Ole
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Erstellt: 22.09.10, 12:37 Betreff: Stadtrat will über Brunsbüttel noch nicht entscheiden
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Stadtrat will über Brunsbüttel noch nicht entscheiden
Energie: Stadt hält sich Beteiligung an Steinkohlekraftwerk vorerst offen - Ausstieg aus dem Projekt bleibt möglich Aschaffenburg Soll die Stadt an der möglichen Beteiligung am Steinkohlekraftwerk Brunsbüttel festhalten oder nicht? Der Stadtrat hat eine Entscheidung darüber am Montag abgelehnt - gegen die Stimme von Johannes Büttner (Kommunale Initiative), der den sofortigen Ausstieg aus dem Projekt gefordert hatte. Gegenargument der klaren Stadtratsmehrheit: Für eine Entscheidung fehle eine seriöse Grundlage.
So gebe es für das geplante Steinkohlekraftwerk in Brunsbüttel weder eine Genehmigung noch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, erläuterte Dieter Gerlach, Geschäftsführer der Aschaffenburger Versorgungsgesellschaft (AVG). Mit ihren bisherigen Einlagen hätten die Betreiber des Projekts nur die Voraussetzung für das Genehmigungsverfahren geschaffen. Erst Wirtschaftlichkeit berechnen Wenn das Steinkohlekraftwerk keine Baugenehmigung bekomme, erübrige sich eine Entscheidung des Stadtrats. Was die Wirtschaftlichkeit betreffe, stocherten Befürworter und Gegner des Projekts im Nebel: Die verlängerten Laufzeiten der Atomkraftwerke seien noch kein Gesetz, und die Prüfung, ob sich ein Steinkohlekraftwerk dann rentiere, stehe ebenfalls aus. Gerlach schlug vor, die Entscheidung über Brunsbüttel daher mindestens bis Jahresende zurückzustellen. Die Sprecher der CSU, Rainer Kunkel, der SPD, Jürgen Herzing, und der FDP, Karsten Klein, stellten sich klar hinter diesen Vorschlag. Kunkel würdigte die Strategie der Aschaffenburger Versorgungsgesellschaft, die eigene Energie-Erzeugung auf mehrere Säulen zu gründen: sowohl die Stromproduktion aus regenerativen Quellen voranzutreiben als auch die Beteiligung an einem konventionellen Kraftwerk ins Auge zu fassen. »Das dient der Zukunft, dem Erhalt der kommunalen Versorgung und der Stadtwerke.« Sicher und preisgünstig Es diene auch den Bürgern, ergänzten Herzing und Klein: Stadtrat und AVG hätten der Beteiligung an Brunsbüttel früher auch deshalb zugestimmt, um die Kunden weiterhin sicher und preisgünstig mit Strom versorgen zu können. Herzing zitierte Boris Palmer (Grüne), den Oberbürgermeister der Stadt Tübingen, die wie Aschaffenburg eine Option für Brunsbüttel hält: Kommunen könnten sich engagierte Projekte zur klimaschonenden Stromversorgung nur leisten, wenn sie an den Gewinnen bei der Stromerzeugung partizipierten. Die Aschaffenburger Grünen stimmten der Vertagung zu, aber nur befristet: In vier Wochen soll ihr eigener Antrag behandelt werden, die Brunsbüttelpläne aufzugeben. Ihr Sprecher Stefan Wagener wandte sich gegen jede Beteiligung an Kohlekraftwerken. Statt dessen sollte die AVG mit ihren Partnern nach schadstoffarmen Alternativen suchen. Ähnlich äußerte sich Leonie Kapperer (parteilos). Ökologische Bedenken Büttner hielt an seinem Ausstiegsantrag fest. Wie die Grünen stellte er nicht nur die Wirtschaftlichkeit der Beteiligung an Brunsbüttel in Frage. Auch er äußerte klare ökologische Bedenken gegen eine Stromerzeugung aus Steinkohle. AVG-Geschäftsführer Gerlach hatte zuvor leidenschaftlich dafür geworben, an der Kraftwerksoption festzuhalten. Wenn die AVG als kommunales Versorgungsunternehmen erhalten bleiben solle, müsse sie ihre eigene Stromerzeugung entscheidend ausbauen: Nur auf dieser Stufe der Energieversorgung finde Wertschöpfung statt, ließen sich Gewinne erzielen. Am reinen Stromhandel sei nichts mehr zu verdienen. Gerlach erinnerte an die massiven Bemühungen der AVG um eine Stromerzeugung aus regenerativen Quellen von Fotovoltaik bis zum Biomasse-Heizkraftwerk in Leider. Intensiv suche sie derzeit nach einem Standort für Windkraftanlagen. Ökostrom und Wirkungsgrad Ebenso massiv bemühe sich die AVG um eine Stromerzeugung mit hohem Wirkungsgrad durch Kraft-Wärme-Kopplung - von den Miniblockheizkraftwerken in Häusern und Schulen über das Leiderer Heizkraftwerk bis zur Kooperation mit der SCA, die ein eigenes Gas- und Dampfturbinenkraftwerk betreibe. Schließlich animiere die AVG ihre Kunden aktiv zum Stromsparen. Mit Bonuszahlungen für Energiesparberatungen unterscheide sich der kommunale Versorger von den Konzernen, für die Gewinnmaximierung und Rendite im Vordergrund stünden. Doch entscheidend könne die AVG ihre Stromproduktion nur ausweiten, wenn sie sich an einem Großprojekt beteilige. Sie versuche das über einen Zusammenschluss von Stadtwerken, die Südweststrom-Kraftwerksgesellschaft. Um Alternativen bemüht Deren Bemühungen um Alternativen zur Steinkohle seien gescheitert: am Widerstand der Bürger (Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerk Wertheim) oder an der Weigerung von Eon, das nötige Grundstück zu verkaufen (Bayernwerksgelände Aschaffenburg). Das Steinkohlekraftwerk Brunsbüttel sei eine moderne, effiziente Anlage, geplant zum Ersatz »alter Mühlen« aus der Nachkriegszeit mit Wirkungsgraden von maximal 35 Prozent, wandte sich Gerlach gegen ökologische Bedenken. Der Standort Brunsbüttel eigne sich hervorragend, die Lage am Meer erlaube einen Kohletransport zu Wasser. Zudem würden Ergänzungskraftwerke zur regenerativen Stromgewinnung auch künftig gebraucht, da sie witterungsunabhängig Energie liefern könnten. Die Südweststrom lasse den Streit um den Energieträger außen vor, so Gerlach, sie orientiere sich an den Möglichkeiten. Für die AVG gehe es dabei um die Frage: »Haben wir künftig einen Anteil an Ergänzungskraftwerken oder haben wir - wie heute - keinen?« Peter Freudenberger Hintergrund: Südweststrom und Kohlekraftwerk Brunsbüttel
Die Südweststrom GmbH (SWS) ist ein Zusammenschluss von über 70 Stadtwerken und kommunalen Versorgungsunternehmen mit dem Ziel, im Wettbewerb mit den vier großen Energiekonzernen in Deutschland zu bestehen. Sie hat mehrere projektbezogene Tochterunternehmen, an zweien davon ist die Aschaffenburger Versorgungsgesellschaft (AVG) beteiligt: an der SWS-Handelsgesellschaft, die durch den gemeinsamen Stromeinkauf größere Mengen und niedrigere Preise gewährleisten will, sowie an der SWS-Kraftwerksgesellschaft, die seit 2005 den Bau eines Gemeinschaftskraftwerks betreibt. Die Gesellschafter sollen damit die eigene Stromerzeugung ausbauen können. Seit 2008 plant die Kraftwerksgesellschaft, in den Bau des Steinkohlekraftwerks Brunsbüttel einzusteigen. Die AVG will über ihre Einlage eine »Scheibe« von zehn Megawatt an diesem Kraftwerk erwerben. Zum Vergleich: Das Biomasse-Heizkraftwerk im Leiderer Hafen hat eine Leistung von 1,3 Megawatt (nur Strom). Bisher hat die AVG 500 000 Euro eingezahlt, so Geschäftsführer Dieter Gerlach. Bei einer Entscheidung für den Bau belaufe sich der Investitionskostenanteil der AVG auf 17 Millionen Euro, von denen sie ein Drittel bar aufbringen müsste. Der Rest soll über die Erlöse aus dem Stromverkauf abgetragen werden. ( pf) Quelle: http://www.main-netz.de/nachrichten/region/aschaffenburg/aschaffenburg-stadt/stadt/art11846,1355376
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