Kraftwerks-Abbau: Land will Druck machen
Kiel /höv
Schleswig-Holsteins Landesregierung will
Betreiber von Atomkraftwerken per Gesetz zwingen, zügig
Stilllegungsverfahren zu beantragen. Eine entsprechende Initiative soll
Anfang November in den Bundesrat eingebracht werden. Der Entwurf für
eine Reform des Atomgesetzes passierte gestern das Kabinett.
Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass der „sichere Einschluss“
eines Meilers als mögliche Rückbauvariante nicht mehr zugelassen wird.
Statt dessen sollen Betreiber die Anlage nach endgültiger
Betriebseinstellung komplett „bis zur grünen Wiese“ abbauen. Verstöße
gegen Anordnungen und Auflagen von Behörden zur Durchsetzung von
Stilllegungspflichten sollen mit Geldbußen von bis zu einer Million Euro
geahndet werden können. Bisher liegt der Bußgeldrahmen des Atomgesetzes
bei Ordnungswidrigkeiten zwischen 500 und 50 000 Euro.
Der für die Atomaufsicht zuständige Minister Robert Habeck nannte den
Vorstoß „politisch und fachlich geboten“. Mit der geltenden
Gesetzeslage lasse sich das beschlossene Atomausstiegsgesetz nicht
durchsetzen. So gebe es keine expliziten Regelungen, in welchem
Zeitrahmen Betreiber Stilllegungsanträge stellen und eine Stilllegung
abwickeln müssen.
Betroffen von der Neuregelung wären in Schleswig-Holstein
zwei Meiler. Für das Kernkraftwerk Brunsbüttel rechnet Habeck „zeitnah“
mit einem Stilllegungsantrag. Für Krümmel ist ein solcher Antrag bisher
nicht in Sicht. Mit dem Gesetzentwurf werde eine Lücke im Atomgesetz
geschlossen, sagte Habeck. Dies gelte auch für neun weitere
Atomkraftwerke, die in einem gestaffelten Zeitplan bis spätestens Ende
2022 noch vom Netz gehen müssten.
Die ungelöste Endlagerfrage sei kein Argument gegen den Rückbau, sagte
Habeck. „Wer sich dahinter verstecken will, der will offenbar die
Umsetzung des Ausstiegs auf den Sankt
-Nimmerleinstag verschieben“. Hochradioaktive, abgebrannte Brennelemente sollen – wie im Rahmen des Atomausstieg
-Konsenses
von 2002 vorgesehen – so lange in Standort nahen Zwischenlagern
deponiert werden, bis ein Endlager zur Verfügung steht. „Das
unterstreicht nur einmal mehr, dass wir mit der Atomenergie einen
Blindflug ohne Landebahn begonnen haben und schnell ein
Endlagersuchgesetz brauchen“, betonte der Minister.