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Müllflut verseucht Nord- und Ostsee. WZ vom 05.02.2010

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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 07.02.10, 22:33  Betreff: Müllflut verseucht Nord- und Ostsee. WZ vom 05.02.2010  drucken  weiterempfehlen

Müllflut verseucht Nord- und Ostsee

Experten schlagen Alarm: „Wir sind machtlos“ / Dramatische Folgen

Kiel / Tönning /uli

Der jahrzehntelange Kampf gegen den Müll in Nord- und Ostsee war
vergebens: Trotz aller Bemühungen einzelner Staaten wie auch der
internationalen Seeschifffahrts-Organisation
(Imo) ist die Verschmutzung nicht zurückgegangen. Das bestätigte der
Referatsleiter Meeresschutz im Kieler Umweltministerium, Bernd Scherer,
unserer Zeitung. „Der Müll in Nord- und Ostsee ist und bleibt ein
Riesenproblem“, sagte er. Scherer reagierte damit auf Berichte, denen
zufolge die Bundesregierung intern einen kompletten Misserfolg im Kampf
gegen die Müllflut festgestellt hat.


Bei dem Abfall handelt es sich vor allem um Kunststoffe –
größtenteils Rückstände von Verklappungen. Aber auch Schiffsunfälle
tragen erheblich zur Verschmutzung der Gewässer bei. Allein in der
Nordsee kommen so rund 20 000 Tonnen Müll im Jahr zusammen. Ein
besonderes Problem stellen verloren gegangene Fangnetze der Fischerei
dar. „Tiere verwickeln sich darin, Schiffsschrauben werden blockiert,
selbst die Wasserzufuhr von Kraftwerken kann unterbrochen werden“,
erläutert David Fleet, Umweltbeobachter beim Landesbetrieb Küstenschutz
in Tönning. „Und wenn die Strände mit Plastikteilen übersät sind,
schadet das nicht zuletzt dem Tourismus.“


Besonders dramatisch sind die Folgen der maritimen Vermüllung
allerdings für die Tierwelt. Vor allem Vögel seien betroffen, berichtet
Ursula Siebert vom Forschungs- und Technologiezentrum Westküste in
Büsum. Fleet ergänzt: „Die Tiere fressen den Müll, weil sie ihn mit
Nahrung verwechseln, und verenden.“ Bei den an der deutschen
Nordseeküste heimischen Eissturmvögeln fänden sich bei rund 90 Prozent
der tot aufgefundenen Tiere Kunststoffteile im Magen. Nicht
ausgeschlossen sei sogar, dass der oft giftige Müll am Ende der
Nahrungskette wieder beim Menschen landet. Eine Studie der Universität
im britischen Plymouth habe unlängst ergeben, dass sich unlösliche
krebserregende Substanzen wie DDT in den Meeresabfällen ablagern und
anreichern.


Ist der Kampf gegen den maritimen Müll auf Dauer verloren? Der Kieler
Ministeriumsexperte Scherer ist pessimistisch. „Trotz aller technischen
Fortschritte bleibt das Meer gefährlich und kaum hinreichend zu
überwachen. Es wird deshalb auch weiterhin Schiffsunfälle und illegale
Müllverklappungen geben. Bis zu einem gewissen Grad sind wir deshalb
schlicht machtlos.“

Kommentar von Seite 2:



Kontrollfreie Zone

Ozeane als Müllkippe – Der Meeresschutz hat versagt

Ullrich Meißner

Kinder fangen bei solchen Bildern schon mal an zu weinen. Ein süßer
Heuler mit großen Kulleraugen liegt tot am Ufer – stranguliert von
einer Kunststoffleine. An deutschen Stränden, dort wo die Touristen
ihren Urlaub genießen, sind diese Szenen eher selten. Dabei werfen
Nord- und Ostsee wahrlich genug totes Getier an die Strände. Allerdings
wird es von Reinigungstrupps zu so früher Stunde beseitigt, dass der
Badegast davon nichts mitbekommt. Ganz anders an den Küstenabschnitten,
die nur selten von Menschen aufgesucht werden. Rund 700 Müllteile,
vorwiegend Kunststoff, finden sich dort auf nur 100 Metern Strecke.
Mittlerweile gehen Biologen davon aus, dass in den Mägen von 93 Prozent
aller Tauchvögel Plastikteile Verdauungsprobleme bereiten.


Der jetzt bekannt gewordene Regierungsbericht bestätigt genau das,
was Umwelt- und Naturschützer seit langem beklagen: Die
Müllvermeidungsstrategien von UN und EU sind gescheitert. Die Meere
dienen nach wie vor als Abfallkübel, obwohl schon 1973 mit dem Marpol-Abkommen
langfristig die Reinhaltung der Ozeane garantiert werden sollte. Nun
hat sich die EU auf die Fahnen geschrieben, unter anderem Nord- und
Ostsee bis 2020 wieder in einen natürlichen Zustand zu versetzen. Gut
gemeint, aber schier unmöglich. Denn internationale Vorschriften gibt
es genug. Doch wer kann sie angesichts des gewaltigen Schiffsverkehrs
kontrollieren? So gibt es in Deutschland ja nicht einmal eine
einheitliche Küstenwache. Vermutlich würde daher auch eine drastische
Erhöhung der Strafen nichts bringen.


Allein in der Deutschen Bucht schwimmen rund 20 000 Tonnen Abfall.
Noch nicht mitgezählt sind zerriebene Kunststoffteile, die sich nahezu
unsichtbar überall mit dem Strandsand mischen. Der Mensch ist durch
seinen eigenen Müll bedroht. Er steht am Ende der Nahrungskette,
verspeist vielleicht gerade einen Fisch – und damit seine einst im Meer
entsorgten Giftstoffe.







Das Meer als Deponie: Hässlich und gefährlich

700 Müllteile auf 100 Metern Nordseeküste / Bundesregierung will Fischer zu Abfallsammlern machen

Kiel

Die Horizonte sind weit, der Grund nur zu erahnen. Es sind die
unendlichen Weiten der Meere und Ozeane, die jeden Gedanken an ein
dramatisches maritimes Müllproblem so unwirklich erscheinen lassen.
Dennoch schlagen die Experten Alarm: „Wir kommen im Kampf gegen den
Meeresmüll nicht voran“, konstatiert Bernd Scherer vom Kieler
Umweltministerium. Und seine Kollegen in der Bundesregierung hissen
bereits die weiße Fahne. In einem vertraulichen Dokument hat die
Behörde von Minister Norbert Röttgen (CDU) festgestellt: UN und EU sind
im Kampf gegen die Müllflut komplett gescheitert. So berichtete es
„Spiegel online“ gestern.


Besonders betroffen sind demnach Nord- und Ostsee. Allein in der
Deutschen Bucht treiben rund acht Millionen Müllteile. Strömungen
sorgen zudem für eine Konzentration in bestimmten Bereichen – und
spülen den Dreck an Land. Der Tönninger Umweltbeobachter David Fleet
schimpft über endlos verschmutzte Strände: „Der Anblick ist oft
unerträglich.“ Dem Regierungsbericht zufolge kommen auf 100 Meter Küste
an Nordsee und Nordatlantik mehr als 700 Müllteile.


Die Ästhetik ist das Eine, die Schäden für die Tierwelt sind das
Andere. Vor allem Vögel fressen unverdauliche Abfälle, weil sie zum
Beispiel kleine Plastikteile für Körner halten. „Rechnet man die
Müllmengen, die ein Vogel im Durchschnitt aufnimmt, auf den Menschen
hoch, käme man auf zwei Liter Abfall im Magen.“ Und da es sich dabei
zumeist um unverdauliche Stoffe handelt, verenden viele Vögel. Für
Fische und Krebse stellen verloren gegangen Kutter- und Treibnetze ein
größeres Problem dar. Ob sich die Idee durchsetzt, Fangnetze mit
Sendern auszustatten, um sie gegebenenfalls wiederfinden zu können, ist
angesichts der Kosten unwahrscheinlich.


Auch an anderer Stelle macht die Not erfinderisch. Die
Bundesregierung erwägt offenbar, Fischer mit speziellen Säcken
auszustatten. Sie könnten so zu Müllsammlern auf offener See werden –
ähnlich wie sich viele Landwirte mittlerweile dem Naturschutz widmen.
Schärfere Kontrollen der Schifffahrt sind dagegen nach Expertenansicht
wenig erfolgversprechend. „Wie soll das gehen?“, fragt etwa der Kieler
Bernd Scherer. „Das Polizeirecht greift nicht, eine hinreichende
Überwachung ist unmöglich.“ Zu weit sind die Horizonte auf den
Weltmeeren.
Ulrich Krökel




Regelwerke: Das tut die Weltengemeinschaft

Seit fast 40 Jahren versucht die internationale Staatengemeinschaft, der Vermüllung der Weltmeere Herr zu werden. Bereits 1973 schlossen die UN-Mitgliedsstaaten das "Marpol-Abkommen". Es regelt den Umgang mit Öl, Schiffsabwasser und -abgasen, die Beförderung von Schadstoffen sowie die Entsorgung von Schiffsmüll. Das Vertragswerk wurde sechsmal verschärft. Es wird von der Internationalen Schifffahrtsorganisation (Imo) in London überwacht. Auch die Europäische Union erließ 2001 eine Richtlinie zur Entsorgung von Schiffsabfällen. Demnach ist die Verklappung auf See verboten, Abfälle müssen in Häfen entladen werden. Die EU-Meeresstrategie vom Juli 2008 betonte erneut die extreme Gefährdung der maritimen Ökosysteme und stellte sie unter den besonderen Schutz der Gemeinschaft.





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