Wilster – Nabel der Energiewende
Suedlink startet am Umspannwerk Wilster – Nordlink endet in Büttel / Baubeginn voraussichtlich 2020
Wilster/Nortorf
Es gibt viele Knotenpunkte für die Verteilung des Stroms in
Deutschland. „Aber Wilster ist sicher ein wichtiger Punkt für die
Energiewende in Deutschland“, versichert Alexander Greß, Sprecher des
Netzbetreibers Tennet. Kein Wunder, dass die Stadt in der Marsch derzeit
immer wieder in den Medien auftaucht. Suedlink – die geplante Trasse,
um den Strom, vor allem aus regenerativer Energie, vom Norden in den
Süden zu bringen, beginnt in Wilster und führt von dort bis nach
Grafenrheinfeld (Bayern). Genauer gesagt ist der Startpunkt allerdings
am Umspannwerk Wilster mit Standort in der Gemeinde Nortorf.
Grund dafür ist die Auslastung der Leitungen. „Damit möglichst wenig Verlust entsteht, muss das Gleichstrom-Netz
möglichst unter Volllast betrieben werden“, erklärt Greß. Das kann nur
gewährleistet werden, wenn verschiedene Energiequellen zur Verfügung
stehen. Bei Flaute kann dann auch auf den Strom zurückgegriffen werden,
der von anderen Anlagen oder durch Sonnenenergie produziert wird. Und:
Über die Leitung Nordlink kann auch Strom aus Norwegen eingespeist und
so nach Süddeutschland transportiert werden. Nordlink soll über ein
Seekabel Strom aus Skandinavien nördlich von Büsum an die Nordseeküste
bringen und von dort weiter westlich von Meldorf bis in das Umspannwerk
Büttel.
Doch noch stecken die gesamten Planungen in den Kinderschuhen. Und
zurzeit stockt der Prozess. Denn nachdem Tennet Mittwoch in Berlin den
Trassenverlauf für Suedlink präsentiert hat, kam aus Bayern das Veto.
Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte postwendend ein Stopp des
Ausbaus gefordert. „Wir gehen davon aus, dass es in wenigen Wochen
weitergehen kann“, sagt Alexander Greß, der die Situation bisher als
„noch nicht zeitkritisch“ bezeichnet.
Eine direkte Konsequenz gibt es allerdings bereits: Erste
Informationsveranstaltungen sind abgesagt worden (wir berichteten).
Ursprünglich hatte Montag in Wilster die Auftaktveranstaltung, kurz
darauf ein so genannter Marktplatz stattfinden sollen. „Wir hatten die
Befürchtung, dass zum jetzigen Zeitpunkt nur über den Grundsatz
diskutiert würde, ob es überhaupt eine Trasse gibt“, berichtet der
Tennet-Sprecher über den Hintergrund. Eigentlich
wollte der Netzbetreiber aber schon über die konkreten Planungen
sprechen und dabei Bürgermeister, Verwaltungen, Verbände, aber auch die
Bürger beteiligen. „Wir verstecken uns jetzt aber nicht, wir bleiben im
Dialog“, verspricht Greß. Die Termine seien ohnehin geblockt und die
Tennet-Mitarbeiter stünden für Treffen zur Verfügung, wenn das gewünscht sein sollte.
Überhaupt bemüht sich das Unternehmen um eine große Transparenz. Mit Thomas Wagner steht laut der Internetseite von Tennet (www.tennet.de)
ein Ansprechpartner zur Verfügung, der alle Interessen aufnehmen und
sammeln soll. „Das Projekt SuedLink befindet sich aktuell in der
Vorbereitungsphase, in der mögliche Trassenkorridore für das
anschließende Planungs- und Genehmigungsverfahren ermittelt werden. Ihre
Meinung ist uns wichtig!“, heißt es im Internet. Auch über
Trassenkorridore könne man bei den Infoveranstaltungen sprechen. Auch
sei es vorstellbar, dass sich Arbeitsgruppen gründen, dort, wo es
Bedürfnisse gebe.
Allerdings mit Einschränkungen. Denn nachdem im Untersuchungsrahmen
ein zwölf Kilometer breiter Korridor zugrunde gelegt worden war, ist die
Trassenplanung jetzt auf einen Kilometer reduziert worden. Dabei wurden
beispielsweise bereits Siedlungen und Naturschutzbereiche
berücksichtigt, erklärt Alexander Greß. Die jetzt vorgestellte Trasse
sei so angelegt, dass sie aus technischen und planerischen Vorgaben
durchgehen könne.
Jetzt gilt es erst einmal die politischen Diskussionen abzuwarten,
bevor weitere Schritte gemacht werden. Dann folgt die Beteiligung der
Öffentlichkeit. Im nächsten Jahr soll die Bundesfachplanung folgen, das
Raumordnungsverfahren, und ab 2018/19 schließlich das
Planfeststellungsverfahren. Baubeginn, so Alexander Greß, könnte dann
etwa 2020 sein. Schon zwei Jahre später – wenn sechs Atomkraftwerke in
Bayern und Baden-Württemberg abgeschaltet werden
sollen – soll der Strom von Nord nach Süd fließen. So sieht die
bisherige Planung von Tennet aus.
Die Trasse soll sich an bisherigen Leitungen orientieren, um eine
zusätzliche und neue Belastung möglichst zu vermeiden. „Wir haben die
Vorgabe, dass wir uns an der bestehenden Infrastruktur orientieren.“ Die
Angst von gigantischen Riesenmasten sieht Alexander Greß als
unbegründet. „Die neuen Masten werden rund 70 Meter hoch. Die Masten der
380-Kv
-Leitung im Kreis Steinburg seien auch jetzt bereits 60 bis 70 Meter hoch“, erklärt der Tennet
-Sprecher.
Auch zunehmende Geräuschpegel seien nicht zu erwarten. Denn die Technik
habe sich entwickelt, und die modernen Leitungen seien nicht mit denen
von vor 30 Jahren zu vergleichen. Bauarbeiten sind auch noch direkt am
Umspannwerk in Nortorf nötig. Dort muss für Suedlink eine Konverterhalle
entstehen. Aber auch das wird erst mit dem Baubeginn für die Trasse
zusammenfallen.
Sönke Rother