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Stürmischer Streit um Windmesse. WZ vom 13.10.2011

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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 13.10.11, 20:29  Betreff: Stürmischer Streit um Windmesse. WZ vom 13.10.2011  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Seite 1:

Stürmischer Streit um die Windmesse

Hamburg will Husum den Rang ablaufen

Hamburg/Husum /fju /kim

Das Tauziehen zwischen Schleswig-Holstein und
Hamburg um die Ausrichtung der weltweit führenden Windmesse hat eine
neue Eskalationsstufe erreicht. Zunächst kündigte der Verband Deutscher
Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) gestern offiziell an, aus der
bisherigen Partnerschaft mit Husum auszusteigen und im Herbst 2014 in
der Hansestadt eine eigene Leitmesse für Windkraft auszurichten. Nur
Stunden später ging die Landesregierung in die Gegen-Offensive:
Ministerpräsident Peter Harry Carstensen will in den nächsten Tagen bei
einem Treffen mit Vertretern der Husumer Windmesse und der Hannover-Messe „die Weichen für eine Windenergie-Allianz mit internationaler Ausstrahlung stellen“.


Die Voraussetzungen dafür spricht VDMA-Geschäftsführer Thorsten Herdan der nordfriesischen Kreisstadt ab. „Das enorme Wachstum der Windkraft-Branche
bildet sich ab in einem Bedarf an einer größeren Messe“, erklärte er.
Insbesondere gelte dies mit Blick auf die neue Offshore-Technik.
Interessenten in einem viel größeren globaleren Maßstab als bisher
müsse man ansprechen – „aber internationale Kunden tun sich schwer mit
der Husum-Gemütlichkeit“, sagte Thomas
Richterich, Chef der Windbranche im VDMA. Er verwies auf
Ausstellungszelte, einen fehlenden Flughafen und beschränkte Hotel-Kapazitäten.
Herdan verwahrte sich gegen Vorwürfe, die Messe im „Hauruckverfahren“
abzuwerben. „Wir haben immer mit offenen Karten gespielt.“ Seit 2010
habe er die Diskussion über eine Abwanderung geführt, auch mit Peter
Harry Carstensen. Der weist das empört von sich: „Ich bin von der
Entscheidung völlig überrascht worden.“ Das Ganze sei keine Posse mehr,
sondern „peinlich und unappetitlich“. Zumal Hamburgs Senat sich
offensichtlich das „Aus“ für Husum erkaufen will. Ihm liege ein
Schreiben vor, in dem es heiße: „Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf
Scholz ist bestrebt, für Schleswig-Holstein
einen Ausgleich zu schaffen – durch die Verlagerung einer anderen Messe
nach Husum oder durch regelmäßige Zahlungen“. Ein unanständiges Angebot,
flucht Carstensen.

Seite 4:



Zwei Messen auf Kollisionskurs

Das Tischtuch scheint endgültig zerschnitten: Hamburg und Husum basteln getrennt an der jeweils größten Leistungsschau der Wind-Branche

Hamburg/Husum

Dass die „Husum Windenergy“ Charme besitzt – das bestreitet auch
Thomas Richterich nicht, der Vorsitzende der Windbranche im Verband
Deutscher Maschinen- und Anlagebau (VDMA) und Chef des Hamburger
Windkraft-Produzenten „Nordex“. „Man kann dort
an einem Abend in der Kneipe mehr über unsere Branche erfahren als
woanders innerhalb von zwei Jahren.“ Trotzdem tickt aus Sicht
Richterichs für die nordfriesische Kreisstadt die Uhr als Austragungsort
der weltweiten Leitmesse. Nicht zuletzt durch die neue Offshore-Technologie
und den Atomausstieg habe der Markt Dimensionen angenommen, die seiner
Einschätzung nach Husums Kapazitäten übersteigen. Deshalb will sich der
VDMA aus seiner Kooperation mit den Schleswig-Holsteinern
verabschieden und im September 2014 Hamburg zum Austragungsort einer
eigenen Schau machen – exakt eine Woche vor der geplanten Messe in
Husum. Das kündigte die Vereinigung, die 300 Produzenten und Zulieferer
aus dem Wind-Geschäft vertritt, gestern in der Hansestadt an.


Richterich griff zu einem Zahlenvergleich: 2003 seien weltweit
Rotoren mit einer Leistung von 3000 Megawatt errichtet worden, jeder
zweite in Deutschland. 2011 entstehe eine Leistung von 30 000 Watt – je
ein Drittel in Asien, Amerika und Europa, gerade noch fünf Prozent davon
in der Bundesrepublik. Entsprechend weite sich der Radius, aus dem es
Kunden anzusprechen gelte. „Wir müssen diesen Schritt wagen, weil sich
die Welt geändert hat“, sagte Richterich. Ansonsten bestehe „die Gefahr,
dass Husum immer weiter in den Hintergrund gerät“. Immerhin zehn
konkurrierende Städte in Europa würden versuchen, ihrerseits „den
Anspruch auf eine Leitmesse durchzusetzen“. Noch in diesem Jahrzehnt, so
VDMA-Geschäftsführer Thorsten Herdan, müsse die
Ausstellungsfläche von 35 000 Quadratmetern wie zuletzt in Husum auf
70 000 verdoppelt werden. Statt für 25 000 Besucher werde Platz für
60 000 benötigt. Herdan unterstrich: Bereits bei Beginn der
Zusammenarbeit mit den Nordfriesen 2006/07 habe sein Verband sein
Bekenntnis zur Westküste „davon abhängig gemacht, den Standort immer
wieder durch die Industrie überprüfen zulassen.


Was er verschwieg: Zuvor – 2002, 2004 und 2006 – hatte sich Hamburg
bereits einmal als Austragungsort einer Windmesse versucht– jeweils
erfolglos. „Unser einziger Fehler war, dass wir damals den
Kooperationsvertrag mit Hamburg geschlossen haben und die Hanseaten
damit künstlich am Leben gehalten haben“, erklärte gestern ein Insider
der Branche. Der Traditionsstandort Husum besitze „emotionale Qualität“,
die man nicht einfach an der Elbe imitieren könne. Er fürchtet um über
Jahre aufgebautes Vertrauen, das gerade im Windkraft-Geschäft beim Verkauf von Prototypen so wichtig sei.


Doch das spielt offenbar für den VDMA keine Rolle mehr. Die
Einmischung der Politik bei der Ausrichtung der Messe hält Herdan nicht
für hilfreich: „Das ist in erster Linie eine Angelegenheit der
Industrie.“ Unter anderem mit Repower und Siemens hätten sich gewichtige
Mitspieler mittlerweile in Hamburg angesiedelt. Hinzu komme die
maritime Wirtschaft in der Elbmetropole, auf deren Kompetenz die
Windkraft-Produzenten im Offshore-Bereich angewiesen seien. Ausdrücklich betonten sowohl die VDMA-Spitze als auch der Chef der Hamburg-Messe,
Bernd Aufderheide, für Husum stünden die Türen zu einer Kooperation
weit offen. „Wenn es 2014 zwei Messen gibt, können beide nur verlieren“,
befürchtet Herdan.


Genau so wird es wohl kommen. „Es gab vom VDMA kein einziges Angebot,
wie eine Kooperation denn aussehen könnte“, kritisiert der
Geschäftsführer der Husumer Messe-Gesellschaft,
Peter Becker. „Der VDMA macht die Messe, Husum ist raus – das war der
einzige Botschaft der Gespräche“, beklagt er sich. Sein Kommentar zu den
Ankündigungen in Hamburg gestern: „Das ist eine klare Kampfansage – und
die nehmen wir an.“ Becker verweist auf die Groß-Produzenten Vestas und
Enercon, die beide ebenso an Husum festhalten wie der Bundesverband
Windenergie. Nach Schätzungen Beckers repräsentieren die im VDMA
organisierten Betriebe derzeit „höchstens 30 Prozent der Marktmacht“.
Für die „Husum Windenergy“ 2014 liegen laut Becker bereits 350
Anmeldungen vor. Er ist sich deshalb sicher: „Auch dann findet die
weltgrößte Windmesse bei uns statt.“


Frank Jung / Margret Kiosz






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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 13.10.11, 20:33  Betreff: Re: Stürmischer Streit um Windmesse. WZ vom 13.10.2011  drucken  weiterempfehlen

Kommentar von Seite 2:



Wenn Verbände Wind machen

Im Streit um die Windenergie-Messe dürfen Hamburg und Schleswig-Holstein nicht politischen Flurschaden anrichten

Stephan Richter

David gegen Goliath, so scheint der Streit zwischen Husum und Hamburg um die Windenergie-Messe
zu lauten. Das Schöne an diesem biblischen Bild: David gewinnt, weil er
seine physische Unterlegenheit mit Cleverness wettmacht. Warum soll das
Husum nicht gelingen, zumal die Stormstadt Schlauheit und Weitsicht
unter Beweis gestellt hat, als in Hamburg noch Windenergie als
„Provinztechnologie“ belächelt wurde?


Das Ärgerliche am Streit um den Messe-Standort
ist nicht der Wettbewerb; den kann Husum auch gegen die Metropole
Hamburg bestehen. Die Wettbewerbsverzerrung entsteht durch die
Lobbyarbeit des Industrieverbandes VDMA. Dessen Funktionären ist der
Erfolg an der Westküste seit langem ein Dorn im Auge. Konkurrenz-Windmessen
in der Elbmetropole scheiterten bisher kläglich. So kam dem Verband die
Energiewende gerade recht, um Rache zu nehmen. Jetzt wird auf die
weltweite Konkurrenz von Branchenmessen verwiesen. Da sei es extrem
riskant, weiter auf den Standort Husum zu setzen. Dieses Argument ist
genauso absurd wie die Behauptung, angesichts immer größerer
Containerschiffe und veränderter Frachtverkehre sei es unverantwortlich,
weiter auf den Hamburger Hafen zu setzen und die Elbe zu vertiefen.


Ausgerechnet ein Industrieverband, der regelmäßig mehr Markt und
weniger politischen Einfluss fordert, greift unzulässig in den
Wettbewerb ein. „Internationale Kunden tun sich schwer mit der Husum-Gemütlichkeit“,
erklärt der Chef der Windbranche im VDMA. Dass er dies belegen kann,
ist zu bezweifeln. Haben sich etwa Messestandorte wie Hannover,
Frankfurt oder Leipzig wegen ihrer „Gemütlichkeit“ etabliert? Nein,
Aussteller und Messebesucher schauen auf Kundenkontakte, auf Abschlüsse,
auf das Messeklima. An Gemütlichkeit denken eher die Verbände.


Sprengstoff erhält der Standort-Streit durch
den politischen Schlagabtausch zwischen Hamburg und Kiel. Dabei zeigt
sich, dass das angeblich so gute Verhältnis der Nachbarländer, die ach
so tolle vertrauensvolle Zusammenarbeit nur Fassade war. Dies fällt auf
beide Seiten zurück.


Von einem politischen Schlagabtausch, der womöglich auch noch dem
heraufziehenden Wahlkampf im Norden geschuldet ist, wird niemand
profitieren. Umso mehr sollten Landesregierung und Senat weiteren
politischen Flurschaden vermeiden und das Gespräch suchen.







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