Deiche: Der Norden baut vor
Neue Strategie für die Deiche: Ihre Neigung
wird flacher, die Krone breiter. Steigt der Meeresspiegel stärker als
berechnet, können künftige Generationen dem Deich eine zusätzliche
„Kappe“ aufsetzen.
Kiel/sh:z
– Als erstes Küstenland will Schleswig-Holstein
seine Deiche schon jetzt an einen stärkeren Anstieg des Meeresspiegels
durch den Klimawandel anpassen. Umweltminister Christian von Boetticher
(CDU) kündigte gestern in Kiel an, die Deichkronen von bisher 2,5 auf
fünf Meter zu verbreitern. „Durch diese Maßnahme wird ein signifikanter
Sicherheitszuwachs erzielt und eine Reserve für eine spätere
Verstärkung geschaffen“, erklärte von Boetticher.
Schon heute werden gefährdete Deiche nach dem Generalplan
Küstenschutz mit einem „Klimazuschlag“ von 50 Zentimetern versehen.
Dies reiche aus, um den vom UNO-Klimarat
prognostizierten Meeresspiegelanstieg um 20 bis 60 Zentimeter bis zum
Jahr 2100 zu begegnen. Neuere Forschungen deuten nach Ansicht von
Boettichers jedoch darauf hin, dass mit einem stärkeren Anstieg von bis
zu 1,40 Metern zu rechnen sei. Durch die vorsorgliche Verbreiterung der
Deichkrone hätten nachfolgende Generationen die Möglichkeit, mit
geringem Aufwand dem Deich eine zusätzliche „Kappe“ aufzusetzen und so
einem Meeresspiegelanstieg von bis zu einem Meter zu begegnen.
Die Unsicherheit, wie stark der Meeresspiegel in den kommenden
Jahrzehnten tatsächlich steige, bleibe groß, so der Minister.
Entscheidend sei die Entwicklung der Kohlendioxid-Aufnahme durch die Ozeane und die Geschwindigkeit, mit der das Eis in Grönland und der Antarktis schmelze.
Zu den Kosten der neuen Deichbauweise sagte von Boetticher: „Die
zusätzlichen Kosten für die flachere Neigung der seeseitigen
Deichböschung und der Verbreiterung der Deichkrone liegen bei nur bis
zu 20 Prozent der heute regulären Kosten für eine Deichverstärkung.“
Seit der Einführung des „Generalplans Küstenschutz“ im Jahr 2001 hat Schleswig-Holstein
Landesschutzdeiche auf einer Länge von 36 Kilometern verstärkt, weitere
76 Kilometer sollen in den nächsten Jahren nach der neuen Bauweise
(siehe Grafik) folgen. Bisher wurden 107 Millionen Euro investiert. Die
Finanzierung ist durch ein Bund-Länder-Programm gesichert. Von 2010 an erhöht der Bund seine Ausgaben für den Küstenschutz in Schleswig-Holstein um acht Millionen auf 18,3 Millionen Euro pro Jahr.
In den Küstenniederungen leben 300 000 Menschen, die von Deichen mit
431 Kilometern Länge geschützt werden. Diese befinden sich vorwiegend
an der Nordseeküste.
Margret Kiosz