Atomarer Stillstand
Verhandlungen über Endlagersuche geplatzt
Thomas Habicht
Mit dem Scheitern der Gespräche über ein atomares Endlager kommt die
Charmeoffensive von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) an ihre
Grenzen. Altmaiers Versuch, Spitzenpolitiker von SPD und Grünen durch
ernsthafte Gespräche wie kulinarische Festivitäten für ein gemeinsames
Vorgehen in der Atompolitik zu gewinnen, scheiterte an Wahlterminen und
allseitiger Taktik.
Bereits bei der Anhörung von Bundeskanzlerin Merkel im Gorleben-Untersuchungsausschuss
des Bundestages hatte sich die Klimaverschlechterung abgezeichnet. Als
Merkel durchblicken ließ, trotz der neu eröffneten bundesweiten Suche
nach Endlagern komme der Standort Gorleben für sie in Frage, brachte sie
die Bündnisgrünen gegen sich auf.
Vor Beginn des niedersächsischen Landtagswahlkampfs müssen Berlins
Grüne einen Aufstand ihrer niedersächsischen Basis fürchten, wenn auch
nur im Ansatz Präferenzen für die Öko-Wallfahrtsstätte
Gorleben erkennbar werden. Organisationsfragen machen die Grünen zum
Konflikt, um ihren Einfluss zu sichern. So fordern sie, der ihnen
zugehörige Chef des Bundesamts für Strahlenschutz müsse die
Standortsuche führen. In der Koalition wiederum verfolgt man mit der
Initiative für eine neue Bundesbehörde ebenfalls verfahrenstaktische
Hintergedanken. Mit der Feststellung „Irgendwo muss das Zeugs ja hin“
war es Baden-Württembergs Ministerpräsident
Winfried Kretschmann (Bündnis 90 / Die Grünen), der den Anstoß für die
neue Endlagersuche gegeben hatte. Doch Kretschmanns nüchterner
Pragmatismus scheiterte am grünen Glaubenskrieg um das Atom und der
Parteitaktik politischer Konkurrenten.
Mit dem absehbaren Stillstand bis zur Bundestagswahl wird ein
35-jähriger Konflikt wiederum vertagt, obwohl die gegenwärtige
Politikergeneration ihren Nachfolgern die Lösung des Endlagerproblems
schuldet.