Düstere Aussichten für Solarfirmen
Dachverbände schreien auf: Förderungs-Kürzungen von bis zu 30 Prozent könnten tausende Arbeitsplätze gefährden
Kiel
Die Solarbranche in Schleswig-Holstein ist entsetzt über die gestern vom Bundeskabinett beschlossenen Kürzungen. Die im Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) festgelegte geringere Förderung ab 9. März – 20 Prozent weniger
bei Dachanlagen und fast 30 Prozent weniger bei Freianlagen – wird als
Frontalangriff auf die Energiewende empfunden. Die Verbraucher zahlen
die Förderung per Umlage über den Strompreis. Die auf 20 Jahre
garantierten Vergütungen, die bereits gezahlt wurden und noch zu zahlen
sind, summieren sich nach Schätzungen auf rund 100 Milliarden Euro.
Dachverbände sprechen von einem „Solarausstiegs-Gesetz“. Katrin Schirrmacher, Geschäftsführerin der Initiative „Watt 2.0“, einem Zusammenschluss von Solar-Unternehmen,
hält den Beschluss für den Beginn eines „stufenweisen Solarausstiegs“.
„Die Pläne werden gerade für die Westküstenregion ein wirtschaftliches
Fiasko ungeahnten Ausmaßes.“ Der Bundesverband rechnet mit einem
Markteinbruch um bis zu 75 Prozent.
Schleswig-Holstein als Flächenland werde
besonders benachteiligt, weil etwa die mit Solaranlagen bestückten
Lagerhallen für landwirtschaftliches Gerät – die häufig eigens für die
Energiegewinnung gebaut wurden – künftig nur noch nach dem geringeren
Flächentarif bezuschusst werden.
Die Folge der Kürzungen sei ein „enormer wirtschaftlicher Schaden“,
der „viele der geschätzt 45 000 Arbeitsplätze“ in der Branche kostet.
Allein die Ankündigung der Kürzungen habe bereits dazu geführt, dass
Banken vereinbarte Finanzierungen zurückgezogen hätten.
Der Bundesverband Windenergie stimmt in die Proteste ein: „Die im
letzten Jahr in aller Eile vollzogene Energiewende wird nun völlig
abrupt ausgebremst“, sagte Präsident Hermann Albers. Die Investitionen
in erneuerbare Energien würden deutlich zurückgehen oder sogar völlig
ausbleiben, prophezeit Albers. Auch für das am Aufbau der Anlagen
beteiligte Handwerk werden starke Einschnitte erwartet.
Uwe Möser, Präsident der IHK Flensburg, äußerte zwar Verständnis
dafür, dass die Solarbranche Schritt für Schritt an die Bedingungen des
freien Wettbewerbs herangeführt werden müsse, lehnt die jetzt
beschlossenen Kürzungen jedoch ab: „Die Solarbranche braucht seriöse und
berechenbare Rahmenbedingungen, keine falschen Signale aus Berlin“,
sagte er in einer Stellungnahme. Im Jahr 2010 wurden in Schleswig-Holstein
laut IHK rund 900 Millionen Euro in Solarprojekte investiert – jetzt
mache sich jedoch Verunsicherung in den Unternehmen breit und in leeren
Auftragsbüchern auch bemerkbar.
Kritik gibt es auch an den Plänen, dem Umweltminister künftig zu
erlauben, die Förderungen am Bundestag vorbei anpassen zu dürfen.
Matthias Kirsch