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"Energieversorgung ist eine gesellschaftliche Aufgabe. 27.09.2012

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Autor Beitrag
Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 28.09.12, 22:49  Betreff: "Energieversorgung ist eine gesellschaftliche Aufgabe. 27.09.2012  drucken  weiterempfehlen



„Energieversorgung ist eine gesellschaftliche Aufgabe“

Der scheidende Chef der Kieler Stadtwerke,
Stefan Grützmacher, fordert die Auflösung des Dissens zwischen
konventioneller und erneuerbarer Energie

Zum 1. Oktober wechselt der Chef der Kieler Stadtwerke, Stefan
Grützmacher, zum Energielieferanten Gasag nach Berlin. Unsere
Mitarbeiterin Margret Kiosz sprach mit ihm über die Energiewende, die
den Verbraucher teuer zu stehen kommt und über die Missgunst der Bayern,
wenn es um die Verteilung der Mittel zur Förderung der erneuerbaren
Energien (EEG) geht.


Früher erntete das Land Rüben und Roggen, heute
auch Wind. Sie gehen in einer Situation, in der das Feld nicht gut
bestellt ist.


Grützmacher: Bis zur Energiewende habe ich das Feld in guter
Fruchtfolge bestellt und geerntet, und die Eigentümer haben auch immer
gerne genommen, was dabei herauskam. Jetzt muss ich ein komplett neues
Feld urbar mache. Das Problem habe ich, egal ob ich Chef der Stadtwerke
in Kiel, Berlin, Düsseldorf oder Passau bin. Es wird noch einige Zeit
dauern bis wir wieder in der richtigen Fruchtfolge sind.


Die Energiewende bringt Unsicherheit,
Gewinneinbruch und teure Umstellungen. Warum trennen sich die Kommunen
nicht von ihren Stadtwerken und überlassen den großen Playern das
Terrain?
In der Tat sind Stadtwerke derzeit keine Cash Cow. Das
kann sich aber wieder ändern. Viel wichtiger ist jedoch:
Energieversorgung ist nicht nur eine technische Aufgabe, sondern auch
eine gesellschaftliche. Vor 100 Jahren hat man sich ganz bewusst für
diese Strukturen entschieden. Zu Recht: Im Moment sehen wir doch, dass
sich kein großer privater Anbieter so richtig traut, ins Risiko zu
gehen. Umso wichtiger ist es, dass sich die öffentliche Hand der
Thematik annimmt – gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft. Das ist
ein klassisches PPP-Modell, um die zwei Engpässe in den Griff zu bekommen, den Mangel an Know-how und an Geld.


Also alles bleibt, wie es ist ? Nein,
eine nur auf Großkraftwerken basierende Stromversorgung wird es nicht
mehr geben, die Zeiten sind vorbei. Das heißt nicht, dass es überhaupt
keine Großanlagen mehr geben wird, Wind-Offshore
Anlagen zum Beispiel. Aber wir bekommen auch viele kleinere dezentrale
Anlagen. Was mich stört: Bei der Energiewende wird immer nur über Strom
gesprochen. Kiel verkauft ähnlich wie Flensburg auch jede Menge
Fernwärme.


Und das hat Vorteile? Enorme sogar.
Allein mit Strom lässt sich ein neues Kraftwerk derzeit nicht mehr
wirtschaftlich betreiben. Kohlekraftwerke müssen etwa 6000 Stunden pro
Jahr laufen, die günstigeren Gaskraftwerke etwa 4000 Stunden. Wenn sie
aber nur angeschmissen werden, wenn der Wind nicht weht und die Sonne
nicht scheint, dann reicht das nicht. Neubauprojekte wird es deshalb nur
noch mit Kraft-Wärmekopplung geben. Städte wie
Kiel und Flensburg mit der Fernwärme liegen also genau richtig.
Allerdings wird sich in einigen Jahrzehnten, wenn alle Gebäude gedämmt
sind, die Abnahme von Wärme drastisch verringern. Wir müssen uns also
frühzeitig um alternative Geschäftsmodelle kümmern. Dabei sind
dezentrale Einheiten zur Energieproduktion von Vorteil.


Kritiker warnen aber, an jeder Milchkanne Stadtwerke zu gründen.
Zu Recht. Aber die Kritik richtet sich gegen kleinteilige
Energieversorgung und nicht gegen dezentrale Produktion. Auch ich sehe
mit Verwunderung die fortschreitende Zersplitterung einer Branche, die
die kritische Größe für eine rentable Versorgung aus dem Auge verliert .
Es muss nicht die Größe von Eon sein und als Untergröße sicher auch
nicht die Größe der Stadtwerke Kiel, die ich immer als suboptimal
gesehen habe, aber irgendwo dazwischen sollte man schon liegen.


Wird Schleswig-Holstein zu den Gewinnern oder zu den Verlierern der Energiewende gehören?
Eindeutig zu den Gewinnern. Wir haben durch unsere windreiche Lage
einen natürlichen Vorteil gegenüber anderen Regionen in der Republik.
Wir waren bislang Stromexporteur und werden es auch bleiben.


Das sehen zum Beispiel die Bayern gar nicht gern… ….. weil sie möglichst viel Geld aus dem EEG-Topf
haben wollen. Die 13 Milliarden Euro in diesem Topf sind gesichertes
Geld, und das auf Jahre hinaus. Schon jetzt fließt das meiste zu den
Südländern, weil dort groß in Photovoltaik investiert wurde, die
deutlich höher subventioniert wird als Windkraft. Natürlich hat unser
Ministerpräsident recht, wenn er behauptet, Strom aus Onshore-Windrädern sei die günstigste erneuerbare Energie, viel günstiger als Photovoltaik. Aber im Verteilungskampf um die EEG-Mittel spielt das eben nicht die wichtigste Rolle.


Schleswig-Holstein hat einen Energiewendeminister...
...und das ist eine richtige Entscheidung. Der Branche bekommt es gut,
dass wir in den Dialog gehen und versuchen, den traditionellen Dissens
zwischen konventioneller und erneuerbarer Energie aufzulösen. Am Ende
müssen aber handfeste Vereinbarungen und Planungssicherheit stehen.


Herr Grützmacher, wir wünschen Ihnen viel Erfolg in Berlin







[editiert: 28.09.12, 23:18 von Claudia]
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