EU will Kernkraftwerke alle sechs Jahre testen
Brüssel /dpa
Europas Kernkraftwerke sollen künftig alle sechs Jahre auf ihre Sicherheit getestet werden. Nach einem Vorschlag der EU-Kommission
sollen bei solch verbindlichen Stresstests die Staaten nicht jedes Mal
die gesamte Technik prüfen, sondern sich auf ein Thema einigen. Das kann
etwa der Schutz gegen Hochwasser, Erdbeben oder einen möglichen
Flugzeugabsturz sein. Diese Gesetzesinitiative hat EU-Energiekommissar Günther Oettinger gestern in Brüssel vorgestellt. Damit die Pläne in Kraft treten können, müssen die EU-Staaten noch zustimmen. Dies könnte frühestens 2014 der Fall sein. Grüne und Umweltschützer halten die Pläne für zu lasch.
Erstmals hatte die EU europaweite Stresstests nach der
Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima im März 2011 gemacht,
allerdings war die Teilnahme freiwillig. Nun würden die Tests
verpflichtend. Eine umfassende Sicherheitsüberprüfung soll zudem alle
zehn Jahre stattfinden. Die Betreiber müssten dann Mängel, die der
Stresstest aufdeckt, beseitigen – dafür sollen die Staaten sorgen. Was
allerdings passiert, wenn sie dies nicht tun, lässt das Papier offen.
Die EU-Kommission droht mit einem juristischen
Vorgehen. Brüssel kann aber keine Nachrüstungen vorschreiben, denn
Atomenergie fällt grundsätzlich in nationale Zuständigkeit. Deshalb hat
die EU nur beschränkte Mitspracherechte. Eine neue
EU-Überwachungsbehörde soll es nicht geben.
Oettinger nannte seine Pläne einen „realistischen Vorschlag“. Die
Kernkraftsicherheit müsse europäisch geregelt werden: „Die Kommission
ist nach Fukushima mehr denn je der Überzeugung, dass Sicherheit an den
Grenzen nicht halt macht.“
In der EU setzen 14 der 27 Mitgliedsländer auf Kernenergie. Es gibt
derzeit 132 Reaktoren, davon neun in Deutschland. Die Bundesregierung
hatte nach dem Unglück in Japan den Ausstieg aus der Atomenergie
beschlossen. Bei der ersten EU-Testrunde hatten
die Prüfer erhebliche Mängel festgestellt, es durften aber alle Meiler
am Netz bleiben. Die Experten empfahlen für zahlreiche Standorte –
darunter auch für AKW in Norddeutschland – die Installation von
Erdbebenwarnsystemen und den Bau von Ersatzkontrollräumen. Die Kosten
bezifferten sie damals für alle Betreiber in der EU auf 10 bis 25
Milliarden Euro.