Weltnaturerbe – Muster ohne Wert?
Der Preis für Kohlendioxid-Speicher am Meeresgrund ist zu hoch
Jörg Von Berg
Aus den Augen, aus dem Sinn. Nach dieser Methode hat sich Deutschland
bei der Nutzung der Atomkraft lange Zeit seiner ungelösten
Entsorgungsfragen entledigt. Radioaktive Abfälle wurden in der
niedersächsischen Asse eingelagert. Nun droht das vermeintlich sichere
Bergwerk einzustürzen. Das Problem hat alle wieder eingeholt.
Daraus hat offenkundig niemand Lehren gezogen. Denn nach dem gleichen
Muster will man nun dem klimaschädlichen Kohlendioxid beikommen, das
bei der Verbrennung von Kohle anfällt. In Kraftwerken soll es
abgeschieden und in unterirdische Speicher gepresst werden – ungeachtet
möglicher Risiken. Diese werden kleingeredet oder ignoriert, was in
Norddeutschland tausende Menschen auf die Barrikaden bringt.
Unter dem Druck der EU, die eine rechtliche Regelung einfordert, hat
der Bund ein neues Gesetz auf den Weg gebracht. Dieses erlaubt den
Ländern zwar unter bestimmten Voraussetzungen, unterirdische Speicher
auf ihrem Gebiet zu verbieten. CO2-Pipelines durch Schleswig-Holstein in die Zwölf-Seemeilen-Zone
der Nordsee hinaus wären aber auch durch das angekündigte Landesgesetz
kaum zu verhindern. Dort haben Wissenschaftler große geeignete Gebiete
ausgemacht. Ob die angepeilten Depots überhaupt eine sichere
unterirdische Lagerung von CO2 über Jahrzehnte, womöglich gar Jahrhunderte hinweg zulassen, steht jedoch in den Sternen. Kritiker zweifeln daran.
Wenn das Ökosystem Wattenmeer Schaden nehmen würde und die Unesco
dann womöglich auch das Prädikat der Welterbestätte einkassieren müsste,
wäre das für die vom Tourismus lebende Westküste Schleswig-Holsteins
ein hoher Preis. Ein zu hoher, angesichts einer rückwärts gewandten
Technologie, die zentrale Fragen des Klimaschutzes unbeantwortet lässt
und dadurch eine Politik des „Weiter so“ fördert.
Genau die sollte aber nach dem Fukushima-Atomunglück und der Energiewende in Deutschland doch eigentlich vorbei sein.