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Energiewende: Aktueller Stand im Norden. WZ vom 14.02.2012

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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 14.02.12, 19:45  Betreff: Energiewende: Aktueller Stand im Norden. WZ vom 14.02.2012  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

ENERGIEWENDE
Wir berichten in einer neuen fünfteiligen Serie über den aktuellen Stand der Entwicklung im Norden. Im ersten Teil dreht sich alles um die Windkraft - Potenziale, Befürworter, Gegner.




Momentaufnahme eines Kraftaktes

Sie schafft Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und sauberen Strom: Die Windkraft-Branche im Land boomt – und ist gleichzeitig hart umkämpft

Kiel

An ihr hängt viel Hoffnung – zugleich zieht sie aber auch viel Wut
auf sich. Die Windkraft ist eine der tragenden Säulen der Energiewende.
Ihr Ausbau in ganz großem Stil ist beschlossene Sache. Ein ehrgeiziges
Vorhaben, das für die Menschen in Schleswig-Holstein
große Veränderungen mit sich bringen wird – viele Möglichkeiten, aber
auch Probleme, Sorgen, Nöte. Eine regionale Momentaufnahme des
nationalen Kraftaktes.


Bundesweit drehen sich aktuell rund 22 297 Windräder (installierte
Leistung knapp 29 075 Megawatt), davon knapp 2700 in Schleswig-Holstein
(installierte Leistung 3271 Megawatt). Dabei dürfte die Zahl der
Anlagen als auch die installierte Leistung im hohen Norden in den
kommenden Jahren rasant nach oben schnellen. So ist in diesem Jahr der
Baubeginn für zwei Offshore-Windparks vor der schleswig-holsteinischen Küste geplant. Etwa 35 Kilometer nördlich von Helgoland soll der Park Nordsee-Ost
entstehen, etwa 70 Kilometer vor Sylt der Park DanTysk. Für weit
stärkere Aufmerksamkeit sorgen aktuell aber die Pläne der
Landesregierung, nach denen der Umfang der Windkrafteignungsgebiete von
0,78 auf 1,5 Prozent der Landesfläche fast verdoppelt werden soll.
Politik und Branchenverbände geben sich ungeachtet der Proteste in
Teilen der Bevölkerung zuversichtlich, dass das Verfahren noch vor der
Landtagswahl im Mai abgeschlossen sein wird.


„Wir reden über 9000 Hektar zusätzlich. Darauf könnten beispielsweise 1000 neue Zwei-Megawatt-Anlagen aufgestellt werden“, sagt Windcomm-Manager
Martin Schmidt. Die Planungen für die Aufstellung neuer Windräder
laufen in einigen Orten bereits auf Hochtouren. „Die normale Vorlaufzeit
beträgt zwei bis drei Jahre. Es gibt aber Projektplaner und
Betreibergesellschaften, die haben bereits im Vorwege alle Gutachten
eingeholt. Die benötigen – sobald die zusätzlichen Flächen zur Verfügung
stehen – nur noch eine Baugenehmigung. Die könnten Ende dieses Jahres
bereits mit dem Bau neuer Windparks beginnen“, so Schmidt.


Die zusätzlichen Windräder bringen nicht nur die Energiewende voran,
sondern auch die regionale Windwirtschaft. Schätzungen zufolge hängen
bereits heute Tausende Jobs daran. Die Palette der Firmen reicht von
großen Windkraftanlagenbauern, die hier Standorte oder auch
Produktionsstätten haben, bis hin zu Baufirmen, Service- und
Wartungsbetrieben, Planungsbüros, Versicherern und Banken.


Große Geschäfte,
große Konkurrenz, großer Protest

Nicht zuletzt profitieren Schiffszulieferer, Werften und Häfen vom Offshore-Geschäft.
„Ich gehe von Gesamtinvestitionen der Windbranche im Bundesland von
zirca zehn Milliarden Euro in den kommenden sechs bis sieben Jahren
aus“, sagt Hermann Albers, der Präsident des Bundesverbandes Windenergie
(BWE).


Doch das Windgeschäft ist hart umkämpft. Hamburg hat sich als
Deutschlands „Hauptstadt“ der Windenergie positioniert. So haben viele
große Konzerne der Branche in den letzten Jahren ihre Zentrale in die
Hansestadt verlegt. Zudem soll dort 2014 erstmals eine internationale
Windmesse ausgerichtet werden – notfalls auch in Konkurrenz zu dem
etablierten Standort in Husum. Dass es darüber einen offenen Streit
gibt, sagt viel aus. Auch das Windgeschäft auf dem Meer ist nicht
leicht. Lange hatten fast ausschließlich Häfen in Niedersachsen, der in
Bremerhaven und auch das europäische Ausland bei der Windbranche im
Fokus gestanden. Aber der Zug sei für Schleswig-Holstein noch nicht abgefahren, heißt es in der Branche. Inzwischen kann man auch hier auf erste Erfolge verweisen.


Auf gute Geschäfte mit dem Wind setzen nicht zuletzt auch Bürger, die
sich an Windparks beteiligen oder dafür ihre Felder verpachten. Denn
der verkaufte Strom kann ihnen eine satte Rendite bescheren – und den
Gemeinden eine satte Gewerbesteuer. Eine Garantie gibt es dafür aber
nicht. Selbst in Orten, in denen es gut läuft, heißt es, dass viel vom
Standort abhängt, von der Qualität der Anlagen, vom Wetter. Ohne Risiko
läuft es nicht.


Der BWE verbindet mit Bürgerwindparks auch eine breite Akzeptanz der Technologie. „Mittlerweile gibt es in Schleswig-Holstein
Hunderte solcher Bürgergesellschaften mit jeweils Hunderten von
beteiligten Bürgern. Ich vermute, dass die Zahl der direkt und indirekt
Beteiligten bei mehreren Zehntausend liegt. Die Beteiligung an
Windprojekten ist für viele Bürger möglich, da die Einstiegsbeträge oft
nur bei einigen hundert Euro liegen“, sagt Hermann Albers. Andernorts
wird kritisiert, dass die Beteiligung an einem Windpark meistens erst
bei 5000 Euro beginnt. Nicht jeder hat so viel. Und: Bürgerwindpark ist
nicht gleich Bürgerwindpark. Einige werden nur von Bürgern betrieben, an
anderen beteiligen sich auch Großinvestoren. Die Modelle sind
unterschiedlich. Auch gibt es Parks, die ausschließlich in der Hand von
Fondsgesellschaften sind.


Doch trotz Konkurrenz und wirtschaftlichem Risiko könnte die
Energiewende viele Gewinner mit sich bringen – wären da nicht noch so
viele ungelöste Fragen, wie die des dringend erforderlichen Netzausbaus
(siehe Infokasten). Wie die massiven Probleme mit dem Bau der Windparks
auf dem Meer. Wäre da nicht der stark gewachsene Protest in der
Bevölkerung. So haben sich im Aktionsbündnis Gegenwind-SH inzwischen 60 Bürgerinitiativen zusammengeschlossen. Sie kritisieren die „Verspargelung“ der Landschaft, Geräusch-Belästigungen,
Schattenwurf, sorgen sich um den Naturschutz, bringen Wertverluste
ihrer Häuser und Grundstücke an. Sie sehen die wirtschaftlichen
Interessen einiger weniger im Vordergrund stehen. Sie fühlen sich von
der Politik nicht gut informiert und mitgenommen. Und auch wenn Politik
und Wirtschaft von klaren Mehrheiten für die Windkraft sprechen – die
Kritik dieser Bürger findet bei ihnen Gehör.


Tanja Nissen

Der zweite Teil der Serie erscheint am 21. Februar und beschäftigt sich mit der Kohlekraft im Land.







Herausforderung Netzausbau
/kea

Was
nützt der ganze saubere Windstrom, wenn er am Ende „weggeworfen“ wird?
Gar nichts, darin sind sich Windmüller, Verbraucher,
Stromtrassenbetreiber und Umweltschützer einig. Trotzdem ging im
vergangenen Jahr Windstrom im Wert von 20 Millionen Euro verloren, weil
die Kapazität der Netze nicht ausreichte, um ihn aufzunehmen. Häufig
dauert es mehr als zehn Jahre, bis die Planungen für neue Stromtrassen
abgeschlossen sind. In Schleswig-Holstein müssen
nach Angaben der Netzbetreiber rund 700 Kilometer neue Hoch- und
Höchstspannungsleitungen gebaut werden; fertiggestellt ist bisher nur
die 110 KV-Leitung zwischen Breklum und
Flensburg. Es gilt den Balanceakt zwischen schnellerer Planung auf der
einen und mehr Bürgerbeteiligung auf der anderen Seite zu schaffen. Im
Land wurde zu diesem Zweck im Sommer 2011 eine
Beschleunigungsvereinbarung zwischen dem Wirtschaftsministerium und den
beiden großen Netzbetreibern E.ON-Netz und Tennet geschlossen. Neben mehreren 110 KV-Leitungen soll im Jahr 2015 mit dem Bau einer 380 KV-Leitung
an der Westküste begonnen werden. Im Bund wurde mit dem neuen
Netzausbaubeschleunigungsgesetz der Weg für eine zügigere Planung von
großen Stromtrassen über Ländergrenzen hinweg bereitet.






[editiert: 28.02.12, 19:24 von Claudia]
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Claudia

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BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 21.02.12, 19:09  Betreff: Re: Energiewende: Aktueller Stand im Norden. WZ vom 14.02.2012  drucken  weiterempfehlen

WZ vom 21.02.2012:



Kohlekraft im Land vor dem Ende?

Zwei von drei Steinkohlekraftwerken stehen am Schluss ihrer Laufzeit / Pläne für Neubauten liegen auf Eis

Flensburg/Brunsbüttel

Bis 2020 will die Bundesregierung die Kohlendioxid-Emissionen
um 40 Prozent verringern. Gleichzeitig soll bis dahin vollständig auf
Strom aus deutschen Kernkraftwerken verzichtet werden. Sorgt das für ein
Revival der Kohlekraft? Den einen gilt sie als Retter in der Not, weil
sie leistungsfähig und inzwischen auch flexibel genug ist, um den
Atomstrom zu ersetzen und die Netzstabilität sicherzustellen. Andere
halten sie für eine veraltete, schmutzige Energiequelle, die rund ein
Drittel des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes verursacht und daher abgeschafft werden sollte.


Schleswig-Holstein hat sich für die erste
Sichtweise entschieden. So geht es aus dem Energiekonzept der
Landesregierung hervor und so formuliert es auch Energie-Staatssekretärin
Tamara Zieschang: „Angesichts der unvermeidbaren Fluktuation der
erneuerbaren Energien sind zur Sicherung der Netzstabilität
mittelfristig weiterhin fossile Kraftwerkskapazitäten erforderlich.“


Mit Steinkohle wurden im Jahr 2009 in Schleswig-Holstein
3 640 495 Megawattstunden Strom erzeugt. Das waren knapp 16 Prozent der
Nettostromerzeugung, wie die aktuelle Energiebilanz des Statistischen
Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein
ausweist. Zum Vergleich: Die Kernenergie trug 51 Prozent und die
erneuerbaren Energien 28 Prozent bei. Auch weil die Kohlekraft nur auf
Rang drei der Energiequellen steht, liegt der Pro-Kopf-CO2-Ausstoß in Schleswig-Holstein
um 30 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Umweltschützer befürchten
jedoch, dass diese gute Bilanz zunichte gemacht wird, denn noch vor
einigen Monaten schien der Ausbau der Kohlekraft im Norden nur noch eine
Frage der Zeit.


In Brunsbüttel waren sogar vier neue Kraftwerke geplant. Zur Zeit
liegen die Projekte jedoch auf Eis, eines ist bereits ganz abgesagt
worden. Der Grund: Die Unsicherheit. „Die Bundesregierung wechselt ihr
Konzept einfach zu oft“, sagt die Geschäftsführerin der Süd-West-Strom-Kraftwerk
GmbH (SWS), Bettina Morlok. Die SWS begann im Jahr 2007 in Brunsbüttel
ein großes Steinkohlekraftwerk mit einer Gesamtleistung von 1740
Megawatt (MW) zu planen. Zum Vergleich: das Kernkraftwerk Brunsbüttel
hatte nur eine Nettoleistung von 771 MW. Doch obwohl alle Genehmigungen
vorliegen, sieht die SWS momentan vom Bau des Kraftwerks ab. „Die
Wirtschaftlichkeit ist derzeit nicht gegeben“, sagt Bettina Morlok. Es
sei noch schwieriger als sonst, die Strompreise zu prognostizieren.


Einerseits erwägt die Bundesregierung, der Kohlekraft sogar Zuschüsse
aus dem Energie- und Klimafonds zukommen zu lassen. Andererseits wird
es in Zukunft wohl so sein, dass die Nutzungsstunden konventioneller
Kraftwerke nur dann bezahlt werden, wenn gleichzeitig keine
regenerativen Energien zur Verfügung stehen, sprich wenn der Wind nicht
weht. Unter dieser Bedingung wäre das große Steinkohlekraftwerk nicht
rentabel. Es sei denn, eben dieser Strom, der in Zeiten des Wind-Strom-Mangels
verlässlich von der Kohlekraft geliefert werden kann, wird so großzügig
vergütet, dass es sich lohnt, nur zu diesen Zeiten Strom zu
produzieren. Welches dieser Szenarien eintreten wird, kann momentan
niemand sagen. Und deswegen hat auch die Firmengruppe GETEC, die ein 800
MW Gemeinschafts-Steinkohlekraftwerk auf dem Gelände des Bayer-Industrieparks Brunsbüttel errichten wollte, ihre Planungen erst einmal auf den Status „Abwarten“ gesetzt.


Gas statt Kohle

Während die neuen Kohlekraftwerke auf der Kippe stehen, sind die
alteingesessenen Energieerzeuger in Kiel, Flensburg und Wedel mit einer
Leistung von 323, 177 und 260 Megawatt weiterhin am Netz. Allerdings
zeichnet sich eine Umstellung ab. Die Laufzeit des Kieler
Gemeinschaftskraftwerks ist bis 2015 bemessen, das Heizkraftwerk in
Wedel wird im Winter 2016/2017 komplett abgeschaltet. An beiden Orten
laufen die Planungen für gasbetriebene Anlagen. In Flensburg werden die
Stadtwerke 2016 in einem ersten Schritt zwei ältere Kessel durch Gas-Dampf-Turbinen ersetzen und streben an, bis zum Jahr 2050 komplett CO2- neutral zu produzieren.


Da liegt die Frage nahe, ob der Nicht-Bau
neuer und die Abschaltung alter Kohlekraftwerke bei gleichzeitigem
Atomausstieg eine Gefahr für die Stromversorgung in Schleswig-Holstein
bedeuten. Aus dem Wirtschaftsministerium kommt diesbezüglich
Entwarnung: Erstens wird mit einer steigenden Stromerzeugung aus
erneuerbaren Energien gerechnet, zweitens verbraucht das Land längst
nicht die gesamte erzeugte elektrische Energie selbst. Lediglich der
Stromexport könnte geschmälert werden.


Im Ergebnis bleibt: Obwohl die Kohlekraft politisch als
Übergangslösung gewollt ist und viele Investoren in den Startlöchern
standen, könnte Schleswig-Holstein in den
kommenden Jahren zu einem nahezu kohlekraftfreien Land werden. Schlecht
für diejenigen, die in diese Energieform investiert haben. Gut für
Umweltschützer, wie die Bürgerinitiative Gesundheit und Umweltschutz in
Brunsbüttel, die in Anbetracht der abgewendeten Feinstaub- und
Schwermetallbelastung frohlocken. Es sei denn, es kommt doch noch alles
anders...


Kerstine Appunn

Der dritte Teil der Serie erscheint am 28. Februar und beschäftigt sich mit der Solar-Energie.







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Claudia

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BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 28.02.12, 19:27  Betreff: Re: Energiewende: Aktueller Stand im Norden. WZ vom 14.02.2012  drucken  weiterempfehlen

WZ vom 28.02.2012:



In der Solarbranche drohen Jobverluste

Änderungen bei der Solar-Förderung sorgen erneut für Verunsicherung auf dem Markt / Landesregierung setzt auf Windkraft

Kiel

Hohe Wachstumszahlen und große Akzeptanz, das hat die Solarenergie in
den vergangenen zehn Jahren ausgezeichnet. Doch nun könnte der Boom der
Branche auch in Schleswig-Holstein ein baldiges
Ende finden, denn vieles steht und fällt mit den Regelungen im
Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG). Dessen Neuerungen sehen Einschnitte
bei der Vergütung für Solaranlagen-Besitzer zwischen 30 Prozent für große Freianlagen und 20 Prozent für solche auf Hausdächern vor.


Über 30 000 Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) waren Ende 2011 auf Schleswig-Holsteins Dächern installiert. Allein die Schleswig-Holstein Netz AG, die etwa 80 Prozent der Stromanschlüsse betreut, verband im vergangenen Jahr 9500 neue PV-Anlagen mit dem Stromnetz. Im Jahr 2010 waren 704 MW-Peak
Leistung im Land installiert – mehr als das doppelte als noch im Jahr
2009. Dennoch stand die Photovoltaik nach Wind- und Biogasenergie nur
auf Platz drei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien.


Hauptanreiz für die Installation von Photovoltaik auf Hausdächern oder auch die Beteiligung an einem Bürger-Solarpark
war und ist die garantierte Einspeisevergütung, die nach dem EEG für
jede Kilowattstunde an den Eigentümer gezahlt wird. Indirekt lebt davon
auch die Solar-Branche im Norden. Im Jahr 2010
wurden für neu installierte Anlagen rund 900 Millionen Euro investiert.
Zur Branche gehören vor allem Händler, Projektentwickler und solche
Installations-Betriebe, die die Planung, den
Aufbau und die Wartung der Anlagen aus einer Hand übernehmen. Dabei
handelt es sich sowohl um spezialisierte Firmen als auch um
althergebrachte Handwerksbetriebe, die ihr Spektrum um die Photovoltaik-Leistungen erweitert haben. Hersteller sind in Schleswig-Holstein kaum zu finden.


Alexander Hansmann, Geschäftsführer der Firma Baltic Solar in
Reinfeld bei Lübeck, sagt mit Blick auf die erneut angekündigten
Änderungen im EEG: „Hier wird einer Branche das Wasser abgegraben.“
Viele Unternehmen in Schleswig-Holstein
profitierten von der Einführung des EEG, das wie beabsichtigt die
Einstiegshürde für die erneuerbaren Energien gesenkt hat. Dann jedoch
hätte man die Förderung langsam, sicher und sinnvoll zurückfahren
sollen, so Alexander Hansmann. Stattdessen könne von Planungssicherheit
oder Kontinuität gar keine Rede mehr sein.


Baltic Solar hat 70 Mitarbeiter und diese hatten schon im vergangenen
Jahr mit abwechselnd irrem Ansturm und extremer Zurückhaltung der
Kunden zu kämpfen, je nachdem, wie die Einspeisevergütung gerade wieder
verändert wurde. „Die Investoren sind verunsichert und das auf einem
Markt, an dem eigentlich kein Weg vorbei führt.“ Er befürchtet nun, dass
die Branche der Photovoltaik-Installationsbetriebe in Deutschland ebenso ins Abseits gerät, wie zuvor bereits die Herstellung der Solarmodule.


Dabei seien die Preise in der Branche in letzter Zeit so stark gesunken, dass sich der Bau einer PV-Anlage
bald auch ohne Einspeisevergütung rentiert hätte, meint Alexander
Hansmann. Einfach weil der Strom vom eigenen Dach für die Menschen
günstiger geworden wäre, als der Bezug vom Stromanbieter. Doch genau
diesen Übergang, der sich laut Hansmann in den nächsten zwei Jahren
vollzogen hätte, sieht der Geschäftsführer nun gefährdet – und damit
auch so manchen Arbeitsplatz in Schleswig-Holstein.


Die Landesregierung hingegen verteidigt das Prinzip, die EEG-Zulagen
jetzt zu kürzen. „Die Senkung der Einspeisevergütung ist eine
notwendige Anpassung an die weiter sinkenden Herstellungskosten für
Solarmodule und soll eine unangemessene Überförderung vermeiden“, heißt
es in einer Stellungnahme aus dem Schleswig-Holsteinischen
Wirtschaftsministerium. Die weitere Begründung: Weil bei gleicher
Leistung Windkraftanlagen das drei- bis vierfache an elektrischer
Energie gegenüber PV-Anlagen liefern, setzt das Land auf den Ausbau der Windenergie. Ob und wie die Solarenergie-Branche im Land diese Einstellung verkraftet, wird die Zukunft zeigen.
Kerstine Appunn

Der vierte Teil der Serie erscheint am 6. März und beschäftigt sich mit der Atomkraft im Land.





Wärme vom Dach: Solarthermie
/sh:z
Regenerative Heiztechnologien wie die Solarthermie sind noch ein „schlafender Riese“ in der Erneuerbaren-Energien
Branche. Sie macht nur ein Prozent des deutschen Wärmeverbrauchs aus.
Die installierte Leistung von 1,66 Millionen Anlagen in Deutschland
betrug im Jahr 2011 insgesamt10,7 GW (th). Der Absatz von Kollektoren
stieg von 2010 auf 2011 aber immerhin um zehn Prozent.
Thermische
Solaranlagen liefern aus Sonnenlicht Wärme. In einem Kollektor wird
durch die Sonnenwärme ein flüssiges Frostschutzmittel erwärmt. Die warme
Flüssigkeit wird dann in einen sogenannten Wärmetauscher befördert, in
dem mit ihr Trinkwasser erwärmt wird. Bis zu 60 Prozent des
Gesamtenergieaufwandes für die Trinkwassererwärmung kann in einem
typischen Haushalt durch die Solaranlage geleistet werden.




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Claudia

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BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 10.03.12, 19:15  Betreff: Re: Energiewende: Aktueller Stand im Norden. WZ vom 14.02.2012  drucken  weiterempfehlen

Im vierten Teil der Serie: Die Kernkraft und deren Ende im Land.




Schleswig-Holstein unter Atomstrom

Trotz Abschaltung: Knapp die Hälfte des Stroms im Norden stammt aus Kernenergie

Kiel/Hamburg/Hannover

Knapp ein Jahr nach dem Fukushima-Schock werden die Vorbereitungen für die Energiewende eingeläutet. Zwei der drei Kernkraftwerke (KKW) in Schleswig-Holstein,
Krümmel und Brunsbüttel, sind bereits abgeschaltet. Das KKW Brokdorf
soll nach dem von der Bundesregierung beschlossenen Atomausstieg 2021
abgeschaltet und stillgelegt werden. Gleichwohl: Die Kernenergie im
nördlichsten Bundesland ist noch der bestimmende Energiefaktor im
Norden, auch wenn diverse Pannen und Abschaltungen den Betrieb der
Meiler Brunsbüttel und Krümmel seit 2007 begleiteten und das KKW
Brokdorf als einziges relativ konstant im Betrieb war. Eine Übersicht:


Energiebilanz
Im Jahr 2010 wurde nach Angaben des Statistikamtes Nord
„trotz der weiter bestehenden Abschaltung von zwei Kernkraftwerken“
knapp die Hälfte des in Schleswig-Holstein
produzierten Stroms aus Kernenergie gewonnen – nämlich 49,8 Prozent,
nach 51,4 im Vorjahr und 50,9 Prozent im Jahr 2008. Die aktuellsten
Zahlen von 2011 liegen zwar noch nicht vor. „Die Größenordnung des
Kernenergieanteils an der Stromerzeugung in Schleswig-Holstein
dürfte aber in etwa beibehalten werden“, sagt Dr. Hendrik Tietje,
Referatsleiter im Statistikamt Nord in Hamburg. Insgesamt wurden 2010
knapp 23 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt. Zum Vergleich: Der
durchschnittliche Stromverbrauch eines Drei-Personen-Haushalts
liegt bei etwa 3500 Kilowattstunden pro Jahr. Welches Gewicht die
Meiler im Norden für die Energiebilanz noch haben, macht Tietje mit
einem Beispiel deutlich: „Rein rechnerisch könnte allein das
Kernkraftwerk Brokdorf den Strombedarf in Schleswig-Holstein
zu etwa 85 Prozent decken.“ Ähnlich sehen die Bilanzen der inzwischen
abgeschalteten Meiler in Krümmel und Brunsbüttel aus.


KKW Krümmel
„Das Siedewasserkraftwerk in Krümmel mit einer
Nettoleistung von 1346 Megawatt produzierte im Leistungsbetrieb rund
zehn Milliarden Kilowattstunden Strom pro Jahr und lieferte damit etwa
30 Prozent der insgesamt in Schleswig-Holstein
erzeugten Strommenge“, sagt Alexander Hauk, Sprecher des Energiekonzerns
und Betreibers Vattenfall. Damit habe Krümmel täglich in etwa so viel
Strom produziert, wie in Hamburg verbraucht wurde. Seit Aufnahme des
kommerziellen Leistungsbetriebs Ende März 1984 seien in Krümmel gut 199
Milliarden Kilowattstunden Strom ins Netz eingespeist worden, so Hauk
weiter.


KKW Brunsbüttel
Der Siedewasserreaktor in Brunsbüttel mit einer Nettoleistung von 771 Megawatt produzierte nach Vattenfall-Angaben im Leistungsbetrieb sechs Milliarden Kilowattstunden Strom pro Jahr. „Das entspricht etwa einem Fünftel der in Schleswig-Holstein
erzeugten Strommenge“, so Hauk. Seit Aufnahme des kommerziellen
Leistungsbetriebs Anfang Februar 1977 seien in Brunsbüttel knapp 119
Milliarden Kilowattstunden Strom ins Netz eingespeist worden.


KKW Brokdorf
Der Druckwasserreaktor mit einer Nettoleistung von 1410
Megawatt speist laut E.ON pro Jahr im Schnitt zehn Milliarden
Kilowattstunden Strom in das Höchstspannungsnetz. Seit der kommerziellen
Inbetriebnahme des Kraftwerks im Jahr 1986 wurden demnach 276
Milliarden Kilowattstunden elektrische Energie erzeugt. Was sagt die
Zahl aus? „Mit dieser Strommenge kann man die gesamte Hansestadt
Hamburg, Haushalte wie Industrie, fast 20 Jahre rund um die Uhr mit
Strom versorgen“, sagt Dr. Petra Uhlmann, Sprecherin von E.ON Erzeugung
Deutschland in Hannover.


Wirtschaftsfaktor
Der Anteil der Kernkraft am Bruttoinlandsprodukt in Schleswig-Holstein
ist „eher bescheiden“, wie es der Statistiker Dr. Hendrik Tietje
ausdrückt. Er liege bei etwa einem Prozent. Dennoch: Die Kernkraftwerke
waren und sind wichtiger Wirtschaftsfaktor, Arbeitgeber und
Gewerbesteuerzahler für die Region, sagt Manfred Duffke, Referent für
Standortpolitik der IHK in Kiel.


„Viele Unternehmen im Umfeld profitierten von Aufträgen“, bestätigt auch Vattenfall-Sprecher
Hauk. Profitierende Gewerbe seien viele kleine und mittelständische
Unternehmen. Und zwar „die üblicherweise am Kraftwerk tätig werdenden
Dienstleister wie Landschaftspfleger, Maler, Maurer, Gerüstbauer,
Elektriker, Tischler“, sagt E.ON-Sprecherin Uhlmann, „aber auch der Einzelhandel wie Bäcker, Supermärkte, Metzger und natürlich Gastronomie und Hotelgewerbe.“


Die KKW Krümmel und Brunsbüttel bestellten laut Vattenfall jährlich
Waren und Dienstleistungen im In- und Ausland mit einem Gesamtvolumen
von knapp 100 Millionen Euro. Davon seien im Falle von Brunsbüttel im
Jahr 2010 mehr als 21 Millionen Euro direkt in die Unterelberegion
vergeben worden, beim KKW Krümmel seien es mehr als 37 Millionen Euro
gewesen. Beim KKW Brokdorf sind nach E.ON-Angaben
in den vergangenen fünf Jahren jährlich Aufträge mit einem Volumen von
im Schnitt 70 Millionen Euro vergeben worden. Davon seien 20 Millionen
Euro in der Region verblieben. „Dazu kommt noch die Kaufkraft der
beschäftigten Mitarbeiter, die ja auch hauptsächlich in der Region
verbleibt“, so die E.ON-Sprecherin. Diese bewege sich ebenfalls bei 20 Millionen Euro pro Jahr.


Zudem profitiert das Land Schleswig-Holstein
vom „Wasserpfennig“ – der Oberflächenwasserabgabe. Die Einnahmen lagen
nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in Kiel zu Zeiten des Betriebs
aller drei Atomkraftwerke bei 30 Millionen Euro, beim verbliebenen KKW
Brokdorf seien jährlich etwa 15 Millionen Euro fällig.


Stilllegung als Wirtschaftsfaktor
Hätte auch ein direkter Rückbau
wirtschaftliche Bedeutung für die Region? „Dabei würden überwiegend
spezialisierte Abbruchfirmen profitieren“, sagt der Vattenfall-Sprecher.
„Auch örtliche Handwerksbetriebe und Zulieferer könnten von den
Aufträgen profitieren.“ Es gebe allerdings auch Fachfirmen aus dem
Ausland, die sich für dieses Geschäft vorbereiten.


Energiewende
Die Energiewende tragen die KKW-Betreiber
mit – das schnelle Ende der Atomkraft aber mit Zähneknirschen.
„Vattenfall respektiert die Ausstiegsentscheidung der Regierung zur
Kernenergie“, sagt Konzern-Sprecher Hauk. „Wir
halten jedoch eine angemessene Entschädigung für notwendig. Dafür prüfen
wir alle juristischen Möglichkeiten, denn der finanzielle Schaden ist
enorm.“ Ähnlich blickt E.ON auf den Atomausstieg: „Diese Entscheidung ist
rein politisch motiviert und orientiert sich in keinster Weise an den
sicherheitstechnischen Gegebenheiten im Kernkraftwerk Brokdorf. Die
damit eingeleitete Energiewende akzeptieren wir als Primat der Politik.“
Gleichwohl hat E.ON Verfassungsklage eingereicht. „Die aber richtet sich
eben nicht gegen die Energiewende“, macht Sprecherin Petra Uhlmann
deutlich. Vielmehr betreffe die Klage die vorzeitige Abschaltung der KKW
Isar 1 und Unterweser. E.ON hofft dabei auf Milliarden-Entschädigungen vom Bund.
Wolfgang Blumenthal







Stilllegung von Atomkraftwerken  /blu
Zwei Varianten
Für
die Meiler Krümmel und Brunsbüttel sind die Berechtigung zum
Leistungsbetrieb nach dem Gesetz zum beschleunigten Ausstieg aus der
Kernenergie im August 2011 erloschen. Sie produzieren keinen Strom mehr.
Für die endgültige Stilllegung der bereits abgeschalteten Meiler werden
nach Angaben von Vattenfall-Sprecher Alexander
Hauk derzeit „alle Optionen, die nach dem Atomgesetz möglich sind,
geprüft und bewertet“. Dabei kommen der direkte Rückbau und der Sichere
Einschluss in Frage.
Beim Sicheren Einschluss
werden alle Brennelemente und weitere radioaktive Anlagenteile
entfernt. Anschließend wird die Anlage für einen längeren Zeitraum
versiegelt und – abgesehen von einigen Sicherungsmaßnahmen – außer
Betrieb genommen. Während dieses Zeitraums klingt die Radioaktivität auf
natürliche Weise ab, „was unter Strahlenschutzkriterien positiv ist und
den anschließenden Rückbau vereinfacht“, so Hauk weiter. Ein Beispiel
für den Sicheren Einschluss ist das Kernkraftwerk Lingen.
Beim direkten Rückbau wird die Anlage sofort abgebaut und entsorgt. Hauk: „Am Ende des Prozesses steht die grüne Wiese.“ Das Know-how
des Betriebspersonals könne hierbei noch intensiver als beim Sicheren
Einschluss genutzt werden. Der direkte Rückbau wird laut Vattenfall bei
den Kernkraftwerken Stade und Obrigheim angewandt.
Grundsätzlich dauere ein Rückbau drei bis vier Jahre, sagt der Vattenfall-Sprecher weiter. „Die daran anschließenden Arbeiten dauern bei allen Varianten mehrere Jahre.“ 







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Claudia

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BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 13.03.12, 20:35  Betreff: Re: Energiewende: Aktueller Stand im Norden. WZ vom 14.02.2012  drucken  weiterempfehlen

WZ vom 13.03.2012:

Im letzten Teil: Die Biogas-Branche und die kontroversen Diskussionen, die darüber geführt werden.



Biogas-Blase droht zu platzen

Gesetz knüpft Förderung von Neu-Anlagen an härtere Auflagen/ Politische Forderung nach Quoten für Maisanbau im Norden

Kiel

Sie spalten ganze Gemeinden. Sie beschäftigen die Gerichte. An vielen Orten, an denen Landwirte Biogas-Anlagen
bauen wollen, regt sich Widerstand. Kollegen sorgen sich um
Bodenpreise, Anwohner protestieren gegen den Gestank, und nicht nur
Naturschützer fürchten eine „Vermaisung“ der Landschaft. So wollen die
schleswig-holsteinischen Grünen bei einer
Regierungsbeteiligung nach der Landtagswahl den Kreisen die Möglichkeit
einräumen, Quoten für den Maisanbau festzulegen und die Errichtung neuer
Biogasanlagen zu verbieten.


Der seit knapp zehn Jahren zu beobachtende Anlagenboom hat nicht nur
das Gesicht der deutschen Landwirtschaft verändert. Nachwachsende
Rohstoffe sollten für saubere Energie sorgen. Doch selbst einst glühende
Befürworter des von der rot-grünen
Bundesregierung eingeleiteten Kurses sind längst ins Lager der Kritiker
gewechselt. Die Folgen der regierungsamtlichen Biogas-Propaganda sind offenkundig. Zwischen 2003 und 2011 hat sich die Maisanbaufläche in Schleswig-Holstein
auf 194 000 Hektar verdoppelt. Allein im vergangenen Jahr kamen knapp
19 000 Hektar dazu. Etwa die Hälfte wird zu Energie vergoren, der Rest
verfüttert.


Um Flächen für Mais frei zu machen, wurde in großem Umfang Grünland
umbrochen – mit negativen Folgen etwa für Wiesenvögel. Versuche des
Landes, den Grünlandumbruch zunächst mit Förderprogrammen, später mit
restriktiven Erlassen auszuhebeln, stießen beim Bauernverband auf
massiven Widerstand. Und mit dem Fachverband Biogas beharrt der
Bauernverband darauf, dass auf dem Weg zur Energiewende auf Maisanbau
nicht verzichtet werden könne. Die Landwirte erfüllten lediglich
politische Vorgaben im Kontext der proklamierten Energiewende.


„Mit mehr als einem Viertel, regional sogar bis 60 Prozent Maisanteil in einigen Regionen Schleswig-Holsteins, ist das verträgliche Maß überschritten“, urteilt der Grünen-Agrarexperte im Landtag, Bernd Voß.


Anlagen galten lange als
Investment ohne Risiken

Um die Vermaisung der Landschaft zu stoppen, verständigten sich
Agrarverbände und Landesregierung 2011 auf einen Katalog freiwilliger
Empfehlungen. Doch die werden, „so sinnvoll sie auch sind, überhaupt
nichts bringen“, ist sich Voß sicher. Nötig seien verbindliche Grenzen
für Monokulturen. Die aber sind nicht zu erwarten.


Biogasanlagen funktionieren ähnlich wie die Verdauung einer Kuh. Wenn
organische Stoffe mit Hilfe spezieller Bakterien vergären, wird
methanhaltiges Gas frei. Damit können Strom und Wärme erzeugt werden.
420 Anlagen mit zusammen 182,2 Megawatt elektrischer Leistung gibt es
landesweit bisher. Nicht nur Mais können die Meiler vergären, auch
Gülle, Stallmist oder Nahrungsmittelreste sind als „Futter“ möglich.


Allein: Die allermeisten Anlagen laufen mit Mais – nicht nur, weil
die Energieausbeute hier höher ist als bei anderen Stoffen; Kritiker
prangern vor allem falsche Förderanreize für Strom aus Biomasse an. So
hat das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) Strom
aus Biogas bis Ende 2011 mit umgerechnet 3000 Euro je Hektar gefördert.
Das ist nach Berechnungen der Umweltorganisation WWF fast das Zehnfache
dessen, was Bauern sonst pro Hektar durchschnittlich an EU-Förderungen erhalten.


Die Folge: Investoren pachten oder kaufen in großem Stil Ackerflächen und bauen Energie-Mais an. Für sie ist es ein äußerst lukratives Geschäft, das die Pachtpreise in die Höhe treibt und ganze Landstriche in Mais-Monokulturen verwandelt hat.


Der Betrieb einer Biogasanlage, die bis Ende 2011 gebaut worden ist,
ist ein Investment ohne große finanzielle Risiken. Der Agrarstrom bringt
dem Betreiber eine Grundvergütung von 9,18 Cent je Kilowattstunde. Dazu
kommen ein Bonus etwa für die Verwertung nachwachsender Rohstoffe von
sieben Cent je Kilowattstunde sowie diverse weitere Boni – etwa wenn die
Anlage auch verwertbare Wärme produziert. Ein Bioreaktor mit einer
Leistung von 200 Kilowattstunden „erbrütet“ damit bei 8000
Betriebsstunden im Jahr einen Umsatz von bis zu 320 000 Euro. Dagegen
stehen Rohstoffkosten von rund 120 000 und Investitionen von gut einer
Million Euro.


Wie viele Bio-Reaktoren noch im Bau oder
beantragt sind, weiß auch das Kieler Landwirtschaftsministerium nicht.
Zuständig dafür sind die Baubehörden der Kreise. Die aber können Anträge
oft nur abnicken. Nach dem Baugesetz sind Biogasanlagen „privilegierte“
Vorhaben. Da hilft es auch nichts, wenn sich eine Gemeindevertretung
und das halbe Dorf gegen den Bau aussprechen, nicht zuletzt weil sie um
die Ruhe im Dorf und einen Wertverlust ihrer Immobilien fürchten.


Ein weiterer Zuwachs an Maisflächen zwischen Nord- und Ostsee dürfte
gleichwohl erst einmal ausgebremst werden, so die Einschätzung vieler
Experten. Grund ist, dass in diesem Jahr ein neues EEG in Kraft getreten
ist, das das Geschäft mit Biogas-Anlagen unterm
Strich nicht mehr ganz so einfach und auch nicht mehr für alle so
lukrativ machen dürfte. Statt einer gibt es nun unterschiedliche
Grundvergütungen, die sich nach der Größe der Anlage richten. Für eine
500 Kilowatt-Anlage sind es 12,3 Cent je
Kilowattstunde. Hinzu kommen in der Regel sechs bis acht Cent je
Kilowattstunde, je nachdem, womit die Anlage „gefüttert“ wird. Eine
einschneidende Neuerung ist zudem, dass nur noch bis zu 60 Prozent Mais
und Getreide in die Biogas-Anlagen kommen dürfen. Und: Anlagen-Betreiber
müssen dafür sorgen, dass 60 Prozent der anfallenden Wärme genutzt
wird. Diese ganzen Änderungen gelten allerdings nur für Anlagen, die
erst in diesem Jahr in Betrieb genommen werden.
Peter Höver






[editiert: 13.03.12, 20:37 von Claudia]
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