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Kein Zeitplan für die Energiewende. WZ 31.08.2012

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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 31.08.12, 23:02  Betreff: Kein Zeitplan für die Energiewende. WZ 31.08.2012  drucken  weiterempfehlen



2. Energieforum Schleswig-Holstein
Ministerpräsident Albig und EU-Kommissar Oettinger streiten über das Tempo der Energiewende. Auf dem Podium diskutieren sechs Akteure über Aspekte, Positionen und Lösungen.

Strom für den Süden – Wein für den Norden

Jetzt zum großen Windstromexporteur werden
oder auf die Leitungen warten? Politiker und Netzbetreiber sind uneins
über den Zeitplan für die Energiewende

Büdelsdorf

Zeugt es von Aufbruchstimmung, wenn dem Netzbetreiber und dem EU-Kommissar
lauter applaudiert wird, als dem Ministerpräsidenten des eigenen
Landes? Bedeutet es gar, dass die Ziele der Landespolitik weniger
Unterstützung finden, als die Vorstellungen des Brüsseler Energie-Sprechers? Oder hat es schlicht mit dem Publikum zu tun, das dem SPD-Landesvater Torsten Albig nicht besonders zugetan ist? Oder sind Tennet-Chef
Martin Fuchs und Günther Oettinger ganz einfach die mitreißenderen
Redner? Nein, anhand der Reaktion des Publikums konnte man tatsächlich
nicht einwandfrei ablesen, welchen Weg die 600 Bürgermeister, Landräte
und Vertreter der Energiewirtschaft Schleswig-Holsteins bei der Energiewende im Land beschritten sehen wollen.


„Es ist ein guter Zeitpunkt, um eine Positions- und Kursbestimmung vorzunehmen“, sagte Hans-Jakob Tiessen, Vorstandsvorsitzender der E.ON-Hanse, zur Eröffnung des 2. Energieforum Schleswig-Holstein.
Die folgenden Reden und Diskussionen zeigten jedoch, dass außer zwei
grundlegenden Zielen, nämlich der Verwirklichung der Energiewende und
des Netzausbaus, die Wege dorthin alles andere als konsensfähig sind.
Insbesondere die Hauptredner, Ministerpräsident Albig und EU-Kommisar
Oettinger, waren sich grundlegend uneins. „Wir müssen der Energiewende
endlich die Geschwindigkeit geben, die sie benötigt“, forderte Albig.
Oettinger hingegen schlägt eine „Geschwindigkeitsbegrenzung“ für die
Energiewende und eine „maßvolle Entwicklung“ vor. Während Albig das EEG
für das „wahrscheinlich erfolgreichste politische Instrument der
vergangenen Jahre“ und einen deutschen Exportschlager hält, beschwerte
sich Oettinger über die falschen Anreize, die das EEG in Deutschland
aufzeige. Es sei wenig sinnvoll, Solaranlagen im Bayerischen Wald zu
fördern, statt etwa im Süden Europas. „In dem Stall im Bayrischen Wald
steht seit 20 Jahren keine Kuh oder kein Traktor mehr, aber oben drauf
liegt eine Photovoltaikanlage und darüber nur Nebel – aber die
Subvention fließt trotzdem.“


Vielleicht waren es diese volksnahen Anekdoten, mit denen Oettinger
das Publikum für sich einnahm, jedenfalls verzieh es dem Kommissar
andere Ausführungen, etwa zur grundsätzlichen Bedeutung der Energiewende
für das Weltklima. Da Europa nur etwa zwölf Prozent der weltweiten CO2-Mengen
verursache und Deutschland dementsprechend noch weniger, blieben alle
Bemühungen hierzulande Stückwerk, wenn nicht eine global verbindliche
Einigung mit Großemittenten wie den USA und China zustande käme,
relativierte Oettinger jegliche Bemühungen, durch die Energiewende auch
die CO2-Emissionen zu senken. Andererseits
lobte er die USA, die ihrer Industrie zuliebe auf stark
umweltbelastenden Möglichkeiten zurückzugreifen, um kostengünstig
fossile Rohstoffe wie Öl und Gas zu fördern. Er mahnte Einbußen für die
deutsche Industrie an, die auf günstigen, verlässlichen Strom angewiesen
sei, um konkurrenzfähig zu bleiben.


Es reiche nicht aus, wenn die erneuerbaren Energien ein „autarkes
Dorf“ versorgen könnten, denn „der große industrielle Stromverbraucher
brauche regionale, nationale und europäische Lösungen“.


Als eine mögliche Lösung schlug Albig vor, die Unternehmen doch hier
im Norden anzusiedeln, wo sie unmittelbar auf günstigen Windstrom
zugreifen könnten. Er pries den schleswig-holsteinischen Onshore-Strom
als Kostensenker in der Riege der erneuerbaren Energien. Jetzt müsse
nur noch der Netzausbau Schritt halten. Das sei die Großbaustelle. „Denn
wenn wir bis 2014 Windstrom im Wert von über 100 Millionen Euro
abregeln, dann organisieren wir gerade den Butterberg des 21.
Jahrhunderts.“


Martin Fuchs, Geschäftsführer des Übertragungsnetzbetreibers Tennet,
hatte genau diese „Großbaustelle“ zum Hauptthema. Über sechs Milliarden
Euro habe sein Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren allein in
Offshore-Leitungen investiert. Doch der
vermehrte Einsatz grüner Energie stellt die Branche vor große
Herausforderungen: In zehn Jahren muss das achtfache des schleswig-holsteinischen
Strombedarfs exportiert werden – „wenn die Energie nicht ungenutzt
verpuffen soll“, so Fuchs. Daher wirbt sein Unternehmen für schnellere
Planungsverfahren, jedoch nicht um jeden Preis: „Partizipation und
Beschleunigung ist kein Widerspruch“.


Damit spricht er Bürgervertreter wie Kay Uwe Evers an. Durch dessen
Gemeinde Norderwöhrden in Dithmarschen soll laut dem Bürgermeister die
Westküsten-Höchstspannungsleitung der Tennet
verlaufen. Gleichzeitig ist ein weiterer Windpark geplant. „Wir stehen
genau in dem Spannungsfeld zwischen dem Ausbau der erneuerbaren Energien
und der Netze und außerdem müssen wir alles in Einklang mit den
Interessen der Landwirte bringen“, fasst Kay Uwe Evers im Anschluss der
Podiumsdiskussion zusammen. Moderiert von Stephan Richter, dem Sprecher
der Chefredakteure der medien holding: nord, erbrachte auch dieser
Austausch allerdings kaum Lösungen – wohl aber einen umfassenden
Überblick über die meisten Ansichten zur Energiewende.


Und schließlich waren sich auch Torsten Albig und Günther Oettinger noch über etwas einig: In Schleswig-Holstein
solle in Zukunft der Windstrom und im Süden der Wein produziert werden
und dann werde man sich schon handelseinig werden, so Oettinger.
Kerstine Appunn

Kristof Gatermann




EEG-Umlage immer weniger Unternehmen zahlen /sh:z
Im laufenden Jahr sind bislang noch keine Bewilligungsbescheide zur Befreiung der EEG-Umlage
ergangen. Anträge beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
(Bafa) liegen jedoch genug vor. Wie aus einer Antwort der
Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen hervorgeht, wollen
sich 2013 insgesamt 2023 Unternehmen von der Zahlung der Umlage befreien
lassen. Im Jahr zuvor waren es 813. Für 2012 ergebe sich nach Angaben
der Bundesregierung eine Begünstigungswirkung von knapp 2,5 Milliarden
Euro. Weil die Zahl derjenigen, die die EEG-Umlage
zahlen, sinkt, befürchten Kritiker, dass die Höhe der Umlage steigt.
Sie beträgt derzeit 3,5 Cent pro Kilowattstunde. Mitte Oktober wird die
Höhe der Anpassung bekannt.



„Gemeinwohl darf nicht unter die Räder kommen“ /gat

Von Milliardengewinnen und knallharten Geschäftsinteressen spricht Jan-Christian Erps im Zusammenhang mit der Energiewende. Daher warnt der Geschäftsführer des schleswig-holsteinischen
Landkreistages davor, dass das Gemeinwohl nicht unter die Räder kommen
dürfe. „Kleinere und mittlere Unternehmen müssen die EEG-Umlage
bezahlen, große Industriebetriebe nicht. Das muss sich ändern“, fordert
er. Gleichzeitig betont Erps, dass sich die Kreise und Gemeinden im
Land in den Dienst der Energiewende stellen und an dieser partizipieren
wollen.

„Wir werden dem Nahrungsmittel immer den Vorrang geben“ /gat

Für Werner Schwarz, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein,
steht fest: „In der Nach-Öl-Ära werden wir noch abhängiger vom Boden
sein als heute.“ Täglich gingen weltweit 90 Hektar Ackerfläche
unwiederbringlich verloren. Um die rund eine Millionen Hektar
Nutzflächen im Land zu schützen, fordert Schwarz ein
Flächenschutzgesetz. Der Netzausbau müsse auf die Agrarstruktur
Rücksicht nehmen, es dürfe keine Enteignung für private Interessen sowie
eine angemessene Entschädigung der Bodeneigentümer geben. Ebenso
unsinnig sei die Umwandlung von Nutz- in Ausgleichsflächen. Die
Entstehung einer Monokultur von Mais, der für Biomasse-Anlagen
genutzt wird, sieht Schwarz nicht: Es seien im laufenden Jahr 13 000
Hektar weniger Mais angebaut worden. „Wir werden dem Nahrungsmittel
immer den Vorrang geben“, versichert er.

„Beteiligung der Bürger erhöht Akzeptanz“ /gat

Die nordfriesische Gemeinde Risum-Lindholm wird Startpunkt der 380-KV-Hochspannungstrasse an der Westküste. Umso mehr wirbt Bürgermeister Hauke Christiansen
für „Netze in Bürgerhand“. 90 Prozent der 630 Windkraftwerke der Region
seien in Bürgerhand. „Dadurch erhöht sich die Akzeptanz und die
Wertschöpfung in der Region“, sagt er. Und verteidigt die Beteiligung an
der Schleswig-Holstein-Netz
AG: Sie biete eine gewisse Rendite. Die einzelnen Kommunen forderte er
auf, beim Hochspannungsnetzausbau vermittelnd tätig zu sein.

„Es dürfen keine Investitionsruinen entstehen“ /gat

Der Überschuss an erzeugter Energie muss aus dem Land abtransportiert
werden. „Daher müssen wir den Ausbau der Energienetze forcieren“, sagt
der Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Kiel, Klaus-Hinrich Vater. Das gelte auch für den Offshore-Bereich: „Hier dürfen keine Investitionsruinen entstehen“, so Vater, der auch die EEG-Umlage
kritisierte: Eine durch Fördermittel errichtete Anlage dürfe nur
errichtet werden, wenn das Netz den produzierten Strom auch aufnehmen
könne. Neben einer verstärkten Marktintegration der erneuerbaren
Energien will der IHK-Präsident auch den Bau
konventioneller Kraftwerke ermöglicht sehen – „zum Ausgleich bei
schwankenden Kapazitäten“. Außerdem dürfe nicht vergessen werden, auch
die Energieforschung voranzutreiben.

„Die Energiewende dauert 30 Jahre“ /sh:z

„Fragmentierte Netze sind keine Lösung“, erklärte der Geschäftsführer der Stadtwerke Flensburg, Maik Render.
Es gelte die Dezentralisierung der Netzstruktur zu verhindern, um die
Versorgung sicherzustellen. „Die Energiewende erfordert die Optimierung
des gesamten energiewirtschaftlichen Systems.“ Render nannte zum
Beispiel die Umwandlung von Strom in Wärme zum Beheizen von Häusern –
als einen möglichen Weg, um in Zukunft CO2-neutral
zu agieren. Auch er mahnte zur Geduld: „Die Energiewende ist keine
Geschichte für drei bis fünf Jahre, sondern 20 bis 30 Jahre.“

„Der Verbraucher darf nicht über Gebühr belastet werden“ /gat

Mehr Ehrlichkeit in der Kostendiskussion fordert Matthias Boxberger, Vorstand der Schleswig-Holstein
Netz AG. Der Verbraucher sei bereit, einen Obolus zur Energiewende
beizutragen. „Er darf aber nicht über Gebühr belastet werden“, so
Boxberger, der darauf hinweist, dass sich die EEG-Umlage seit 2008 verdreifacht hat. „Wenn Schleswig-Holstein
Vorreiter der Energiewende sein soll, darf es keine Sonderbelastungen
für Kunden geben.“ Ein Standortfaktor sei zudem, dass die Versorgung als
auch der Abtransport von Strom aus Wind- oder Sonnenkraft gewährleistet
werden könne. Dazu brauche es weiterhin eine leistungsfähige
Netzplattform. Der Netzausbau erfordere, so Boxberger, einen langfristig
orientierten Handlungsrahmen: „Ich bitte um Planungssicherheit für die
Investoren.“



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