Land will Häfen stärker fördern
Mehr als 200 Vertreter von Wirtschaft und
Politik diskutierten über Zukunft der nördlichen Standorte / Neues
Entwicklungskonzept in Arbeit
Lübeck
Bis zum Jahr 2025 kann sich der Güterumschlag in den Häfen zwischen
Nord- und Ostsee von 50 auf 100 Millionen Tonnen verdoppeln. Darauf
deutet das Hafenentwicklungskonzept hin, das die Landesregierung und der
Gesamtverband der Häfen bei der Hamburger Unternehmensberatung
Uniconsult in Auftrag gegeben haben. Erste Tendenzen der Studie, die im
November veröffentlicht werden soll, stellte Projektleiter Björn Pistol
gestern auf dem 1. Schleswig-Holsteinischen Hafentag in Lübeck vor. Mit den genannten Umschlagszahlen ist Schleswig-Holstein aktuell der drittgrößte Hafenstandort Deutschlands.
Vor allem die Häfen an der Westküste werden massiv von dem erwarteten Boom der Offshore-Windkraft
profitieren. Der Wettbewerb um Produktions- wie Versorgungsstandorte
sei bei Weitem noch nicht entschieden, sagte Pistol mit Blick auf
Bremerhaven und Cuxhaven, wo die jeweiligen Landesregierungen
dreistellige Millionenbeträge investiert haben. „Im Gegenteil, er
beginnt gerade erst.“
Darüber hinaus zeichnet sich ab, dass die schleswig-holsteinischen
Häfen als Ergänzungshäfen zu Hamburg an Bedeutung gewinnen werden. Der
Grund: Sie verfügen erstens über die in der Hansestadt für eine
Expansion fehlenden aber notwendigen Flächen und zweitens über ein
attraktives Fachkräftepotenzial.
Vor den 250 Teilnehmern der Tagung, die von Flensburg bis Lauenburg
die gesamte maritime Wirtschaft des Landes repräsentierten, kündigte
Ministerpräsident Torsten Albig weitere Investitionen in die
Hafenwirtschaft an, ohne, wie er sagte, beispielsweise das Potenzial von
Niedersachsen erreichen zu können. In den vergangenen fünf Jahren waren
im nördlichsten Bundesland 40 Millionen Euro in die Häfen geflossen.
Von dem Hafenentwicklungskonzept verspreche er sich auch Ideen, wie
Schleswig-Holstein als kompetente Seehafenregion
besser vermarktet werden könne. „Die Zukunft unseres Landes wird sich
auch daran entscheiden, was wir aus unserem maritimen Potenzial machen“,
sagte er.
Größter Nutznießer der bevorstehenden Investitionsoffensive wird wohl
der Elbehafen Brunsbüttel sein. Dort plant die Schramm Group unter
anderem einen Schwerlastkai für die Verschiffung von Offshore-Windkraft-Komponenten.
Der Aufwand dafür dürfte bei rund 15 Millionen Euro liegen. Albig sagte
die finanzielle Begleitung des Vorhabens durch das Land im Rahmen
mehrerer Abschnitte zu.
Zunächst bezuschusst die Landesregierung die Erweiterung des Skandinavienkais in Lübeck-Travemünde. Für die 600 Meter langen neuen Liegeplätze einer Multi-Purpose-Pier,
die einer Kapazität von dreieinhalb Schiffen entspricht, befinde sich
der Förderbescheid in Vorbereitung, so Albig. Damit könne das
Genehmigungsverfahren noch in diesem Herbst anlaufen.
In diesem Zusammenhang setzte sich Albig neben der Elbvertiefung, dem Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals sowie der A 20 vor allem für die feste Fehmarnbelt-Querung
als „Lebensadern des Nordens“ ein. Letztere werde zwar die Häfen Ladung
kosten, andererseits verspreche sie aber alle Chancen, die mit einem
echten Verkehrsdrehkreuz im Norden verbunden sind.
Dabei wird Lübeck nach Darstellung von Hanns-Heinrich Conzen eine führende Rolle einnehmen. Der Geschäftsführer der TT-Line
sieht gerade durch die „intermodale“ Verknüpfung, also die Einbindung
sämtlicher Verkehrsträger, gute Chancen zum Ausbau des Verkehrs über die
Häfen.
Das Uniconsult-Gutachten gilt als wichtiger
Baustein für die Definition des „Hafensystems“. So können mit der
Bündelung von Kernkompetenzen Häfen zu vier „Clustern“ zusammengefasst
und bislang ungenutzte Potenziale gehoben werden. Ihre Kernhäfen sind
Husum, Kiel, Brunsbüttel und Lübeck. Je nach Region liegen die
Entwicklungschancen in den Bereichen Schwergut und Projektladung,
Container und Massengut, Offshore-Häfen, RoRo- und Fährverkehr sowie Tourismus.
Mit dem Hafentag, der zu einer regelmäßigen Einrichtung werden soll,
sieht Frank Schnabel, Vorstandsvorsitzender des Hafenverbands, einen
„Meilenstein“ für das künftige gemeinsame Vorgehen im nationalen wie im
internationalen Wettbewerb erreicht: „Wir haben klare Wachstumschancen
vor Augen.“
Wolfgang Buhmann