Freitag, den 28. Oktober 2011
Schlechtes Geschäft: 1 € für 107.500 €
Nach der Katastrophe von Fokushima und der darauf folgenden Diskussion zum Thema Energiewende sollte sich der Bamberger Stadtrat mit dem Sachverhalt KKW Brunsbüttel erneut befassen. Das geschah am 25.10. im Finanzsenat des Bamberger Stadtrats.
Das Projekt KKW Brunsbüttel befindet sich derzeit im Verfahren und man möchte zumindest die rechtlichen Grundlagen für eine erste Teilerrichtungsgenehmigung erhalten. Sollte ein Eigner von Gesellschaftsanteilen (z.B. die StW Bamberg) zum jetzigen Zeitpunkt seine Anteile verkaufen wollen, dann würde er von der Projektierungs-Gesellschaft einen Kaufpreis – unabhängig von der Zeichnungshöhe – von lediglich 1 € erhalten. Für die StW würde das bedeuten, dass sie auf ihre Einlage in Höhe von 107.500 € einen Verlust von 107.499 € zu verbuchen hätten.
Nach geltender Beschlusslage müsse die Geschäftsführung der Projektierungs-Gesellschaft in zwei Jahren eine aktuelle Wirtschaftlichkeitsbetrachtung vorlegen. Erst danach werde über die Zukunft des Projektes entschieden. Jeder Gesellschafter habe dann die Möglichkeit, sich weiter an dem Projekt zu beteiligen oder auszusteigen.
Energietechnisch wird in dem Sitzungsbericht der Stadtverwaltung herausgestellt, dass »das geplante Kraftwerk hat einen elektrischen Wirkungsgrad von 46 Prozent hat und Anlagen älterer Bauart mit deutlich schlechterem Wirkungsgrad ersetzen würde «.
StW-Geschäftsführer Klaus Rubach betonte weiterhin, dass sich das Projekt und die Investition langfristig rechnen könne. »Die politische Diskussion, unter welchen Rahmenbedingungen eine Abschaltung der Kernkraftwerke erfolgen kann, insbesondere wie langfristig eine Absicherung der Grundlast erfolgt ist noch nicht abgeschlossen, sodass die weitere Entwicklung auf dem Erzeugungsmarkt momentan nicht abgeschätzt werden kann.«
Dem Oberbürgermeister ging es zu schnell
Zumindest bis Ende 2012 sollte deshalb die Beteiligung aufrecht erhalten bleiben. Danach würde sie von den Stadtwerken erneut kritisch geprüft und neu entschieden werden. Später könne es auch möglich sein, den Anteil der StW zu einem höheren Preis als für 1 € zu verkaufen.
In der Debatte des Finanzsenats wurden auch Gegenargumente angeführt. Das SSK Brunsbüttel werde rd. 10 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr ausstoßen. Eine neue Studie von der „Klima-Allianz Deutschland“ weise nach, dass der Neubau von Kohlekraftwerken nicht den Anforderungen an den weitgehend erneuerbaren Kraftwerkspark der Zukunft entspreche. Dafür seien nur Gaskraftwerke geeignet. Grundsätzlich: Eine Beteiligung an einem Steinkohlekraftwerk sei mit den Zielen des Gesamtkonzerns Stadt nicht in Einklang zu bringen. Die Stadtratsmehrheit aus CSU und SPD zeigte sich von diesen Argumenten zwar beeindruckt, sah sich aber nicht in der Lage, daraus Konsequenzen zu ziehen. Dr. Helmut Müller (CSU) sprach zwar davon, dass er »ja wirklich kein Steinkohlekraftwerk will, die Beteiligung an der Planung aber noch nicht den Bau bedeutet«. Den Anteil der StW sollte man dann veräußern, wenn es möglichst keinen Verlust bedeute. Ähnlich argumentierte auch Heinz Kuntke von der SPD.
GAL-Sprecher Peter Gack versuchte eine Brücke zu bauen: Es solle durch den Beschluss des Stadtrats festgelegt werden, dass sich die Stadt und die Stadtwerke definitiv nicht am Bau des Steinkohlekraftwerks beteiligen werden, den Stadtwerken aber die Möglichkeit gegeben wird, die Veräußerung des Anteils wirtschaftlich zu optimieren. Jetzt stieß er auf Widerstand von OB Starke (SPD). Dieser verstärkte sich, als Dieter Weinsheimer (FW Bamberg) vorschlug, das offenkundige Meinungsbild des Stadtrates in dieser Form festzuhalten. Der Oberbürgermeister argumentierte, dass gehe alles zu schnell und übergehe den Aufsichtsrat der Stadtwerke. Anfang Dezember solle sich dieser nochmals mit dem Thema befassen, danach werde der GAL-Antrag in die Vollsitzung des Stadtrats im Dezember kommen.
Studie der Klima-Allianz: http://www.die-klima-allianz.de/wp-content/uploads/2011/10/Klima-Allianz-Studie-Gaskraftwerke-Okt-2011.pdf
Quelle: http://www.freie-webzet.de/index.php?option=com_content&view=article&id=1337:wenig-kohle-fuer-die-kohle&catid=45:okt-2011&Itemid=2