Die ungerechte Energiewende
Warum die Bundesregierung die finanzielle Förderung der Ökostromproduktion dringend ändern muss
Margret Kiosz
Der Ökostrom spaltet die Republik gleich in mehrfacher Hinsicht:
Einerseits in Menschen, die viel Geld verdienen, weil sie ein Hausdach
in Richtung Sonne besitzen oder eine Wiese für ein Windrad. Sie erhalten
jahrzehntelang hohe Garantiepreise für den erzeugten Strom –
Habenichtse gehen leer aus. Und andererseits geht ein Riss quer durch
die Gesellschaft, wenn es ums Begleichen der Rechnung geht: Mit 175 Euro
pro Jahr subventioniert demnächst jeder Privathaushalt den Ökostrom.
Auch Kleinbetriebe und Mittelständler werden kräftig zur Kasse gebeten.
Mehr als 800 Großfirmen aber zahlen kaum etwas für die Förderung
regenerativer Energien. Das ist ungerecht und wirtschaftlich
problematisch.
Beispiel: Bundesweit sind Verkehrsverbünde wie etwa die Hamburger Hochbahn von der EEG-Umlage
befreit. Bürger im ländlichen Raum subventionieren also mit ihrem
Strompreisaufschlag die Fahrtickets in den Ballungsräumen. Das Argument,
man müsse Firmen vor Nachteilen im internationalen Wettbewerb schützen,
zieht hier genauso wenig wie bei Flughäfen oder der Uniklinik
Göttingen, die ihren Energiebedarf über den 1-Gigawatt-Grenzwert hoch gerechnet hat.
Mit der Umlage wird also Industrie-, Verkehrs- und Strukturpolitik
betrieben – und das auf dem Rücken der Bürger, des Handwerks und des
Mittelstandes. Die kleine Meierei zahlt mehr, weil Müllermilch & Co
sich drücken, der kleine Bierbrauer mehr als der Weltkonzern und ein
Geflügelmäster mit 10 000 Tieren mehr als der mit einer Million.
Alle Befreiungen von der EEG-Umlage summieren
sich mittlerweile auf mehr als vier Milliarden Euro. Dieses Geld
bekommen jene, die die Umlage nicht zahlen, von denen, die sie bezahlen.
Politik muss dafür sorgen, dass solchen Auswüchsen ein Riegel
vorgeschoben wird. Es ist schon schwer genug, den Mietern in Flensburg
oder Elmshorn klarzumachen, dass sie über den steigenden Strompreis die
Solaranlage eines Kieler Zahnarztes mitfinanzieren müssen – die wegen
der wenigen Sonnentage in etwa so wirtschaftlich ist wie die Zucht von
Bananen am Nordpol. Wenn jetzt auch noch die Brötchenpreise steigen,
weil der Bäcker steigende EEG-Kosten
weiterreicht, dann schwindet die Zustimmung zur Energiewende schneller
als es der Politik lieb sein kann. Warten bis zur Bundestagswahl kann
sie mit der Reform nicht.