Mehr Tempo für die Wende
Beim Energiegipfel von Bund und Ländern gibt es viele Ankündigungen – doch keine konkreten Fortschritte
Berlin
Bund und Länder wollen die Energiewende vorantreiben – aber wissen
noch nicht genau wie. Das ist gestern beim Spitzentreffen von
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten in
Berlin deutlich geworden. Zwar sprach Merkel anschließend von „einem
Meilenstein“. Und ihr schleswig-holsteinischer
Parteifreund Peter Harry Carstensen sah in dem Berliner Gipfel einen
„wichtigen Schritt, unterschiedliche Interessen aufzuarbeiten“. Doch
Baden-Württembergs Regierungschef Winfried
Kretschmann von den Grünen stellte lapidar fest: „Es gab zu nichts
konkrete Vereinbarungen.“
Das stimmt nicht ganz – immerhin ist man überein gekommen, sich
künftig alle sechs Monate wiederzutreffen, um über Fortschritte und
Schwierigkeiten bei der Energiewende zu reden. Aber sonst gibt es nur
Ankündigungen. So stellte Merkel in Aussicht, dass sowohl bei der
Solarförderung als auch bei den geplanten Steuervergünstigungen für
energiesparende Gebäudesanierungen noch vor der Sommerpause eine Lösung
gefunden werden soll. „Hier drängt die Zeit“, mahnte sie. Beide Vorhaben
scheitern bisher am Widerstand der Länder im Bundesrat. Denen geht bei
der Solarförderung die geplante 30-prozentige Kürzung zu weit. Bei der
Subventionierung der Gebäudesanierung wollen sie vom Bund einen
Ausgleich für Steuerausfälle. Wie Kompromisse aussehen könnten, ließ
Merkel offen.
Auch der neue Umweltminister Peter Altmaier (CDU) kam gestern über
schöne Worte nicht hinaus. „Wir sind heute dem Ziel eines nationalen
Konsenses ein gutes Stück näher gekommen“, sagte er. Jetzt gehe es
darum, „bis zum nächsten Treffen die Hausaufgaben zu machen“.
Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) forderte wieder mal mehr Tempo
beim Netzausbau: „Erst zehn Prozent der geplanten Leitungen sind
fertig.“ Tatsächlich ist die Quote noch viel geringer, weil der Bedarf
an zusätzlichen Trassen deutlich höher ist als bisher gesetzlich
festgestellt. Das wird nächste Woche der neue Netzentwicklungsplan
zeigen. Allein in Schleswig-Holstein werden demnach rund 600 Kilometer neue Leitungen gebraucht.
Gesprochen haben die Regierungschefs auch über die großen Probleme
der holländischen Staatsfirma Tennet beim Bau der Netzanschlüsse für die
geplanten Meereswindparks. „Tennet hat hier Aufgaben zu erledigen“,
stellte Carstensen fest. Vom Vorschlag seines bayrischen Amtskollegen
Horst Seehofer (CSU), die Netze angesichts der Verzögerungen beim Ausbau
wieder zu verstaatlichen, hält er nichts: „Es ist nicht richtig, gleich
nach dem Staat zu rufen.“
Henning Baethge