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Energiewende: Verbraucher im Norden zahlen die Zeche. WZ vom 21.07.2015

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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 29.07.15, 23:11  Betreff: Energiewende: Verbraucher im Norden zahlen die Zeche. WZ vom 21.07.2015  drucken  weiterempfehlen

Energiewende: Verbraucher im Norden zahlen die Zeche

Auf die Schleswig-Holsteiner werden besonders viele regionale Sonderlasten umgelegt – damit der Öko-Strom in den Süden kommt

Der Netzausbau ist für die Energiewende von zentraler Bedeutung. In loser
Reihenfolge beleuchtet unsere Zeitung, welche Folgen er für das Land hat.


Kiel

Schleswig-Holstein liegt auf einem
Spitzenplatz beim Erzeugen Erneuerbarer Energien. Doch anstatt für die
Vorreiterrolle eine Anerkennung zu bekommen, werden die Menschen im
Norden dafür finanziell bestraft. Auf sie werden so viele regionale
Sonderlasten umgelegt wie kaum irgendwo sonst in Deutschland. Tendenz:
weiter steigend.


Ein Haushalt in Schleswig-Holstein mit einem
Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden zahlt bereits jetzt im Schnitt
rund 304 Euro Netzentgelt. Das entspricht rund einem Fünftel des
Strompreises. Der wunde Punkt: Die Höhe dieses Betrags hat mit dem
Stromverbrauch der geschröpften Haushalte selbst nichts zu tun.
Netzentgelt wird schlicht dafür fällig, dass Energie von den vielen
Windmüllern im Norden durch das Stromnetz zu den Abnehmern im
dichtbesiedelten Westen und Süden Deutschlands fließen kann. Wo
besonders viele Windmühlen angeschlossen sind, fällt daher besonders
viel Netzentgelt an und wird auf die Bewohner im Einzugsbereich des
regionalen Netzbetreibers umgelegt.


Jeder muss für
Leitungsengpässe zahlen

Dass Schleswig-Holstein dünn besiedelt ist,
macht es pro Kopf nochmal teurer. Nach einer Studie des
Verbraucherportals Verivox liegt das nördlichste Bundesland an der
Spitze der Steigerungen bei Netzentgelten: Sie kletterten von 2010 bis
2015 um 26 Prozent. Nur Mecklenburg-Vorpommern liegt noch einen Prozentpunkt höher. Bundesweit betrug der Zuwachs „nur“ 15 Prozent. Die Schleswig-Holstein-Netz-AG
hat ausgerechnet: Geben die Stromlieferanten die durch die
Netzentgeltsteigerung 2015 entstandenen Mehrkosten eins zu eins an die
Endkunden weiter, müsste ein Durchschnittshaushalt in diesem Jahr 52
Euro mehr zahlen als 2014.


Ein Preistreiber sind Entschädigungszahlungen für nicht abgenommenen
Strom. Sie fließen mit einem Verzug von zwei Jahren in die Netzentgelte
ein. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz
gewährt sie Windmüllern und Betreibern von Photovoltaikanlagen, wenn
ihr Strom auf Grund von Leitungsengpässen nicht eingespeist werden kann.
Nachdem das Problem zwischen 2011 und 2013 zunächst abgenommen hatte,
geht die Kurve seit 2014 wieder nach oben. 2015 sprunghaft: Schon in den
ersten sechs Monaten lagen die Abschaltungen nach einer Schätzung der
SH-Netz-AG auf dem Niveau des gesamten Jahrs 2014. Da liefen in Schleswig-Holstein laut Höchstspannungsleitungs-Betreiber Tennet 40 Millionen Euro Entschädigungszahlungen auf.


„Die Netze sind einfach voll, und dann war 2015 bisher auch noch ein besonders windreiches Jahr “, sagt SH-Netz-AG-Sprecher
Ove Struck. Das Unternehmen sammelt den Strom aus Wind über ein
kleinteiliges Mittel-, Nieder- und Hochspannungsnetz ein und leitet ihn
dann an die „Autobahnen“ der Tennet weiter. Fast alle Abregelungen
finden statt, weil das überlastete Höchstspannungsnetz sie nicht
aufnehmen kann, so SH-Netz und
Energiewendeministerium. Es ist noch nicht auf die enormen
Mengenzuwächse durch die Energiewende ausgelegt. „Erst mit
Fertigstellung der 380 000-Volt-Höchstspannungsleitungen
der Tennet entlang der West- und Ostküste wird es zu einem deutlichen
Rückgang kommen“, so Struck. Dass die Entschädigungen auf null sinken,
hält er allenfalls für realistisch, wenn bundesweit der Netzausbau des
Höchstspannungsnetzes umgesetzt ist – „also irgendwann im nächsten
Jahrzehnt“.


„Vermiedene“ Entgelte sind besonders teuer

Größter Preistreiber für die Endkunden sind die so genannten
vermiedenen Netzentgelte. Auch wenn ihr Name so klingt, als würden sie
niemanden etwas kosten. Sie haben sich innerhalb von nur drei Jahren im
Einzugsgebiet der SH-Netz-AG
mal eben verdoppelt: von 36,1 Millionen Euro 2013 über 57,9 Millionen
auf 60,6 Millionen im laufenden Jahr. Für einen Durchschnittshaushalt
macht allein dieser Posten jährlich etwa 50 Euro aus. Das Kuriosum
beruht auf der inzwischen widerlegten Annahme, dass eine dezentrale
Energieerzeugung wie in Schleswig-Holstein zu
geringeren Netzkosten führe. Das hatte der Gesetzgeber ursprünglich
angenommen, weil die Windmühlen ihren Strom angeblich verbrauchsnah ins
Nieder- und Mittelspannungsnetz einspeisen und nicht wie ein
Großkraftwerk ins Höchstspannungsnetz. Pech für die Schleswig-Holsteiner:
Die theoretisch angenommenen Einsparungen sind dem Anlagenbetreiber vom
Netzbetreiber gemäß EEG auszuzahlen, und der Betrag wird auf die Kunden
der Region umgelegt.


Berechnungen der SH-Netz-AG
haben ergeben, dass ein isoliert für das besonders windkraftstarke
Nordfriesland gebildetes Netzentgelt dort zu einer Verdoppelung des
Netzentgelts führen würde. „Das wiederum wirft die Frage auf“, sagt
Struck, „ob die Menschen in den Erzeuger-Regionen dann immer noch den Ausbau der Erneuerbaren Energien und speziell den Netzausbau so mittragen wie bisher.“
Frank Jung






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