Zoff um gescheiterte Länderklausel
Unterirdische Speicherung von Kohlendioxid: Schlagabtausch im Landtag zwischen Ministerpräsident Carstensen und SPD-Fraktionschef Stegner
Kiel
Das umstrittene CCS-Gesetz ist im Bundesrat
gescheitert. Jetzt sucht der Landtag in Kiel nach Wegen, die
unterirdische Speicherung von Kohlendioxid vielleicht doch noch zu
blockieren. Ob ein solcher Vorstoß auf Bundesebene mehrheitsfähig ist,
steht allerdings in den Sternen.
Mit dem CCS-Gesetz war zugleich eine Klausel gekippt worden, die Schleswig-Holstein
und Niedersachsen durchgedrückt hatten. Danach sollten Bundesländer die
Möglichkeit erhalten, unterirdische Speicher für das Klimagas
Kohlendioxid auszuschließen.
In einer Aktuellen Stunde des Landtags machten sich Koalition und Opposition gegenseitig für das Scheitern des CCS-Gesetzes und damit auch der Länderklausel verantwortlich. „Letztendlich hat die Kohle-Lobby
in der SPD die Oberhand behalten“, sagte Ministerpräsident Peter Harry
Carstensen (CDU). „Sie bringen nichts zuwege, und die SPD ist an allem
Schuld“, konterte Oppositionsführer Ralf Stegner.
Carstensen sprach von einer „unheilvollen Allianz“ aus SPD-geführten Bundesländern wie Hamburg, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen. Auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter
Steinmeier und Parteichef Sigmar Gabriel hätten sich mehrfach gegen die
Länderklausel positioniert. „Den besorgten Menschen in Schleswig-Holstein haben Sie damit eine Ohrfeige verpasst.“
Stegner sprach von einer „Jammerlappen-Koalition“ aus CDU und FDP, die erst angesichts massiver Widerstände in der Bevölkerung vom Befürworter zum Gegner der CCS-Technologie geworden sei. Der SPD-Politiker räumte zugleich ein, dass es in seiner Partei unterschiedliche Auffassungen zur CCS-Technologie gebe. Wie Linke und SSW warf er der Landesregierung Verhandlungsschwäche beim Bund vor. Der SSW-Abgeordnete
Lars Harms sagte, es sei „eine gute Sache, dass dieses schlecht
gemachte Gesetz abgelehnt wurde“. Die Länderklausel sei nur ein
„Papiertiger“ gewesen, sagte Uli Schippels von den Linken.
Carstensen und Redner der Koalition wiesen die Kritik zurück. „Warum in aller Welt haben sich die Kohle-Länder
derart ins Zeug gelegt, um die Länderklausel zu verhindern?“, fragte
er, um die Antwort gleich nachzuschieben: „Die Länderklausel war
sicher.“ Ob ein von der EU erzwungenes und inzwischen drei Monate
überfälliges Gesetz noch eine solche Klausel enthalten wird, gilt als
fraglich. Käme es so, für die betroffenen Regionen auch in Schleswig-Holstein wäre das „fatal“, sagte der FDP-Abgeordnete Oliver Kumbartzky.
Ungeachtet der Kontroversen zeichnete sich in der Debatte ein Konsens über einen erneuten Vorstoß Schleswig-Holsteins
im Bundesrat ab. Am Nachmittag präsentierten die Grünen einen Antrag.
Danach soll die Landesregierung im Bundesrat eine CCS-Gesetzesinitiative
mit dem Ziel einbringen, die „Exploration von Speicherstätten sowie die
geologische Speicherung von Kohlenstoffdioxid im Bundesgebiet und der
Ausschließlichen Wirtschaftszone“ grundsätzlich zu verbieten. Im
November soll darüber im Landtag beraten werden.
Vorbild dafür ist ein Beschluss des Österreichischen Bundestags. Der hatte die CCS-Technologie
auf seinem Staatsgebiet abgelehnt. Ein Konsens in Kiel scheint darüber
möglich. Ob die Initiative in Bundesrat und Bundestag eine Mehrheit
findet, ist fraglich.
Peter Höver