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Was alles in der Elbe schwimmt. WZ vom 24.07.2010

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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 28.07.10, 21:42  Betreff: Was alles in der Elbe schwimmt. WZ vom 24.07.2010  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen



Das Flussbett lebt – Was alles in der Elbe schwimmt

Die Maritime Landschaft Unterelbe gewährt einen faszinierenden Einblick in den Lebensraum zwischen Hamburg und Cuxhaven

Grünendeich/sh:z

Rund 65 Fischarten tummeln sich im Bett der Unterelbe. Neben den
prominentesten Elbefischen Stint, Aal, Flunder und Hering schwimmen hier
Fische mit so fremd klingenden Namen wie Finte, Schlangennadel, Aland,
Ukelei und Zope. Am wohlsten von allen fühlt sich der Stint im Strom
zwischen Hamburg und der Nordsee. „Er stellt hier mit 90 Prozent den
größten Anteil der Fischpopulation“, so Dipl. Biologe Thomas Gaumert von
der Geschäftsstelle Flussgebietsgemeinschaft Elbe – sehr zur
(Gaumen-)Freude der Stintkenner. Der große Bruder ist vor allem in dem
längsten Nebenfluss der Unterelbe, der Oste, ganz in seinem Element: der
Lachs.


Der Lachs galt in der Oste als ausgestorben und wurde durch Nachzucht
mit aus Norwegen importierten Eiern in den 90er Jahren von
Anglervereinen wieder angesiedelt. „Seit 2000 kommen nun wieder
geschlechtsreife Lachse zurück in die Oste, deren Eier für die Nachzucht
der Oste-Lachse verwendet werden“, erklärt Dr. Reinhard Kölmel vom Natureum Niederelbe.


Nach diesem Erfolg setzen nun Bemühungen, den Stör in die Oste
zurückzuholen, ebenfalls auf Besatzmaßnahmen. Gehörte der große
Wanderfisch mit dem delikaten Fleisch und dem begehrten Kaviar früher zu
den Standartfängen der Ostefischer, gilt er in unseren nördlichen
Gewässern heute als ausgestorben. Eindämmungen, Staustufen und
Querbauten, die seine Laichwanderungen behindern, haben seinen
Lebensraum zerstört.


Quappe, Karausche und Seeskorpion sind weitere drei von vielen
interessanten Fischarten. Ihr schlechter Ruf als Laichfresser hat die
schmackhafte Unterelbequappe bei den Fischern zeitweilig unbeliebt
gemacht. Doch schon die „Alten Römer“ schätzten die Quappe. Vor allem
ihre Leber, die in der Laichzeit besonders fettreich ist, ließ den
Feinschmeckern das Wasser im Mund zusammenlaufen. Auch heute gilt die
Quappe als hervorragender Speisefisch. Mit dem Bau des Wehres Geesthacht
1960 brach die Quappenpopulation in der Unterelbe zusammen. Die
Wanderfische waren von ihrem Laichgebiet bei Lauenburg abgeschnitten und
der Lebenszyklus der Quappen konnte nicht mehr geschlossen werden. „Im
Hamburger Elbbereich siedelt sie sich allmählich wieder an“, so Thomas
Gaumert. „Das wird vor allem der gut funktionierenden
Fischaufstiegsanlage am Geesthachter Wehr zugeschrieben, die den
Laichzug von Fischen seit 1998 wieder ermöglicht“, so Gaumert weiter.


Fisch des Jahres 2010 ist die Karausche. Der Verband Deutscher
Sportfischer (VDSF), das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und der Verband
Deutscher Sporttaucher (VDST) haben die Verwandte des Goldfisches zum
Fisch des Jahres 2010 gewählt. Karauschen können bis zu fünf Tage ohne
Sauerstoff auskommen und gelten deshalb im Tierreich als „Meister im
Luftanhalten“. Die Karausche bevorzugt dicht verwachsene Auengebiete,
wie sie in der Haseldorfer Marsch zu finden sind. Auch hinter den
Elbedeichen, in Wettern und abgedeichten Nebengewässern der Elbe haben
sie ihren Lebensraum. Karauschen gelten als sehr vorsichtige Fische und
sind entsprechend schwer zu angeln.


Aufpassen muss man beim Dekofisch Seeskorpion: Seine Stacheln an
Flossen und Kiemendeckel sind zwar nicht giftig, können aber schmerzhaft
stechen. Der Seeskorpion kann bis zu 60 Zentimeter lang werden. Sein
Kopf ist bullig, sein Maul groß und seine Stacheln verschaffen ihm
zusätzlich Respekt. So interessant der Seeskorpion anzuschauen ist – er
wird gern als „Andenken“ getrocknet, gespannt und lackiert – so
bedeutungslos ist er für die Fischerei und den Angelsport. Einzig für
Aquarien gilt er als begehrtes Ausstellungsobjekt. Der Seeskorpion kann,
wenn man ihn aus dem Wasser heraushebt, einen seltsamen knurrenden Laut
von sich geben und wird daher oft mit dem Knurrhahn verwechselt, zumal
die beiden Fischarten sich auch äußerlich ähneln.


Seehunde haben sich im Mündungsbereich der Oste schon lange
niedergelassen. Die Seehundbänke hier zu beobachten ist eine der
Attraktionen der Mocambo-Fahrten mit Kapitän
Casper Bingemer. Wale dagegen statten der Unterelbe nur Stippvisiten ab.
Wenn ein Schweinswal den Weg bis nach Hamburg findet, dann ist ihm
mediale Aufmerksamkeit garantiert. Dass die Verwandten des Delfins bis
nach Hamburg vordringen, ist sehr selten und immer berichtenswert. Die
kleinen Wale sind in der Deutschen Bucht heimisch. Ein attraktiver
Lebensraum ist die viel befahrene Unterelbe dann auch nicht für die
lärmempfindlichen und scheuen Meeressäuger: Der Schiffsverkehr ist zu
laut und sie sind an ein Leben im Salz- und nicht im Süßwasser
angepasst.


Bestens wissen die Fischer, wer so alles mit und gegen den Strom
schwimmt. Lothar Buckow ist einer der letzten Elbfischer in der
Maritimen Landschaft Unterelbe. Neben Aalen, Zander, Elbbutt, Lachs,
Lachsforelle, Flussbarsch und Süßwassergarnelen gehen ihm jetzt im
Juli/August jede Menge Wollhandkrabben in die Reusen. Die großen
schwarzen Krabben machen ihm die Netze und Reusen kaputt und sind, wenn
überhaupt, ihrerseits nur als Köder zu gebrauchen. In Deutschland gehört
ausgerechnet die Unterelbe zum Hauptverbreitungsgebiet des unbeliebten
Allesfressers. In ihrem Herkunftsland China gilt die Wollhandkrabbe als
Delikatesse, hier nervt sie nicht nur Angler und Fischer, sondern gilt
außerdem als Schädling, weil sie Uferböschungen unterhöhlt. Einheimische
Hobby-Angler schwören indessen auf Stücke von
weichen Wollhandkrabben, wenn sie „auf Aal“ angeln. Die besten
Fangzeiten für Aal sind das Frühjahr und der Herbst. Dann ziehen die
Wanderfische den Elbstrom hoch bzw. im Herbst wieder runter.


Die Wintermonate gehören dem Stintfang, auch er ist berechenbar: Im
November hält der Stint sich in der Elbmündung zwischen Cuxhaven und
Brunsbüttel auf. Wenn das Wasser schließlich 4 bis 5 Grad erreicht hat,
ziehen sie in Schwärmen flussaufwärts. Um ihren Laich im Süßwasser
ablegen zu können, wandern die kleinen Brüder der Lachse bis nach
Geesthacht.


Seit etwa zehn Jahren hat sich der einstige Massenfisch zur
Delikatesse gewandelt. Als billiges Essen kamen Stinte bis in die 1950er
Jahre in Kneipen auf den Tisch. In den 1980er Jahre wollte kaum jemand
Stint haben. Heute fluten Stintkenner bei der ersten Frühlingssonne die
Restaurants und laufen Sturm auf die Mini-Lachse.


Während der Stint den Mündungsbereich der Elbe nur als Haltestelle
nutzt, ist hier eine Feinkost dauerhaft heimisch: Krabben. Die
Krabbenkutterflotten von Cuxhaven und Friedrichskoog bieten den
passenden Augenschmaus zu den leckeren Schalentierchen: Das Schlendern
entlang der Kaikante, mit Blick auf die urigen Boote gehört zu den
schönsten Spaziergängen durch die Hafenviertel.


Seit September 2008 ist Cuxhaven Standort des ersten von zwei Krabbenschäl-Zentren Europas. War es im Zuge der Globalisierung bisher üblich, Nordsee-Krabben
zum Pulen nach Marokko zu transportierten, die einige Tage später
„nackt“ wieder an die Nordsee zurückkehrten, pulen jetzt Maschinen in
Cuxhaven. Die Krabbenschälmaschinen gelten als kleine Sensation – sie zu
entwickeln brauchte jahrelange, mühevolle Kleinarbeit. Jetzt werden die
zarten Panzertierchen abends gefangen und gekocht, morgens gepult und
können mittags auf den Teller.


Auch in Friedrichskoog stehen die modernen Krabbenpul-Maschinen
inzwischen bereit. Kenner wissen aber: Frisch vom Kutter und
handgepult, schmecken Krabben am besten. Tipp: Jedes Jahr im Oktober
können Besucher des Friedrichskooger Krabbenmarktes (10. Oktober) die
Delikatesse in allen Variationen vernaschen, das Krabbenpulen lernen,
sich beim Krabbenpulwettbewerb mit anderen messen und den Shantychören
lauschen.

 Die Ausstellung
„Der Stör – die Rückkehr der grauen Riesen – Ausrottung und
Rettungsversuche“ in der Ostener Fährstuv gibt noch bis 7. August (11-17
Uhr) Einblicke in das Tun der Retter. Der Eintritt ist frei.









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Claudia

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BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 28.07.10, 22:26  Betreff: Re: Was alles in der Elbe schwimmt. WZ vom 24.07.2010  drucken  weiterempfehlen

Leserbrief:



Die Elbe – von der Kloake zur Badewanne

Zum Bericht „Das Flussbett lebt – was alles in der Elbe schwimmt“ (Ausgabe vom 24. Juli):


In dem informativen Artikel wird Zustand und Entwicklung der Unterelbe
beschrieben. Geschildert wird die Wiederherstellung eines nicht nur für
Fische und Fischer, sondern gerade auch für Anwohner und Besucher der
Elbmarschen sehr attraktiven Lebensraums.


Leider enthält der Artikel keine Hinweise auf die starke Bedrohung dieses Gebietes.


Durch Eingriffe und Einflüsse des Menschen – die frühere sehr starke
Verschmutzung des Flusses, die Kanalisierung und der Bau von Wehren –
wurden ganze Fischarten vergiftet und ausgerottet. Wer wollte in den
sechziger bis neunziger Jahren denn Schwermetall- , Dioxin- und PCB-
vergifteten Fisch essen?


Mit dem Ende der Gifteinleitungen vor allem der Hamburger und der DDR-Industrie
sowie dem Bau von Kläranlagen hat sich der Fischartenreichtum teilweise
wieder eingestellt, mit den Ansiedlungsprogrammen für Lachs und Stör
könnten frühere Zustände erreicht werden.


„Könnten!“ Denn leider werden die vorliegenden Planungen diese
Entwicklung verhindern und noch vorhandene Fischarten sterben lassen.


Da ist zum einen die geplante Elbvertiefung, die so vehement von
Hamburger und chinesischer Seite gefordert wird. Was interessiert in
unserer globalisierten, an Gewinnmaximierung orientierten Welt der
Lebensraum eines Flusses?


Zum anderen werden der Klimawandel und die in Moorburg, Stade,
Brunsbüttel und Cuxhaven geplanten Kohlekraftwerke mit ihren
Kühlwassereinleitungen die Elbe immer stärker erwärmen und im Sommer
monatelangen Sauerstoffmangel verursachen.


In diesem Badewannenwasser werden sich dann höchstens noch die
chinesischen Wollhandkrabben wohl fühlen und die Böschungen und Deiche
unterhöhlen. Dann ist auch für uns Menschen die Unterelbe ein armseliger
Lebens- und Erholungsraum geworden.
Rainer Guschel

Bund für Umwelt undNaturschutz, BUND







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