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Bollwerke der Zukunft gegen steigenden Meeresspiegel. WZ vom 10.02.2012

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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 10.02.12, 20:45  Betreff: Bollwerke der Zukunft gegen steigenden Meeresspiegel. WZ vom 10.02.2012  drucken  weiterempfehlen



Bollwerke der Zukunft gegen steigenden Meeresspiegel

Kiel

Einen Tag nach der Februarsturmflut von 1962 stand er als
Zehnjähriger am angenagten Deich von Büsum. „Da war kein halber Meter
mehr“, erinnert sich Dietmar Wienholdt (59). „Diesen Anblick werde ich
nie vergessen. Eine Stunde länger, und der Deich wäre gebrochen.“ Das
Thema hat den gebürtigen Wesselburener (Kreis Dithmarschen) nie
losgelassen. Inzwischen ist der Tiefbauingenieur Leiter der Abteilung
für Küstenschutz des Landes Schleswig-Holstein.
Zusammen mit seinen Mitarbeitern entwickelt er Konzepte, wie das Land
zwischen den klimabedingt steigenden Meeren sich gegen künftige
Sturmfluten wappnen kann.


Die Zukunft ist dabei ganz nah: Schon Mitte dieses Monats steht die
Fortschreibung des „Generalplans Küstenschutz“ an. Hintergrund: „Alle
zehn Jahre gibt es eine Sicherheitsüberprüfung“, erklärt Wienholdt.
Dabei werde auch darauf geschaut: Sind die Deiche hoch genug? Entspricht
das Profil noch dem neuesten Stand der Forschung? „Von den 110
Kilometern Landesschutzdeich aus dem Generalplan von 2001 entsprechen 65
Kilometer an der Nord- und Ostseeküste noch nicht den heutigen
Anforderungen“, so das Fazit des Küstenschützers.


Bislang galt: Die vorhandenen Deiche müssen der höchsten
anzunehmenden Sturmflut, wie sie statistisch ein Mal in 100 Jahren sich
ereignet, widerstehen. Dazu kommt der Wellenauflauf in stürmischer See,
dem die Landesschutzdeiche mit einer seeseitigen Neigung von 1 : 8
begegnen. „Ganz obendrauf addierten wir noch einen ‚Klimazuschlag‘ von
50 Zentimeter an der Nordseeküste sowie 30 Zentimeter an der
Ostseeküste“, erklärt Wienholdt. Hintergrund des Zuschlags war bislang
die Prognose des UN-Klimarates, der von einem
Meeresspiegelanstieg von 18 bis 59 Zentimeter bis zum Jahr 2100 ausgeht.
„Doch mittlerweile gibt es weitere Szenarien, die einen höheren Anstieg
voraussagen.“ Der Küstenschutz-Chef hält es
daher für richtig, generell von einem Anstieg des Meeresspiegels
zwischen 50 und 150 Zentimeter bis zum Ende dieses Jahrhunderts
auszugehen.


Und genau darauf reagiere das Land: „Nur in die Höhe bauen – das geht
nicht“, sagt der Tiefbauingenieur. Künftig sollen die Deiche an der
Nordseeküste noch breiter gebaut werden, die seeseitige Neigung soll vom
Fuß bis zur Krone durchgängig 1 : 10 betragen, um den Wellen noch
weniger Angriffspotential zu liefern. „Die Methode kostet drei Millionen
statt zwei Millionen Euro pro Kilometer, sie lässt uns aber bauliche
Spielräume übrig“, sagt Wienholdt. Grundsätzlich höher als im
Generalplan 2001 vorgesehen werden die Deiche zwar nicht. Aber eben
breiter – auch an der Deichkrone. Und die könne im Fall eines
beschleunigten Meeresspiegelanstiegs für „nur“ 300 000 Euro pro
Kilometer noch einmal um einen Meter erhöht werden. Zusammen mit dem
„Klimazuschlag“ ergebe dies eine Reserve für einen Meeresspiegelanstieg
um 1,50 Meter. Das neue Deichprofil werde erstmals auf Nordstrand
angewandt. Der Baubeginn ist für Ende 2012 geplant.


Küstenschutz bedeute aber nicht nur Deiche bauen, sagt Wienholdt.
Vielmehr gehöre auch das Beobachten der Veränderungen in der Natur dazu.
Zum Beispiel: „Wenn das Meer steigt, wie weit kann das Wattenmeer
mitwachsen?“ Die Fluten sorgen für Ablagerungen im Wattenmeer – ein
Vorgang, den sich Menschen seit langem für die Gewinnung von
Deichvorland zunutze machen. Der Effekt: Der Wellenschlag wird bereits
im Vorland gebremst.


Das Anwachsen von Sedimentflächen spielt ebenso für die Halligen eine
Rolle: Die Eilande im Wattemeer sind ebenfalls Teil der Überlegungen
eines künftigen Schutzkonzeptes, das derzeit unter dem Namen „Halligen
2050“ entwickelt wird.


Und schließlich hält Dietmar Wienholdt auch dies für einen
wesentlichen Bestandteil des Küstenschutzes: „Erhaltet die zweite
Deichlinie!“


Die derzeitigen Sicherungsanstrengungen seien zumindest so
nachhaltig, „dass in den nächsten 100 Jahren den kommenden Generationen
Zeit gegeben wird, um rechtzeitig auf neue Entwicklungen des
Klimawandels reagieren zu können“, glaubt der Tiefbauingenieur. Auch
neuere Bautechniken stimmen ihn dabei optimistisch. So könnten selbst
auf weichem Untergrund mit „textilummantelten Sandsäulen“ noch massigere
Bollwerke gegen das Meer entstehen.


Dennoch – mit Blick auf die ferne Zukunft will Dietmar Wienholdt
nicht zuletzt auch dies einmal deutlich machen: „Es kann nicht sein,
dass man sich stets nur auf das Land verlässt und dabei jede eigene
Verantwortung zurücknimmt.“ Soll heißen: Man dürfe nicht ständig über
die Klimawandel reden, sondern müssen auch selbst danach handeln. „Baut
nicht weiter in jene Gebiete, die gefährdet sind“, lautet daher auch der
Appell obersten Küstenschützers des Landes.


Wolfgang Blumenthal

Hochwasser- und Sturmflutinformation Schleswig-Holstein im Internet: hsi.schleswig-holstein.de







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