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Kernkraft: Stau beim Rückbau. WZ vom 06.09.2012

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Autor Beitrag
Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 08.09.12, 23:53  Betreff: Kernkraft: Stau beim Rückbau. WZ vom 06.09.2012  drucken  weiterempfehlen



Kernkraft: Stau beim Rückbau



Anwohner fürchten, dass die Energiekonzerne den Abbau
der Atomkraftwerke in Brunsbüttel und Krümmel verzögern / Ministerien machtlos



Brunsbüttel /Geesthacht



Regelmäßig
geht Bettina Boll zum Kernkraftwerk Krümmel bei Geesthacht, in dessen Nähe sie
wohnt. Und obwohl das Kraftwerk seit 2007 still liegt, ist ihr nicht wohl
dabei, wenn sie die Renovierungsarbeiten beobachtet. „Ich habe Angst, dass ich
es nicht mehr erlebe, dass das Kraftwerk abgebaut wird“, sagt die 58-Jährige,
die sich beim Bund für Umwelt und Naturschutz engagiert und am 13. September in
Geesthacht ein Bürgerforum zu dem Thema initiiert hat. Denn ein Jahr nach der
Novelle des Atomgesetzes, in dem das endgültige Aus für die Kernkraftwerke in
Krümmel und Brunsbüttel beschlossen worden ist, gibt es noch kein Zeichen für
einen Rückbau, weil die Energiekonzerne die Hände in den Schoß legen.



Den Behörden
sind diese Hände bislang gebunden. „Der Vattenfall-Konzern hat für seine
Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel bis heute weder Anträge auf Erteilung
einer Stilllegungsgenehmigung gestellt noch verbindliche Erklärungen zu einem
Stilllegungskonzept abgegeben“, klagt Nicola Kabel, Sprecherin des
schleswig-holsteinischen Umweltministeriums. Fest steht nur, dass Vattenfall
einen Antrag stellen muss, aber nicht wann. Kabel: „Das Atomgesetz enthält
keine expliziten Regelungen, in welchem zeitlichen Rahmen Betreiber Anträge auf
Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung stellen und eine Stilllegung abwickeln
müssen.“



Vattenfall
selbst prüft laut Sprecherin Sandra Kühberger neben dem Rückbau auch den
sicheren Einschluss, bei dem die wesentlichen radioaktiven Komponenten wie
Reaktordruckbehälter, Rohrleitungen oder Pumpen im Kraftwerk bleiben und
abgeschirmt verschlossen werden. „In diesem Zustand wird die Anlage dann bis zu
einem Rückbau über Jahre oder gar Jahrzehnte zum weiteren Abklingen der
radioaktiven Strahlung belassen“, sagt Nicola Kabel. Laut Vattenfall ist nicht
absehbar, was auf Dauer teurer wird, auch die genauen Kosten für den Rückbau seien
noch ungeklärt, so Sprecherin Kühberger.



Experten
vermuten, dass Vattenfall auf Zeit spielt. Denn der Konzern hat ebenso wie E.ON
und die anderen Kernkraftwerksbetreiber Beschwerde beim
Bundesverfassungsgericht eingereicht. „Wir wollen eine faire Entschädigung
dafür, dass uns die Betriebsgenehmigung entzogen worden ist und wir
Reststrommengen nicht verbrauchen konnten“, sagt Sandra Kühberger. Wie hoch die
Forderung des Konzerns ist, will sie nicht sagen. Bei E.ON, das zu einem
Drittel an Brunsbüttel und zur Hälfte an Krümmel beteiligt ist, sind es acht
Milliarden Euro. Dazu hat Vattenfall vor dem internationalen Schiedsgericht der
Weltbank in Washington ein Verfahren angestrengt, um ihrer Forderung Nachdruck
zu verleihen.



„Die
pokern“, sagt Bettina Boll dazu. Wie viele andere Atomkraftgegner glaubt sie,
dass Vattenfall die Kraftwerke im Stilllegungsbetrieb weiter laufen lassen
will, weil ein vorzeitiger Rückbau die Verhandlungsposition des Konzerns bei
den Entschädigungsforderungen schwächen würde. Vattenfall verweist hingegen
darauf, dass es logistische Schwierigkeiten gebe. „Das Endlager für schwach-
und mittelradioaktive Abfälle, Schacht Konrad, soll erst 2019 eröffnet werden“,
sagt Sprecherin Kühberger. Ein Endlager für hochradioaktiven Müll ist noch lange
nicht in Sicht. Außerdem gebe es nicht mal genug Castoren, um den weniger
strahlenden Abfall in die Zwischenlager direkt neben den anderen
Kernkraftwerken zu bringen.



Und so
rechnen viele Beteiligte damit, dass der Rückbau, der dann noch einmal bis zu
20 Jahre dauern könnte, erst in einigen Jahren beginnt. Das
Bundesumweltministerium will nun, so eine Sprecherin, einen „Masterplan“ zum
Rückbau der Kernkraftwerke erarbeiten. Und der schleswig-holsteinische
Energiewendeminister Robert Habeck sagt: „Wir brauchen eine Änderung des
Atomgesetzes und der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Stilllegung von
Kernkraftwerken. Das Atomgesetz ist nämlich in dieser Hinsicht lückenhaft;
Pflichten der Betreiber sind nur unzureichend konkretisiert. Das
Durchsetzungsinstrumentarium der Atombehörden muss gestärkt werden. Wir wollen
deshalb eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen, um dies zu ändern.“



„Die Politik
ist gefordert“, mahnt Bettina Boll. Erst wenn das Kernkraftwerk Krümmel nicht
mehr betriebsbereit sei, sei etwas erreicht, „Je mehr von dem Kram weg ist,
desto wohler wird mir und die Angst lässt nach.“ Mut mache ihr, dass die
Energiewende voran getrieben werde. Vattenfall ist ebenfalls dafür. „Wir
unterstützen die Energiewende“, sagt Sprecherin Sandra Kühberger. Und auf die
Frage, ob sie denn ausschließen könne, dass die Meiler in Brunsbüttel und
Krümmel je wieder ans Netz gehen, sagt die Sprecherin nur: „Kein Kommentar.“

Kay Müller



Auf
Einladung der Stadt findet Donnerstag, 13. September, ab 18 Uhr eine Bürgerinformation
zum „Rückbau des AKW Krümmel“ mit der Atomaufsicht aus Kiel, dem Bundesamt für
Strahlenschutz statt. Eingeladen ist auch ein Vertreter von Vattenfall.
Treffpunkt: Stadtverwaltung Geesthacht, Ratssaal, Markt 15.






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