Keine Länder-Mehrheit für CCS
Umfrage unserer Zeitung ergab: Bund droht Niederlage im Bundesrat / Länder lehnen Haftungszwang für CO2-Speicher ab
Kiel/Hamburg/Berlin
Am Freitag nächster Woche ist es so weit: Das Gesetz zur unterirdischen Kohlendioxid-Speicherung
(CCS) kommt in den Bundesrat. Die Länderkammer ist die letzte Hürde,
die die Bundesregierung mit ihren umstrittenen Plänen noch nehmen muss.
Doch wie es aussieht, droht sie dabei zu scheitern. Eine Umfrage unserer
Zeitung unter den 16 Ländern ergab, dass die Koalition keine Mehrheit
für das CCS-Gesetz im Bundesrat finden wird.
Voraussichtlich kommen bei der Abstimmung am Freitag nächster Woche
höchstens 32 von 69 Stimmen für ein Ja zusammen – 25 von den schwarz-gelb regierten Ländern sowie bis zu 7 von großen Koalitionen. Auch bei einem Vorab-Votum
im vertraulich tagenden Umweltausschuss des Bundesrats kam am letzten
Donnerstag keine Mehrheit zustande. Vielmehr haben neun Länder mit
zusammen 37 Stimmen ein Anrufen des Vermittlungsausschusses gefordert.
Sie lehnen eine Regelung im CCS-Gesetz ab, die sie zwingen kann, 30 Jahre nach Stilllegung der CO2-Speicher die Schadenshaftung vom Betreiber zu übernehmen.
Offen zu den Koalitionsplänen bekennen sich bisher nur drei Länder: Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Seit ein Vetorecht für die Länder gegen CO2-Speicher
auf deren Gebiet im Gesetz steht, haben diese Landesregierungen im
Norden keine Einwände mehr. Fünf Regierungen kündigen dagegen an, das
zustimmungspflichtige Gesetz nicht zu unterstützen: die von Rot und Grün
regierten Länder Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bremen sowie die rot-roten Länder Berlin und Brandenburg. „Wie es aussieht, wird Baden-Württemberg
ablehnen oder sich enthalten“, erklärt etwa Ralf Heineken, Sprecher des
Stuttgarter Umweltministers Franz Untersteller (Grüne). Eine Enthaltung
wirkt wie ein Nein. Der Potsdamer Regierungschef Matthias Platzeck
(SPD) will die CCS-Technik zwar einführen – aber nicht als einziger. Er lehnt daher das Vetorecht für die Länder ab und will es noch kippen.
Mit Brandenburg votierte auch das SPD-regierte
Hamburg im Umweltausschuss des Bundesrats gegen diese Länderklausel.
Auf Anfrage legt sich die Hansestadt offiziell zwar nicht fest, hat aber
im Umweltausschuss ebenso ein Vermittlungsverfahren gefordert wie
Thüringen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Die
beiden letztgenannten Länder dürften dem Gesetz die Zustimmung auch
schon deshalb verweigern, weil die Grünen mitregieren. Sie sind
prinzipiell gegen die CCS-Technik, da die weiter auf Kohlekraftwerke setzt.
Auch die große Koalition in Sachsen-Anhalt wird sich wegen der Proteste gegen ein geplantes CO2-Lager in der Altmark womöglich enthalten, heißt es aus Regierungskreisen. Vor allem SPD-Abgeordnete sind gegen die Technik. Aber selbst CDU-Staatskanzleichef
Rainer Robra sagte kürzlich: „Solange Gefahren nicht völlig
auszuschließen sind, wird die Landesregierung der Lagerung von CO2
nicht zustimmen.“ Tatsächlich sind einige Risiken ungeklärt: Kritiker
fürchten, dass beim unterirdischen Verpressen des Kohlendioxids
Salzwasser ins Grundwasser gedrängt wird – aber auch, dass das Gas
wieder aus der Erde austritt. Der Bund hingegen befürwortet die CCS-Technik, da sie den Ausstoß des Klimakillers CO2 verringern hilft.
Doch sogar die von Union und FDP regierten Länder Bayern, Hessen und
Sachsen legen sich nicht fest. „Wir stimmen uns noch intern ab“, heißt
es unisono. Sachsens Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) hat aber
bereits Kritik am Vetorecht geübt. Möglich daher, dass auch Sachsen sich
enthält. Aber selbst falls diese drei schwarz
-gelben Länder zustimmen und Sachsen
-Anhalt seine Bedenken zurückstellt, kämen insgesamt nur 32 Stimmen für das Gesetz zusammen – drei zu wenig.
Henning Baethge