Keine Alternative erkennbar
Böse Überraschungen sind nicht ausgeschlossen – aber ein Totalverzicht auf Offshore-Windparks würde zu weit führen
Frank Jung
Keine Frage: Die Offshore-Windparks sind eine
empfindliche Stelle der Energiewende. Vieles rund um ihren Betrieb ist
mangels verwirklichter Anlagen noch offen, manche Überraschung noch
denkbar. Obendrein handelt es sich im Vergleich zu Rotoren an Land um
eine teure Alternative. Nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für
Stromkunden: Mehr als doppelt so hoch wie Wind vom Land vergütet das
Erneuerbare Energiengesetz Kilowattstunden von hoher See. Dass
Verbraucherschützer bei den Kosten zu Sensibilität aufrufen, ist ihre
Aufgabe. Ein Aufruf zum totalen Verzicht jedoch führt zu weit.
Notwendig ist bei dem Jahrhundertprojekt Energiewende eine breite und
langfristige Perspektive. Und aus der lässt sich keine Alternative zur
Offshore-Technik erkennen. Windmühlen an Land
werden das Potenzial von Rotoren draußen vor dem Deich nie auffangen
können. Bei Verlässlichkeit und Stärke ist der Wind über See dem über
Land nun mal um ein Vielfaches überlegen. Selbst wenn man dagegen
anarbeiten wollte: Dann müsste das Binnenland bis zur Unerträglichkeit
zugespargelt oder mit Photovoltaikplatten gepflastert werden. Die Sorge
davor hat für Otto Normalbürger ähnliches Gewicht wie vor teurerem
Strom. Abgesehen von dem wirtschaftlichen Risiko, das eine vollgestellte
Landschaft für Tourismusländer wie Schleswig-Holstein
bedeuten könnte. Umgekehrt spricht gerade aus Sicht der Küstenländer
wirtschaftlich viel für Investitionen in Kraftwerke auf hoher See. Sie
bieten Chancen für Wertschöpfung. Je mehr es davon gibt, desto eher
lässt sich eine höhere Stromrechnung begleichen. Langfristig wird sie um
so weniger steigen, je unabhängiger wir von fossilen Energieträgern
werden. Sie sind endlich. Weshalb zudem ihr Preis auf Dauer steigt.
Windkraft an Land oder Photovoltaik waren in ihren Pionierjahren auch
mit Ungewissheit und sehr hohen Kosten behaftet. Hätte man deshalb auf
sie verzichtet – man könnte die Energiewende heute nicht mal einleiten.
Das ist das beste Argument, um jetzt eine Anschub-Finanzierung in die heute neue Offshore-Technik zu ertragen. Die Erfahrung zeigt: Mit der Reife werden auch hier die Einsparpotenziale wachsen.