Dänische Daten-Transparenz sorgt in Deutschland für Ärger
Kiel
Das stehen sie für alle sichtbar auf der Internetseite der dänischen
Energiebehörde: alle 800 Namen und Adressen von deutschen Bürgern, die
Bedenken gegen eine Injektion von CO2 unter
der Nordsee durch Dänemark zum Erschließen von Erdöl- und Erdgasfeldern
vorgebracht haben. Die Liste mit den personenbezogenen Daten findet
sich am Ende einer mehr als 70 Seiten langen „Zusammenfassenden
Erklärung“. Darin dokumentiert die Behörde in Kopenhagen die Ergebnisse
einer Anhörung zu ihrer so genannten strategischen Umweltprüfung, die
sie für mögliche Injektionen erstellt haben – auch auf Deutsch, da
Schleswig-Holstein als Anrainer der möglichen Injektionsfelder beteiligt werden muss.
„Erst recht in Zeiten des Spähprogramms Prism ist das ein Skandal“, empört sich Reinhard Knof, Sprecher der schleswig-holsteinischen Initiative gegen ein unterirdisches CO-Endlager,
über die Veröffentlichung der personenbezogenen Daten. Die Organisation
hatte die Einwendungen durch ein Musterschreiben im wesentlichen
mobilisiert. Knof hegt den Verdacht, die Daten seien ins Netz gestellt
worden, „um Bürger künftig abzuschrecken, sich gegen derartige Projekte
zu engagieren.“ Es bestehe kein Anlass, die Listen transparent zu machen
– „es geht doch um Sachfragen“.
Die Bürgerinitiative fordert nun eine Entschuldigung von Schleswig-Holsteins
Umweltminister Robert Habeck. Der hätte ihrer Ansicht nach besser
aufpassen müssen, dass die Angaben nicht durch den dänischen Staat
veröffentlicht werden. Nach Kopenhagen weitergegeben wurden die
Personendaten durch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie
(LBEG) in Clausthal-Zellerfeld, das auch für Schleswig-Holstein als Untergrund-Behörde fungiert. Da das LBEG für Aktivitäten vor Schleswig-Holsteins
Küsten nachgeordnete Behörde von Habecks Ministerium sei, argumentiert
Knof, „wäre es die Pflicht des Ministeriums gewesen, den Umgang mit den
Daten zu kontrollieren“.
Zwar stellt Habecks Sprecherin Nicola Kabel fest: „Die
Veröffentlichung der personenbezogenen Daten wäre in Deutschland nicht
zulässig gewesen.“ Dass dies in Kopenhagen passieren würde, sei aber
nicht absehbar gewesen. Die Weitergabe des Materials für sich genommen
sei datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden. Das sieht Schleswig-Holsteins
Datenschutzbeauftragter Thilo Weichert ähnlich. Zwar kritisiert er die
Veröffentlichung ausdrücklich, betont aber auch: Der Umgang mit den
Angaben müsse nach dänischem Recht beurteilt werden, da es um ein
dänisches Anhörungsverfahren gehe.
In Kopenhagen versteht man die ganze Aufregung nicht. „Wir haben hier
eine andere Tradition und eine andere Gesetzgebung als in Deutschland“,
sagt der Sprecher der Energiebehörde, Ture Falbe
-Hansen.
„Es ist in Dänemark normale Praxis, dass Stellungnahmen in einem
Anhörungsverfahren nicht anonymisiert werden.“ Allerdings soll es
nachträglich eine Ausnahme geben: Angesichts der Proteste deutscher
Bürger und wohl auch, weil das Kieler Umweltministerium sich nach dem
Wirbel noch einmal an die Dänen wandte, sollen die Daten – so Falbe
-Hansen – nun gelöscht werden.
Frank Jung