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Strahlender Protest gegen Atomdeal. WZ vom 29.09.2010

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Claudia

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BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 29.09.10, 16:34  Betreff: Strahlender Protest gegen Atomdeal. WZ vom 29.09.2010  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Strahlender Protest gegen den Atomdeal

Bundesweite Protestaktion – Fehlschlag in Brunsbüttel / Kabinett beschließt Laufzeitverlängerung / Röttgen kontert Schmalfuß

Kiel/Berlin /bg /dpa

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) geht auf Gegenkurs zum schleswig-holsteinischen
Justiz- und Atomaufsichtsminister Emil Schmalfuß (parteilos). Röttgen
wies gestern die Kritik von Schmalfuß zurück, dass die im Zuge der
Laufzeitverlängerung geplanten Sicherheitsauflagen für Kernkraftwerke
„möglicherweise zu einer Absenkung des hohen Schutzniveaus“ führen
könnten. „Ich sehe schon logisch keinen Raum, dass hier eine Absenkung
möglich ist“, sagte Röttgen bei der Vorstellung des Energiekonzepts der
Bundesregierung. Schmalfuß hatte in einem Brief an Röttgen unter anderem
die Befürchtung geäußert, dass durch die Atomgesetznovelle eine
„Abschwächung der weitreichenden Pflichten der Betreiber“ erfolgen
könnte. Röttgen teilt diese Ansicht nicht: „Wir erhalten den kompletten
Sicherheitsstandard, wie er jetzt ist. Und wir führen eine allgemeine
Ermächtigungsgrundlage für die Atomaufsicht vor Ort ein, die es ihr
erlaubt zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu erlassen.“


Kurz vor dem Kabinettsbeschluss für längere Atomlaufzeiten hatten Greenpeace-Aktivisten an allen zwölf AKW-Standorten protestiert. Am Morgen projizierten sie den Slogan „Atomkraft schadet Deutschland“ auf die Kraftwerke. In Schleswig-Holstein
griffen die Kraftwerksbetreiber zu Gegenmitteln: In Brunsbüttel
strahlten sie den Reaktor so hell an, dass der Slogan nicht zu lesen
war. In Brokdorf beleuchtete die Werksfeuerwehr den Meiler, der
Schriftzug auf der Reaktorkuppel war dennoch gut sichtbar. Mit dem
Protest wollte Greenpeace Röttgen dazu auffordern, seine Zustimmung zu
der Atom-Novelle zu verweigern. Das
Energiekonzept der Regierung sei nicht mehr als die Verpackung für ein
milliardenschweres Geldgeschenk an die Atomkonzerne.


Wenige Stunden nach den Aktionen beschloss das Bundeskabinett, dass
die Atomkraftwerke im Schnitt zwölf Jahre länger am Netz bleiben sollen.
Nach dem Willen von Union und FDP sollen die sieben vor 1980 ans Netz
gegangenen Meiler acht Jahre länger laufen; die übrigen zehn
Atomkraftwerke bekommen 14 Jahre mehr. Damit würde der letzte Meiler
nicht vor 2036 vom Netz gehen.


In der Kieler Landesregierung sind die Ansichten über die Atompolitik
geteilt. Während die FDP und Minister Schmalfuß die Laufzeitverlängerung
für die Pannenmeiler in Krümmel und Brunsbüttel ablehnen, begrüßt die
CDU die generelle Zusatzfrist von acht Jahren für Brunsbüttel und zwölf
Jahren für Krümmel und Brokdorf.

Seite 7:



Die strahlenden Minister

Längere Laufzeiten für Atomkraftwerke: Kabinett verabschiedet Energiekonzept / Weg zu mehr Ökostrom und weniger CO2-Ausstoß bleibt unklar

Berlin

Gleich fünf Minister hat die Kanzlerin geschickt: Rainer Brüderle
(Wirtschaft), Norbert Röttgen (Umwelt), Peter Ramsauer (Bau), Wolfgang
Schäuble (Finanzen) und Annette Schavan (Forschung). Sie sollen an
diesem trüben Dienstag öffentlich verkaufen, was nach Meinung von Angela
Merkel eine Revolution ist. Auch wenn inzwischen wesentliche Punkte,
die selbst SPD-Chef Sigmar Gabriel lobte, aus dem Energiekonzept wieder heraus gestrichen worden sind. So schwirren schwarz-gelbe
Zahlen und Lobeshymnen durch den Raum der Bundespressekonferenz.
Brüderle (FDP) ist gewohnt bildreich und bereitet seine Zuhörer kurz
nach der Kabinettsentscheidung auf eine beschwerliche Wanderung vor:
„Wir müssen jetzt den Rucksack schnüren.“ Ohne die Brücke Atomkraft
seien Wachstum und Wohlstand nicht zu haben. Die im Schnitt zwölf Jahre
längeren Laufzeiten brächten drei Vorteile: Bezahlbarer Strom, mehr
Klimaschutz und Schecks von den Konzernen.


Wie die Regierung ansonsten ihre Ziele eines Ökostrom-Anteils von 80 Prozent und bis zu 95 Prozent weniger Kohlendioxid-Emissionen
bis 2050 erreichen will, bleibt sehr im Vagen. Umweltminister Röttgen
(CDU) spricht von über 60 konkreten Maßnahmen. Dafür gibt es aber auch
über 30 Prüfaufträge – Luftbuchungen, sagen dazu Opposition und
Umweltschützer. „Herausgekommen ist eine ideologisch festgelegte und
fachlich nicht gerechtfertigte Verlängerung der Atomlaufzeiten, die mit
ein paar wohlklingenden und unverbindlichen Absichtserklärungen garniert
wurde“, sagte Nabu-Geschäftsführer Leif Miller.


Der Zwang zur Gebäudesanierung wurde gestrichen, damit ist die
drastische Energieeinsparung bis 2050 fraglich. Jetzt soll es mit
Anreizen klappen. Doch für 2011 gibt es nur 950 Millionen Euro, deutlich
weniger als in den Vorjahren. Bis 2040 sollte zudem die
durchschnittliche CO2-Emission im Autoverkehr von 160 auf 35 Gramm pro Kilometer gesenkt werden. Auch das wurde gekippt.


Um dennoch zu zeigen, dass es der Regierung ernst ist, verabschiedete sie gestern ein „Zehn-Punkte-Sofortprogramm“,
das bis Ende 2011 umgesetzt sein soll. Ein Schwerpunkt ist dabei die
Förderung des stockenden Baus von Windkraftparks in Nord- und Ostsee.
Bei der Staatsbank KfW wird ein Fünf-Milliarden-Euro-Förderprogramm aufgelegt. Genehmigungsverfahren werden gebündelt und vereinfacht.


Röttgen betont, längere Atomlaufzeiten seien notwendig, um erst
einmal die Stromnetze zu bauen, um den Windstrom von der Küste
abzutransportieren. Rot-Grün habe 2000 den Atomausstieg beschlossen, ohne ein Konzept vorzulegen, wie die Öko-Energiewende
überhaupt geschafft werden soll. „Wir stehen beim Netzausbau praktisch
bei Null“, sagt Röttgen. Er und Brüderle, die sich nach ihren
Differenzen über die Länge der Laufzeiten nun betont freundlich im
Umgang miteinander geben, wollen Widerstände in der Bevölkerung gegen
neue Stromautobahnen auflösen. Wer keine Netze wolle, sei letztlich
gegen den Ausbau der erneuerbaren Energie, sagt Röttgen. Brüderle
pflichtet ihm bei: „Wer A sagt, muss auch B sagen.“


Auf die Einwände, seine Forderung nach dem AKW-Schutz
gegen Flugzeugabstürze sei kassiert worden, reagiert Röttgen mit einem
weitausschweifenden Referat. Unterm Strich schaffe er ein Mehr an
Sicherheit. Juristen sehen aber auch im neuen Atomgesetz Paragrafen, die
auf genau das Gegenteil hinauslaufen und die Konzerne von zu massiven
Forderungen entbinden könnten. Auf weitere kritische Nachfragen reagiert
Röttgen trotzig: „Mich überzeugt sie jedenfalls, meine Position.“


Georg Ismar / Tim Braune







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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 29.09.10, 16:37  Betreff: Re: Strahlender Protest gegen Atomdeal. WZ vom 29.09.2010  drucken  weiterempfehlen

Kommentar:




Die Unmodernen

Union und FDP werden die Laufzeitverlängerung noch bitter bereuen – da hilft auch keine Rhetorik um Sonne, Wind und Biomasse

Henning Baethge

Ein kluger Mann hat mal gesagt: „Eine Volkspartei muss sich gut
überlegen, ob sie gerade die Kernenergie zu einem Alleinstellungsmerkmal
machen will. Wir sollten unsere Akzeptanz in der Bevölkerung nicht an
den störungsfreien Betrieb von Kernkraftwerken knüpfen.“ Formuliert hat
das – Norbert Röttgen. Und es ist noch nicht mal acht Monate her. Dass
der Umweltminister sich nicht durchgesetzt hat, sondern gestern den
Regierungsbeschluss zur Laufzeitverlängerung für Atommeiler
zähneknirschend mit vertreten musste, ändert nichts an der Weitsicht
seiner Sätze.


Union und FDP werden den gestrigen Tag noch bereuen. Dass sie ohne
Not einen befriedeten Streit wieder aufflammen lassen, ist nicht nur
ökonomisch überflüssig, sondern auch politisch fahrlässig und taktisch
unsinnig. Der Atomausstieg Anfang des Jahrtausends war ja mehr als nur
eine energiewirtschaftliche oder umweltpolitische Entscheidung. Er war
Teil einer breit unterstützten, umfassenden gesellschaftlichen
Modernisierung des Landes, die Rot-Grün nach der
Lethargie der ausklingenden Kohl-Ära vorantrieb – mit der Einführung
gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, der doppelten
Staatsbürgerschaft, der Greencard für Einwanderer und eben dem
Atomausstieg. Die Republik atmete auf, weil sie sich von einer Technik
zu befreien begann, die nicht zu Ende gedacht ist und apokalyptische
Folgen haben kann, wenn sie außer Kontrolle gerät.


An dieser Einschätzung hat sich seither nichts geändert – im
Gegenteil. Der Widerstand gegen die Atomkraft geht heute weit ins
konservative Milieu hinein. Das hat im Frühling die Menschenkette
zwischen den Pannenreaktoren in Brunsbüttel und Krümmel gezeigt, die
mehr als hunderttausend Bürger auf die Beine brachte – auch aus dem
christdemokratischen Lager. „Es wäre besser, man würde uns mit der
ökonomischen und ökologischen Modernisierung unseres Landes verbinden“ –
auch das hat Röttgen zur CDU und der Atomfrage gesagt. Dazu ist es nun
trotz aller Koalitionsrhetorik um Sonne, Wind und Biomasse zu spät. Wer
weiterhin auf Kernkraft setzt, ist schlicht von gestern.








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