile
und verschiedene Anzeigetafeln sind zu sehen. Aus Faulgas, das zu 60
Prozent aus Methan besteht, wird Erdgas mit einem Methananteil von rund
90 Prozent gemacht und seit März dieses Jahres ins Erdgasnetz
eingespeist. Biogas aus Abwässern.


Momentan ist die Zahl der Endkunden noch überschaubar. 1500 sollen es
laut Hamburg Wasser aktuell sein. Potenzial bieten Technik und Gas-Menge
allerdings – zumindest rechnerisch – für bis zu 120 000 Haushalte. Zur
Veranschaulichung der Dimensionen: Das entspricht in etwa der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel. Ob es künftig noch eine Ausweitung des Gas-Verkaufs
geben könnte, ist unklar. „Momentan planen wir mit den 18 000
Megawattstunden“, sagt Ingenieur Arnold Schäfer in Köhlbrandhöft. Laut
Carsten Roth, Sprecher bei Hamburg Wasser, gibt es aber Überlegungen,
die hauseigene Fahrzeugflotte der Tochterfirma Hamburg Energie – die
auch für den Vertrieb des Gases zuständig ist – mit dem Kläranlagen-Gas zu betreiben.


Dass das Konzept aus Hamburg einen Vorbild-Charakter
haben kann, ist allerdings eher unwahrscheinlich. Denn die Situation in
Hamburg ist speziell. Die Hansestadt verfügt auf dem europäischen
Kontinent über das älteste Wasser- und Abwassersystem. Europaweit
verfügt nur London noch früher über ein umfassendes Kanalsystem. Die
Folge: Hamburgs Netz ist sehr zentralisiert aufgebaut, es verfügt
letztlich nur über eine einzige Anlage. Die Werke Dradenau und
Köhlbrandhöft arbeiten als Verbund. Schäfer räumt ein, dass andere
Klärwerke es daher wohl schwer haben dürften, einen ähnlichen Weg bei
der Gasproduktion zu gehen – die Mengen pro Werk fallen halt geringer
aus. Berlin beispielsweise verfügt über sechs unabhängig voneinander
arbeitende Anlagen. Dort kann man sich einen solchen Schritt wie in
Hamburg jedoch nicht vorstellen. „Momentan ist die Energieeffizienz und
Höhe des erreichbaren Wirkungsgrades noch nicht so zufriedenstellend,
dass sich bereits jetzt weitere ernsthaftere Überlegungen in diese
Richtung lohnen“, sagt Stephan Natz, Pressesprecher der Berliner
Wasserbetriebe. Zunächst einmal sei es das Ziel, mit der Verwendung der
Faulgase eine „energieautarke“ Kläranlage zu erhalten. Im Falle von
Köhlbrandhöft ist dies – zumindest rechnerisch – bereits der Fall, wie
Arnold Schäfer erklärt. Real lag die Selbstversorgung beim Strom vor
einigen Monaten noch bei 80 Prozent. „Doch 80 Prozent waren uns nicht
genug“, so Schäfer. Nun drehen sich inmitten des Hamburger Hafen- und
Industriegeländes zwei Windkrafträder.
Till H. Lorenz






Was sind Klärschlämme?
Klärschlamm
fällt bei der Abwasserreinigung an. Er enthält unter anderem Nitrate
und Phosphate. Gerade deswegen sind Klärschlämme auch als Düngemittel
für die Landwirtschaft interessant. Daneben können Klärschlämme aber
auch gefährliche oder für den Menschen gar giftige Stoffe wie etwa
Schwermetalle enthalten. Zuletzt hatte das Auftreten des gefährlichen
EHEC-Bakteriums die Diskussion um die Ausbringung von Klärschlämmen auf Feldern erneut angefacht.
til







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