Elektrisiert: Örtliche Versorger greifen an
1000 Konzessionsverträge laufen aus / Machtkampf mit Stromriesen E.ON-Hanse
Kiel
Noch ist der Machtkampf zwischen den Stadtwerken und E.ON-Hanse
nicht entschieden. Doch die 40 örtlichen Stromversorger im Norden
putzen derzeit kräftig die Klinken bei benachbarten Bürgermeistern und
Amtsvorstehern, um ihren Einflussbereich zu vergrößern. Etwa 1000
Konzessionsverträge laufen in den kommenden Jahren in Schleswig-Holstein aus und müssen neu ausgeschrieben werden. Hier wittern die Stadtwerke ihre Chance, dem Platzhirschen E.ON-Hanse Vertragskunden abzujagen. Wolfgang Schoofs vom Verband der schleswig-holsteinischen
Energie- und Wasserwirtschaft zeigte sich gestern in Kiel
zuversichtlich, dass der Beutezug gelingt: „Das Vertrauen der Bürger in
kommunale Stadtwerke ist groß. Es ist durch die Wirtschaftskrise sogar
noch gewachsen.“
Der bisherige Erfolg scheint ihm recht zugeben. So entschieden sich
kürzlich drei nordfriesische Ämter, den neuen Konzessionsvertrag statt
mit E.ON-Hanse mit den Stadtwerken Schleswig
abzuschließen. Zu den 16 000 Haushalten in Schleswig versorgen die
Stadtwerke demnächst weitere 20 000 rund um Husum. Auch in anderen
Landesteilen – etwa rund um Elmshorn und Ratzeburg – konnten Stadtwerke
dem Quickborner Energieriesen Kommunen abwerben.
„Dieser Wettbewerb um die Netze ist vom Gesetzgeber so gewollt“,
betonte Schoofs und wies mit Nachdruck die Kritik zurück, die kürzlich
die IHK geäußert hatte. Deren „neoliberalen Standpunkt“, dass die
Rekommunalisierung ordnungspolitisch der falsche Weg sei, teilten weder
Bürgermeister noch Bürger. Vielmehr versprächen die Gemeinden sich
durch die Gründung von Netzgesellschaften mit benachbarten Stadtwerken
mehr Geld in den öffentlichen Kassen, eine günstigere Versorgung und
mehr Einfluss in der Energie- und Klimapolitik. Bei der von E.ON-Hanse vorgeschlagenen Beteiligung an einer landesweiten Netzgesellschaft sei der Einfluss der Kommunen hingegen minimal.
Überzeugen müssen die expandierenden Stadtwerke allerdings noch die
Landesregierung. Die fürchtet offenbar, dass ein Flickenteppich
entsteht, wenn immer mehr Orte aus der Domäne von E.ON-Hanse herausgebrochen werden. Margret Kiosz