Faule Wende
Energie-Kompromiss kostet Milliarden
Stephan Richter
Der Energie-Kompromiss der großen Koalition
passt ins Politikschema dieser Bundesregierung. Es wird der Weg des
geringsten Widerstandes beschritten, es werden Geschenke verteilt. Bei
der Energiewende rückt auf diese Weise der Kurzschluss näher. Schon
heute bezahlen deutsche Stromkunden mehr als in fast allen
Industriestaaten, ohne dass der Ausstoß von Kohlendioxid gesunken ist.
Nun wird es noch paradoxer: Statt, wie zunächst von Wirtschaftsminister
Sigmar Gabriel vorgesehen, die Betreiber von Kohlekraftwerken mit einer
Strafabgabe zu belegen, erhalten sie Abwrackprämien. Eine wirklich faule
Wende.
Auch beim Ausbau der Stromnetze einigten sich CDU, CSU und SPD auf
Kosten der Steuerzahler und Verbraucher. Weil Bayerns Ministerpräsident
Horst Seehofer Angst vor Bürgerprotesten gegen Freileitungen hat, sollen
die Stromautobahnen vorrangig unter der Erde verlegt werden. Das hätten
die Schleswig-Holsteiner auch gerne. Kehrseite:
Erdkabel sind teuer. Die Netzbetreiber werden ihren Kunden die Rechnung
präsentieren. Arbeitsplätze, die durch diese Kosten im Mittelstand
verloren gehen, hat Minister Gabriel nicht berechnet. Dafür hat er
Braunkohle-Lobby und CSU ruhig gestellt. – Nein,
diese Regierung gestaltet nicht die Energiewende, sie erkauft sie sich
teuer. Ob damit die selbstgesteckten Klimaziele erreicht werden, bleibt
fraglich.