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Netzausbau: Nordfriesen sehen sich als Modellregion. WZ vom 21.11.2012

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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 22.11.12, 22:18  Betreff: Netzausbau: Nordfriesen sehen sich als Modellregion. WZ vom 21.11.2012  drucken  weiterempfehlen

Netzausbau: Nordfriesen sehen sich als Modellregion


Nordfriesland /sis

Einmaliges geschieht an der Westküste: Die vorgezogene Beteiligung der Bürger, um den Bau der 380-Kilovolt-Leitung
zwischen Niebüll und Brunsbüttel möglichst ohne Rechtsklagen und damit
schnell in die Planungsphase zu bringen, läuft seit etwa einem Jahr und
ist für ganz Deutschland ein Novum. Im voll besetzten Kreishaus-Saal
in Husum fand kürzlich eine weitere Gesprächsrunde zwischen Fachleuten
und Bürgern statt – moderiert von Peter Ahmels vom Verein „Deutsche
Umwelthilfe“.


Die Diskussion mit den Westküsten-Bewohnern wird über das schleswig-holsteinische
Umweltministerium organisiert, in dem seit einem halben Jahr Dr. Robert
Habeck der Chef ist und seinen Schaffensbereich um die Energiewende
erweitert hat. Und für diese ist die rund 120 Kilometer lange
Höchstspannungsleitung von entscheidender Bedeutung. Denn in Schleswig-Holstein wird Öko-Strom – vor allem aus Windkraft – über den eigenen Verbrauch hinaus produziert, so dass Nord-Energie in die Zentren im Süden Deutschlands fließen soll.


Minister Habeck war mit Staatssekretärin Ingrid Nestle zur Bürger-Konferenz
nach Nordfriesland gekommen. Nestle nannte gleich zu Beginn das
ambitionierte Ziel der Landesregierung, nach dem die Leitung 2017 im Bau
sein soll.


Netzbetreiber ist die Tennet TSO GmbH, die die Trasse in vier Abschnitte unterteilt hat: Brunsbüttel-Barlt, Barlt-Heide, Heide-Husum und Husum-Niebüll.
Für die ersten Abschnitte ist von der Landesplanungsbehörde im
Innenministerium bereits abgesegnet, dass ein Raumordnungsverfahren
überflüssig ist und Anfang 2013 gleich die Planfeststellung eingeleitet
werden darf. Grund: Die Trasse gilt in diesem Bereich als nicht
konfliktträchtig. Der Dialog-Prozess mit den Bürgern soll nun für den Abschnitt Heide-Niebüll
diesen Weg ebenfalls frei machen. In der Praxis bedeutet dies, dass der
Verlauf der Leitung mit Küstenbewohnern und Trägern öffentlicher
Belange vorgeklärt wird. Habeck kündigte an, dass sein für Bürgerfragen
zuständiger Mitarbeiter Tobias Goldschmidt Verstärkung bekommen wird –
eine Extrastelle sei bereits ausgeschrieben.


Staatssekretärin Nestle gab bekannt, dass es zu einer Einigung zwischen Eon-Netz, Tennet und der Bundesnetzagentur gekommen ist, so dass die 380 Kilovolt- auf der bestehenden 110-Kilovolt-Leitung
– für die Eon verantwortlich ist – „mitgenommen“ werden darf. Sie
sicherte zu, dass kein Haus „überspannt“ wird. Ebenso, dass 40 000 Euro
pro Kilometer neu gebauter Trasse als Entschädigung an betroffene
Gemeinden gezahlt werden.


In der Vortragsrunde brachte Dr. Hans-Ulrich Rösner, Leiter des WWF-Wattenmeerbüros,
seine Position zur neuen Leitung auf die Formel „Schäden vermeiden und
Folgen abmildern“. Problematisch sind für Rösner: der „industrielle
Stempel“ der der Natur durch die Masten aufgedrückt wird, Gefahren für
die Gesundheit durch magnetische Felder und der Vogeltod in den
Leitungen. Der WWF-Mann, der gern auf die Option einer Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung
(HGÜ) mit geringeren magnetischen Feldern und geringeren Stromverlusten
gesetzt hätte, sieht diese Technik, die als Freileitung oder Erdkabel
umsetzbar ist, jedoch als noch „im Entwicklungsfluss“ befindlich an. Er
forderte daher eine Trasse aus Freileitung und Erdkabel. Die Querung der
Eider nahe Tönning müsse aus Naturschutzsicht unterirdisch erfolgen, da
die Eider eine wichtige Vogelzugstrecke sei. Zudem verlangte Rösner auf
den Freileitungen „optimale Vogelschutzmaßnahmen“.


Ingrid Nestle machte klar, dass laut Energieleitungsausbaugesetz von
der Bundesregierung keine weitere Pilotstrecke für eine 380-Kilovolt-Erdverkabelung
zugelassen wird. Eine Chance sieht sie höchstens bei einer teilweise
Erdverkabelung. Bundesweit gibt es vier Pilotprojekte – keines in
Schleswig-Holstein. Denn: Was für 110 Kilovolt
funktioniert, ist bei 380 Kilovolt über weite Strecken noch nicht
ausgereift. Erdkabel können zudem bis zu achtmal so teuer wie
Freileitungen werden, für die pro Kilometer bis zu 1,5 Millionen Euro
anfallen.


Das deutsche Ingenieure innovativ sind, dafür trat Dr. Ingo Rennert,
Aufsichtsratsvorsitzender der Infranetz AG aus Müden an der Aller, den
Beweis an. Er hat bei der Bundesnetzagentur Anträge für ein
„muffenloses, modulares, bipolares 380-Kilovolt-Drehstrom-Erdkabelnetz“
entlang bundesdeutscher Wasserstraßen gestellt. Für die Westküste kämen
für ihn Wirtschaftswege in Betracht, unter die die Kabel eingefräst
werden könnten. Lichtwellenleiter würden zur Lokalisation von Fehlern
eingesetzt. Von Niebüll bis Hamburg wären für Rennerts System fünf
Umspannwerke nötig: in Niebüll, Husum, Heide, Wilster und Wedel.
Insgesamt hat er 780 Millionen Euro veranschlagt. Sein Hauptargument: An
deutschen Hochspannungsleitungen würden jährlich 30 Millionen Vögel
sterben. Dies sei nach der EU-Vogelschutzrichtlinie
beklagbar, wenn es eine Alternative gibt. Rennert hat zumindest das
Interesse des Ministers geweckt, der ein genaues Konzept und eine
Kalkulation anforderte. Habeck verschwieg aber nicht, dass er schnell
und auf Basis der bestehenden Gesetzeslage zu planen hat – und das
bedeutet Freileitungen.


Trassenvarianten wurden von Christoph Herden von der Gesellschaft für
Freilandökologie und Naturschutzplanung mbH Kiel vorgestellt. Er ist im
Auftrag von Tennet tätig. Mögliche Verläufe orientieren sich an der
110-Kilovolt-Leitung und sind in einem Korridor von einem Kilometer angelegt. Ost-West-Varianten liegen für den Abschnitt Heide-Husum
vor. Die Umgehung von Siedlungs- und Schutzbereichen sind zwei Ansätze,
die der Planer aufgrund der „Netzbeschleunigungsvereinbarung“ zwischen
Kreisen, zuständigen Ministerien und Netzbetreibern einhalten muss.


Zum Abschluss verwies Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen den Minister
noch einmal auf die Idee des „Bürgernetzes“, für die Habeck sich offen
zeigte – „gibt es die Trasse, werde ich sie zu Ihrer Trasse machen“. Das
hörte der Landrat gern, denn er kann sich die Westküste als
Modellregion vorstellen.




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